Oder-Spree - Über ein halbes Jahr Wartezeit für Erdwärmepumpen-Bohrungen

Mi 17.05.23 | 11:09 Uhr | Von Tony Schönberg
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Armin Jähnig und seine Erdwärmepumpe warten auf Genehmigung
Audio: Antenne Brandenburg | 17.05.2023 | Tony Schönberg | Bild: Tony Schönberg/rbb

Wärmepumpe und Firmen für die nachhaltige Umrüstung der Heizung stehen bereit, doch es fehlt die Bohrgenehmigung. Seit sieben Monaten wartet ein Groß Lindower auf Antwort der Wasserbehörde. Von Tony Schönberg

  • Ab 2024 sollen nach dem Willen der Bundesregierung neueingebaute Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden
  • Bürokratie in Brandenburg scheint diesen Plan zunichte zu machen
  • Mann aus Oder-Spree wartet schon sieben Monate auf Bohrgenehmigung

Die Pläne für den Abschied von Öl- und Gasheizungen erhitzen die Gemüter. Nach dem vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Während einige Brandenburger den Plänen skeptisch gegenüberstehen, sind andere schon jetzt bereit auf Alternativen zu wechseln, scheitern aber zum Teil an der Bürokratie.

Geräte bereit, aber Genehmigung fehlt

Armin Jähnig lebt seit rund 20 Jahren in Groß Lindow (Oder-Spree). Die Heizungsanlage seines Einfamilienhauses hat die besten Zeiten hinter sich und soll ausgetauscht werden. Statt einer neuen Gasheizung hat sich der Rentner schon im vergangenen Jahr für eine Erdwärmepumpe entschieden, um künftig seine 60 Quadratmeter Wohnfläche klimafreundlich zu versorgen. "Wir sind davon überzeugt, dass das die Zukunft ist und bei dem, was mit dem Klima los ist, geht es gar nicht anders."

Rund 20.000 Euro hat Jähnig bereits investiert - Austausch der Heizkörper inklusive. Vor drei Monaten hat der Monteur das neue Gerät geliefert. Seitdem stehen Wärmepumpe, Pufferspeicher sowie weitere Einbauteile im Keller und verstauben.

Was fehlt, ist eine Genehmigung für die Erdbohrungen. "Die Bohrung wurde schon im August vorigen Jahres beantragt", sagt Hausbesitzer Jähnig. "Wir haben am 17. Oktober dann die Rückmeldung von der Unteren Wasserbehörde bekommen, dass der Antrag eingegangen ist. Dann dachten wir, dass die Bohrungen durchgeführt werden, aber es hat sich bis heute nichts getan." Auf regelmäßige Anfrage des Rentners hieß es wiederholt, dass der Antrag noch nicht bearbeitet wurde. Damit sind seit dem Eingang sieben Monate vergangen.

Armin Jähnig und seine Erdwärmepumpe warten auf GenehmigungGarten für die Erdwärme-Bohrungen

"Wenn sie das wirklich vorantreiben wollen, dann müsste das in vier Wochen gehen"

Für die Erdwärme-Pumpe muss Armin Jähnig Löcher in seinen Garten bohren lassen. Wie im umgekehrten Prinzip eines Kühlschranks wird Flüssigkeit dann in der Tiefe erwärmt und über Schläuche ins Haus geleitet. Die geplanten Kosten allein für die Erdarbeiten belaufen sich laut Vertrag auf nochmals 16.000 Euro. "Von der Firma wurde mir gesagt, dass zwei Bohrungen 80 Meter tief notwendig sind - in entsprechendem Abstand zueinander und zur Nachbargrenze."

Damit beauftragt wurde das Spezialbau-Unternehmen für Geothermie von Karsten Müller aus Beeskow. Er hat auch den Antrag beim Landkreis gestellt. Ihm zufolge ist die Familie Jähnig nicht die einzige, die derzeit auf Rückmeldung wartet. "Bei mir sind zurzeit 15 Anträge in der Schwebe", sagt Bohrfachmann Müller. "Manche warten seit einem halben Jahr und die Wartezeiten belaufen sich auf sechs bis acht Monate. Normalerweise müsste das alles viel schneller gehen. Wenn sie das wirklich vorantreiben wollen, dann müsste das in vier Wochen gehen."

Viele Anträge, wenig Personal

Auf Nachfrage räumt das zuständige Baudezernat des Landkreises die langen Wartezeiten ein. Zum einen fehlt es an Personal, welches die Anträge bearbeiten kann, sagt Dezernent Sascha Gehm. Viele Mitarbeiter gingen in den Ruhestand, neue Fachkräfte seien schwer zu finden und müssten dann erst eingearbeitet werden.

Darüber hinaus habe sich die Zahl der Anträge in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. "Von 2021 zu 2022 haben wir einen Aufwuchs von 74 auf 133 Anträge gehabt", so Gehm. "In diesem Jahr werden wir wahrscheinlich bei 100 Anträgen landen." Der Rückgang liege an der aktuell rückläufigen Bau-Konjunktur. Künftig rechnet Gehm aber wieder mit starken Zuwächsen, vor allem wenn nicht nur Neu-, sondern auch Bestandsgebäude auf Nachhaltigkeit umgerüstet werden müssen.

Bohrungen bergen Risiken

Als weiteren Grund für die langen Wartezeiten führt der Baudezernent die komplexen Genehmigungsverfahren an. Denn nicht überall könne einfach gebohrt werden, ohne mögliche Probleme in den Bodenschichten zu bekommen. "Es geht um die Frage von Salzwasser-Aufstieg ins Grundwasser - also Trinkwasser-Versorgung auch in Wasser-Schutzgebieten. Es geht darum, ob Wasser-Leiter unter Druck stehen und im Zweifelsfall Wasser dann auch auf dem Grundstück nach oben drückt und sogar dazu führen kann, dass Gebäude unterschwemmt werden." Entsprechende Fälle hat es Sascha Gehm zufolge in der Vergangenheit beispielsweise in der Uckermark gegeben.

Um den Antrags-Stau in der Behörde zu bewältigen, sollen nun kurzfristig Mitarbeiter aus anderen Bereichen bei der Bearbeitung aushelfen. Langfristig ist mehr Personal für die zuständige Abteilung denkbar.

Der Fall von Armin Jähnig aus Groß Lindow soll jetzt noch einmal geprüft werden. Immerhin: Die Photovoltaik-Anlage zum Betrieb der Wärme-Pumpe auf seinem Dach ist schon fertig. Allerdings fehlt seit über einem Monat die Genehmigung vom Netzbetreiber, den Strom auch einspeisen zu dürfen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 17.05.2023, 14:10 Uhr

78 Kommentare

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  1. 78.

    Tippfehler bei 35°C Vorlauftemperatur? 55°C ist der relevante Wert bei konventionellen Heizkörpern. Und an wie vielen Tagen im Jahr gibt es strengen Frost, so dass man eine höhere Vorlauftemperatur und damit ggf. eine Zusatzheizung benötigt? Nicht umsonst müssen schon seit Jahren Heizungen auch einen Außentemperaturfühler haben, über den die Vorlauftemperstur beeinflußt wird.

    Funfact am Rande: Gerade Brennwertkessel haben typischerweise auch eine ähnliche niedrige niedrigere Vorlauftemperatur wie eine Wärmepumpe.

  2. 77.

    Sorry, bei Vorlauftemperatur auf WB Niveau wird die Wohnung bei der Ölheizung einfach nicht warm. Der Brenner wird dann längere Zeit einfach nicht aktiviert. Will man dann trotzdem eine WP bei sonstiger Beibehaltung von Isolierung und Heizkörper bleiben, geht die Vorlauftemperatur hoch und der COP in den Keller, die WP nähert sich dem Verhalten einer normalen Elektroheizung.

  3. 76.

    In älteren Gebäuden kann es durchaus sein, dass nicht nach thermischer Notwendigkeit, sondern nach architektonischen Gesichtspunkten die Heizkörper dimensioniert sind, etwa, weil der Heizkörper unter eine Fensterfront passen soll. Da ist dann durchaus eine Überdimensionierung des Heizkörpers denkbar. I.d.R. allerdings sind die Heizkörper nach Bemessungstabellen zum beheizten Raum dimensioniert, da gibts dann keine Überdimensionierung. Dass die Vorlauftemperatur einer Ölheizung 60 Grad und höher liegt, ist dem simplen Umstand geschuldet, dass nur bei dieser Temperatur in der kalten Jahreszeit der Raum ausreichend warm wird. Ein Einfamilienhausbesitzer kann das an seiner Ölheizung schnell ausprobieren und die Vorlauftemperatur in der kalten Jahreszeit auf WP taugliche 35 Grad herunterstellen. Das Ergebnis wird sein, der Brenner läuft pausenlos und die Wohnung wird nicht warm.

  4. 75.

    Wärmepumpen funktionieren nicht nur mit Fußbodenheizing, sonder oft auch mit konventionellen Heizkörpern. Gerade in älteren Gebäuden sind die zudem nach heutigem Maßstab meist überdimensioniert.

  5. 74.

    Danke für den Beitrag. Ich habe nichts gegen eine WP. Da wo sie sinnvoll ist und COP3.5 erreicht. Könnte bei ihrem Nachbarn mit der großen Fußbodenheizung auch klappen. Mit den "Matten" in 1,20 m Tiefe kenne ich mich nicht aus. Geothermische Effekte gibts da noch nicht, ist ja gerade eine frostfreie Tiefe.

  6. 73.

    Warum verschweigen Sie eigentlich so hartnäckig, dass selbst Ganteför auf den immer besseren Strommix hinweist?

  7. 72.

    Ein steiniger Boden ist für Flächenkollektoren optimal- ein lehmiger Boden eher nicht. Brandenburg hat meist Sandboden.

  8. 71.

    Mein ehemaliger Kollege ist ein diplomierter Physiker und hat folgende Lösung auf seinem Grundstück realisiert: Auf einer Fläche 10 x 10 m liegen in 1,20 m die "Matten" und auf dem Dach liefert meist PV den Strom für die WP. Der kellerlose Flachbau ist 120 m² groß. Fußbodenheizung. Wenig Fremdstromkosten; werde es demnächst nochmals konkret erfragen.

  9. 70.

    Strom für die Industrie dauerhaft zu subventionieren ist auch auf Dauer nicht wettbewerbsfähig.
    Strom für Private dauerhaft zu subventionieren ist eine Bankrotterklärung an die eigene Gestaltungsmöglichkeit.
    In beiden Fällen geht es bergab... mit ALLEM.
    Und jetzt:
    Was hat das Klima davon? (Der Auslöser für so allerlei)
    Man sollte das Ziel verfolgen statt die Kraft für Rechtfertigungen für Fehlentscheidungen aufzubringen.

  10. 69.

    Die FDP hat 100m Fragen zum Habeck-Gesetz.
    https://www.welt.de/politik/deutschland/article245407586/FDP-bremst-bei-Heizungsgesetz-100-Fragen-an-Robert-Habeck.html
    Eine davon ist, welche reale CO2 Wirksamkeit hat Habecks Wärmepumpe.

  11. 68.

    "Auch das mit den 1000 Quadratmetern stimmt nicht." Dann sagen Sie einfach, was nach Ihrer Meinung stimmt. Ich hatte gelesen, der Flächenbedarf für Erdwärmekollektoren hängt von der Heizleistung, der Bodenbeschaffenheit und der Kollektorart ab und ist vergleichsweise groß, wenn man Vereisungen des Bodens verhindern will. Aber wie dem auch sei. zahlenmäßig kann sich das Gros der Anwender ohnehin nur eine Wasser-Luft-Wärmepumpe leisten, die nach Gantefei's Quellen einen COP2.5 kaum erreicht und mit aktuellem Strommix in D schlechter als eine Gasheizung ist.

  12. 67.

    Nicht so viel auf Ganteför schimpfen. Der hat sich nur der mühsamen Suche unterzogen, **gemessene** Daten zur Wärmepumpe zu finden, und u.A. diese Fundstelle genannt:

    https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1364032121011540

    Hier wurde ** wissenschaftlich** von ScienceDirect die Anzahl von 378 Luft-Wasser Wärmepumpen (propagierter Typus von Habeck) in Irland untersucht und es wurde ein Mittelwert von COP 2.49 ""gemessen"", nicht **berechnet**. Also reale WPs erreichen noch nicht einmal den EU Mindestwert von COP 2.5 und dürften "eigentlich" deswegen gar nicht zugelassen werden.

    Leider wird ja auch hier die Frage an den enttäuschten Photovoltaik-Nutzer nach COP und Vorlauftemperatur nicht beantwortet.

  13. 66.

    Und Sie nennen sich Physiker? Bitte informieren Sie sich mal über den aktuellen Stand bei Wärmepumpen und verbreiten hier nicht solche Unwahrheiten. P.S. In Deeitschland wird meist nur bis 99 Meter Tiefe gebohrt. Da ist die Wasserbehörde zuständig, über 100 Meter wäre es das Bergamt. Das würde viel zu viel Umstände machen. Auch das mit den 1000 Quadratmetern stimmt nicht.

  14. 65.

    der Bewilligungsbescheid geht meistens schnell, das ist richtig. Aber auf das Geld warten Sie - jedenfalls bei Heizungs-Modernisierungen - üblicherweise mindestens 9 Monate. Frühestens nach 6 Monaten werden werden die nach Fertigstellung eingereichten Unterlagen bearbeitet, dann kommen Formular-Nachforderungen (auch für längst Abgegebenes) - und deren Bearbeitung dauert wieder Monate. Wer über Kredite zwischenfinanzieren muss, gibt erhebliche Teile der Förderung für Zinsen aus.

  15. 64.

    Hoffentlich setzen sich liberalere Gedanken durch, die nicht subventionierte Industrieenergie für wettbewerbsfähige Energie sorgt."

    Hat den Satz irgend jemand verstanden?
    Und wenn ja, lohnt es sich?

  16. 63.

    Selbst wenn das mit dem COP wahr wäre, was ich mal stark bezweifle, wäre die Conclusio trotzdem Mist: Der CO2 Ausstoß beim Strom sinkt kontinuierlich gegen Null. Der CO2-Ausstoß ihrer fossilen Heizung bleibt gleich. Aber viel Spaß dann in ein paar Jahren 50c/kWh für Wasserstoff zu zahlen um ihre Gasheizung zu betreiben, oder 1€/kWh für E-Fuels in ihrer Ölheizung. Anders bekommt man die ja nicht CO2-neutral. Wir heizen dann billig mit unserer Wärmepumpe.

  17. 62.

    Die Dinger die Wärme aus dem Boden ziehen haben den Vorteil eines besseren Wirkungsgrads und leiseren Betriebs. Wir haben aber auf dem Grundstück keinen Platz und setzen daher eine normale Luft-Wasser WP aufs Dach. Die hat dann 60db, aber wenn sie läuft sind die Fenster eh zu und vom Flachdach trägt das Summen auch nicht so nach unten. Von der Heizleistung kein Problem. Das Haus wurde zuletzt 1989 gedämmt. Heißwasser wird seit jeher mit Durchlauferhitzern erzeugt.

  18. 61.

    @anton
    "Prof. Dr. Gerd Ganteför Seit 40 Jahren überziehen die deutschen Medien die Bürger mit einem Teppich von Horror-Szenarien und Ängsten – in ..."
    Das Horror Szenario erlebt gerade Italien und Kroatien ! Alles von wirklichen Wissenschaftlern vorausgesagt und es wird jährlich schlimmer.
    Wie blind muss man sein solch einem Scharlatan zu glauben?
    Queer"denker" und dem Klimawandel Leugner Institut Eike verbunden sagt mir alles,Ihnen offensichtlich nichts.

  19. 60.

    Oder ist es eher so, dass der Wasserspeicher genutzt wird zur für die Zimmerwärme ? Heißwasser ist ein guter und preiswerter Speicher.

  20. 59.

    Wir haben keine großen Erdgasvorkommen. LNG ist eine Zwangslösung. Wärmepumpe ist nicht überall optimal aber macht autark.

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