Nach Wasser- und Bodenproben - Greenpeace macht Bergbauindustrie für Fischsterben in der Oder verantwortlich

Do 29.09.22 | 18:12 Uhr
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Archivbild: Ein toter Fisch liegt am frühen Morgen im flachen Wasser vom deutsch-polnischen Grenzfluss Oder. (Quelle: dpa/P. Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 29.09.2022 | Philip Boerger | Bild: dpa/P. Pleul

Die Umweltorganisation Greenpeace macht die polnische Bergbauindustrie für das massenhafte Fischsterben in der Oder im August verantwortlich.

Das habe die Analyse von 17 Wasser- und Bodenproben ergeben, die Ende August zwischen dem brandenburgischen Schwedt und der polnisch-tschechischen Grenze auf etwa 550 Kilometer Flusslänge genommen worden seien, teilte Greenpeace am Donnerstag in Hamburg mit.

Dabei habe das deutsch-polnische Team durchgehend hohe Werte von Salzen und Schwermetallen gemessen.

Salziges Flusswasser als Keimzelle für giftige Algenart

Die höchsten Salzwerte fanden sich laut Greenpeace an einen Rückhaltebecken des Bergbaukonzerns KGHM in Gmina Polkowice (Woiwodschaft Niederschlesien). Dort habe der Salzgehalt 40-fach über den für Süßwasser empfohlenen Werten gelegen. Das salzhaltige Wasser begünstige die Vermehrung giftiger Algenarten wie Prymnesium parvum, die bei hohen Wassertemperaturen offenbar das Fischsterben ausgelöst habe.

Greenpeace sprach von einer vermeidbaren Umweltkatastrophe. "Hunderttausende Tiere sind qualvoll gestorben, weil grundlegende Kontrollen vernachlässigt wurden", sagte Sprecherin Nina Noelle. Die Umweltschützer fordern von der polnischen und deutschen Regierung, den Fluss künftig zu renaturieren, rund um die Uhr zu überwachen und das Einleiten von schädlichen Substanzen zu verbieten.

Gemeinsamer Bericht zur Oder-Katastrophe gescheitert

Bereits am Mittwoch war bekannt geworden, dass es einen ursprünglich für Ende September geplanten gemeinsamen Bericht eines polnisch-deutschen Expertenrats zu der Umweltkatastrophe wohl nicht geben wird. Der "Spiegel" hatte berichtet, dass stattdessen nun jeweils ein polnischer und ein deutscher Bericht mit je eigener Sicht vorgelegt werden soll. Hintergrund seien Verstimmungen auf beiden Seiten.

Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) bestätigte am Mittwoch, dass ein gemeinsamer Bericht von Polen und Deutschland gescheitert ist, wollte sich zu den Gründen aber zunächst nicht äußern.

WWF fordert erneut Stopp der Oder-Ausbauarbeiten

Die Umweltorganisation WWF Deutschland fordert unterdessen erneut einen sofortigen Stopp der Ausbauarbeiten an der Oder. Die Bundesregierung müsse die 2015 mit Polen beschlossenen Arbeiten neu bewerten, erklärte der WWF am Donnerstag in Berlin. Statt eines Ausbaus seien umfangreiche Maßnahmen zur Revitalisierung des Flusses geboten, beispielsweise die Wiederanbindung von Nebengewässern.

Die Umweltorganisation verwies auf die Einschätzung wissenschaftlicher Einrichtungen beiderseits der Oder, die Polnische Akademie der Wissenschaften, die Polnische Hydrobiologische Gesellschaft und das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin. Alle drei wissenschaftlichen Einrichtungen wenden sich laut WWF in Positionspapieren zu dem massenhaften Fischsterben im August gegen den weiteren Ausbau der Oder.

Die polnische Regierung hält bislang an einem Ausbau des Grenzflusses fest.

 

Sendung: Antenne Brandenburg, 29.09.2022, 16:30 Uhr

9 Kommentare

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  1. 9.

    „Ich halte nichts von einem überstürzten Umbau der Energieindustrie.“
    Na je nachdem wie man zählt, halten sie 50 Jahre für überstürzt? Oder von mir aus die letzten 16 Jahre Merkel-Regierung für überstürzt?
    „Alles muss aus meiner Sicht in vernünftigen Bahnen nach und nach mehrgleisig verlaufen “
    Wieviele Jahre wären denn nach ihrer Meinung eine vernünftige Bahn?

  2. 8.

    Ganz ehrlich, ich bin und war nie ein Follower von Greenpeace, NABU und BUND. Ich halte nichts von einem überstürzten Umbau der Energieindustrie. Alles muss aus meiner Sicht in vernünftigen Bahnen nach und nach mehrgleisig verlaufen. ABER, ich habe sehr viel gegen Umweltverschmutzung, wo es auch anders geht! Als Kind u. junger Erwachsener in der damaligen DDR u. in sozialistischen Ländern, habe ich gigantische Umweltzerstörungen mit all ihren Folgen erlebt. Das brauche ich nicht noch einmal!

  3. 7.

    Genau, lassen sie ruhig alles raus, eigentlich waren es doch die Grünen, mit ihren Wind- und Solarstrom, womöglich unter der Anleitung von Greenpeace, die die Fische und das ganze Oderbiotop einfach abgemurkst haben!!
    Wenn ich’s mir richtig überlege, sind die Grünen nicht überhaupt an allem Schuld??

  4. 6.

    Nach Farbanschlägen, Festketten an irgendwelche Förderbänder, blockieren von Häfen und Schiffen, dem Diktieren ihrer Lebensweise uns Bürgern, jetzt die "wissenschaftliche Aufarbeitung des Fischsterbens in der Oder"? Der Schuldige ist gefunden?
    Die polnische Bergbauindustrie?
    Die seit Jahrhunderten existiert und es bis dato keinen kausalen Zusammenhang mit einem Fischsterben gab?
    Für mich klingt es eher so, dass, nachdem die deutsche Kohleindustrie zerstört wurde und unsere Energiesicherheit einzig von Solar- und Windenergie abhängig gemacht wird, sollen sich auch andere Länder an diesem Irrsinn beteiligen.
    Um dieser Grünen Ideologie zu folgen, ist jedes Mittel recht.

  5. 5.

    Kann mich all meinen Vorgängern nur anschließen. Wo wären wir heute ohne diese ganzen Umweltorganisationen, die den Finger schön in die Wunde legen und dafür sorgen, dass die ganzen Umweltsauerein wenigstens nicht einfach unter den Tisch gewischt werden können.
    Keiner kann später die "Murmeltiernummer" abziegen und behaupten, er hätte von alledem nichts gewußt; für ihn wären das völlig neue Zusammenhänge; dafür haben wir noch kein "Skript", etc.

  6. 4.

    Dieses Herumgedruckse und Ausweichen sagt doch alles. Natürlich brauchte es wieder die Arbeit einer NGO, um festzustellen, warum hier in grotesken Dimensionen die Ökologie vernichtet wird. Danke an Greenpeace und ihre Mitstreiter und weiterhin viel Erfolg bei allen Unternehmungen!

  7. 3.

    Ohne Greenpeace wären viele Umweltprobleme von der Politik vertuscht, verschleiert etc. worden. Vielen Dank an Greenpeace für die Aufklärung, die haben schon seit sehr vielen Jahren meine finanzielle Unterstützung. Bleibt dran und setzt die Politik weiter unter Druck, wir haben nur diesen einen Planeten.

  8. 2.

    "Die polnische Regierung hält bislang an einem Ausbau des Grenzflusses fest." Wie auch die deutsche Regierung, die keinerlei Aktivitäten entwickelt, den polnish-deutschen Vertrag von 2015 zum Oderausbau zu verändern.

  9. 1.

    Meinen Dank an Greenpeace für die unabhängige schonungslose Aufklärung des Fischsterbens in der Oder. Früher war Greenpeace für mich eine Gruppe von alternativen Umweltschützern, welche mit unorthodoxen Mitteln und viel Aktionismus für einen AHA-Effekt bei mir sorgte. Heutzutage bin ich froh, dass es sie immer noch gibt, Ihnen Staatsgrenzen sowie Diplomatie egal sind und eine Politik des Verschleierns fremd blieb. Letztlich wurden auch Wege aufgezeigt, für künftig einen besseren Umweltschutz!

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