Interview | Eduard Mühle - Das hat der neue Viadrina-Präsident vor

Do 27.04.23 | 19:04 Uhr
Eduard Mühle, aufgenommen am 05.04.2023 auf der Pressekonferenz zu seinem Amtsantritt als neuer Präsident der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder).(Quelle:dpa/B.Settnik)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 27.04.2023 | Thomas Erbach | Bild: dpa/B.Settnik

Eduard Mühle hat am Donnerstag sein Amt an der Frankfurter Viadrina angetreten. Der Osteuropa-Historiker sagt im Interview, wie er dem Rücklauf an Studierenden entgegenwirken und die Beziehung zu Polen und der Ukraine stärken will.

rbb|24: Herr Mühle, haben Sie angesichts der Tagesaktualität überhaupt Lust und Kapazität, sich um Verwaltung und Bürokratie einer Universität zu kümmern?

Eduard Mühle: Ja, ich denke schon. Ich habe mich intensiv als Historiker mit Ost- und Ostmitteleuropa beschäftigt, aber in meiner frühen Berufstätigkeit auch in der Wissenschaftspolitik gearbeitet und in dieser Kombination ist der Posten hier in Frankfurt genau der richtige.

Wollen Sie die Osteuropa-Orientierung der Viadrina noch weiter stärken?

Wir haben eine traditionell enge Beziehung zu Polen. Wir haben zum Beispiel das Collegium Polonicum auf der anderen Seite der Oder in Słubice. Das sind Ausgangspunkte, an den man ansetzen kann und die eine Kooperation natürlich noch weiter intensivieren können.

Und dann hat die Viadrina auch ein besonderes Verhältnis zur Ukraine. Wie sieht das aus?

Wir haben uns schon lange vor den aktuellen Entwicklungen in Lehre und Forschung mit der Ukraine beschäftigt. Wir wollen, dass die Viadrina daran anknüpft und noch stärker als ein Ort nachhaltiger, seriöser Beschäftigung mit der Ukraine in Erscheinung tritt. Da liegt uns natürlich nahe, dass wir ukrainische Themen stärker in die Lehre einbeziehen, dass wir die Forschung über ukrainischen Themen ausbauen, dass wir den Transfer von Wissen über die Ukraine in die Gesellschaft verstärken, dass wir unsere Kooperationsbeziehung mit ukrainischen Institution ausbauen und auch Studienangebote für ukrainische Studierende in nicht ukrainischen Themen, zum Beispiel in Wirtschaftswissenschaften und Rechtswissenschaften erweitern.

Ist denn ein direkter Kontakt zu ukrainischen Institutionen überhaupt möglich - oder eingefroren, solange Krieg ist?

Es ist schon möglich. Es ist etwas schwierig, dort hinzufahren, aber es gibt Möglichkeiten. Man kann sich natürlich auch über Online-Meetings austauschen. Das wird jetzt ein nächster Schritt sein, ich bin ja gerade erst in der vierten Woche hier in Frankfurt angekommen. Und mein Bestreben wird sein, relativ schnell mit den Leitungen der Universitäten und Hochschulen ins Gespräch zu kommen, mit denen wir einige Jahre schon eine enge Beziehung haben.

Gibt es an der Viadrina aktuell Bedarf an Veränderungen?

Ja, wir haben ja eine große Baustelle: Sie wissen, dass die Studierendenzahlen nicht nur in der Bundesrepublik insgesamt, sondern auch in Frankfurt (Oder) rückläufig sind. Es wird darum gehen, dass wir diesen Trend auffangen. Dass wir mit exzellenter Lehre und heraussagender Forschung den Standort Frankfurt (Oder) und die Viadrina als einen interessanten, wichtigen Ort markieren, der nicht nur in Brandenburg und in der Bundesrepublik, sondern weltweit ausstrahlt und wieder in höheren Maßen Studierende an die Oder führt.

Die Studierendenzahlen sind das eine, die lange Suche der Europa-Uni nach einem neuen Präsidenten das andere. Liegt das an der Unattraktivität der Viadrina oder der Stadt Frankfurt (Oder)?

Da spielen sicherlich viele Faktoren mit hinein. Wir haben insgesamt eine rückläufige Nachfrage von Studierenden, wir haben sicherlich auch eine etwas schwierige Situation in der Stadt Frankfurt (Oder). Das ist etwas spärlich, da muss man schon eine besondere Motivation haben, um hierher zu kommen. Aber genau darauf zielen wir: dass wir Studierende ansprechen wollen mit unseren spezifischen Studiengängen, mit interessanten innovativen Angeboten. Mit der Kleinheit, der Vertrautheit des engen Verhältnisses zwischen Lehrenden und Studierenden, wo die bildenden Begegnungen, die ein Studierendenleben nicht nur in der Studienzeit, sondern auch darüber hinaus tief prägen können. Dass das hier ein Pfund ist, mit dem die Viadrina noch stärker werden kann und arbeiten kann - und dass dann eben der Ort nicht im Vordergrund steht, sondern was an diesem Ort geschieht, und er somit attraktiver wird.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Michael Castritius.

Sendung: rbb|24 Inforadio, 27.04.2023, 14 Uhr

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