Studium in der Corona-Krise - Viadrina-Studentinnen ziehen negative Zwischenbilanz

Mi 13.05.20 | 20:49 Uhr | Von Tony Schönberg
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Janina Lehmann (l.), Jurastudentin und AstA-Vorsitzende an der Viadrina, und Marie Gließmann, Viadrina-Studentin und Referentin für Hochschulpolitik
Audio: Antenne Brandenburg | 13.05.2020 | Bild: rbb/Tony Schönberg

Vorlesungen laufen nur noch online, Auslandssemester entfallen und Nebenjobs sind knapp: Die Coronakrise trifft auch viele Studierende. Zwei Studentinnen der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) berichten. Von Tony Schönberg  

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie machen auch vor den Studierenden in Brandenburg nicht Halt. Seit Anfang April läuft das Sommersemester an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Schon in der vorangegangenen Planungsphase hatte sich abgezeichnet, dass normaler Lehrbetrieb nicht möglich ist.

Grundvoraussetzungen fehlen

Janina Lehmann, Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA), zieht nach eineinhalb Monaten ein erstes Zwischenfazit. Die Politikstudentin sieht viele Probleme für die Studierenden. So sei es beispielsweise problematisch, dass die meisten Veranstaltungen und Seminare ausschließlich im Internet stattfinden. Dafür benötige es Grundvoraussetzungen wie technische Geräte und stabiles Netzwerk, so Lehmann. Letzteres sei vielerorts in Brandenburg schwer zu gewährleisten.

Praktische Arbeit wird vertagt

Auch die Lehre selbst sei herausfordernd. Zwar seien die Professoren bemüht, aber das Pensum habe sich dennoch deutlich erhöht. So bestünden viele Unterrichtseinheiten nicht nur aus der eigentlichen Vorlesung, sondern auch aus Vorbereitungen und Wiederholungsaufgaben, die die Studierenden zu jeder Sitzung einreichen müssten. Hinzu kämen Abschlussprüfungen aus dem vergangenen Semester, die wegen des Shutdown bisher nicht abgelegt werden konnten.

Das größte Problem stellten jedoch praktische Arbeitsleistungen dar. Laut der Politikstudentin fielen beispielsweise Feldforschungen, Gruppenprojekte oder Labortätigkeiten komplett aus und müssten im nächsten Semester nachgeholt werden. Davon sind besonders technische und medizinische Fachbereiche betroffen. Auch können Studierende wegen der Reisebeschränkungen nicht zu Auslandssemestern reisen.

Wegen dieser Probleme könnten viele Jung-Akademiker die Regelstudienzeit nicht einhalten. Außerdem könnten die Hörsääle im Wintersemester 2021/2022 umso voller werden.

Einige Studierende brechen Studium ab

Außerdem trifft das Virus viele Studierende auch finanziell. Nach Angaben des AStA müssten gut zwei Drittel neben ihrem Studium Geld verdienen, vor allem in der Gastronomie und im Kulturbereich. Da diese Branchen derzeit weitgehend stillgelegt sind, wären Nebenjobs Mangelware. Einige Hochschüler müssten deshalb sogar ihr Studium aufgeben. Janina Lehmann sagt, dass jetzt viel mehr Studierende einen Antrag auf Rückerstattung des Semesterbeitrags oder ein Härtefalldarlehen stellen. Normalerweise gebe es etwa drei Anfragen pro Monat, jetzt seien es bis zu 40.

Verschuldung durch Bundeshilfe

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) will den Studierenden mit einem Darlehen unter die Arme greifen. Das beträgt maximal 650 Euro pro Monat für die Dauer von einem Jahr. Damit liegt das Darlehen allerdings gut 200 Euro unter dem BaföG.

Für Marie Glißmann, Referentin für Hochschulpolitik und selbst Studentin an der Viadrina, reicht das bei Weitem nicht aus. "Wie soll man mit noch weniger Geld seine Miete, Lebenserhaltungskosten und den Semesterbeitrag aufbringen", sagt Glißmann, "Vor allem kommen die Hilfen erst im Juni und damit viel zu spät." Zudem bedeute das Darlehen für die Studierenden eine enorme Verschuldung, weil es nach 18 Monaten zurückgezahlt werden müsse.

"Wir fordern ein besseres BaföG“

Die angehende Kulturwissenschaftlerin kritisiert außerdem, dass ein Großteil der Studierenden vom BaföG ausgeschlossen sei, denn bei der Beantragung spiele das Einkommen der Eltern eine entscheidende Rolle. Diese müssten ihre Einbußen in Folge der Coronapandemie bei den Ämtern erst nachweisen. "Das ganze Prozedere kann vier bis sechs Monate dauern. Die Menschen brauchen aber jetzt die Unterstützung." Der Studierendenausschuss fordert daher vom Bildungsministerium, das BaföG weniger bürokratisch und unabhängig vom Einkommen der Eltern zu vergeben.

Sendung: Antenne Brandenburg, 13.05.2020, 17:40 Uhr.

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1 Kommentar

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  1. 1.

    In Frankfurt kann man sehr günstig leben, nur viele Studenten bevorzugen das teure Leben in Berlin und pendeln lieber. So wird es eng mit der Kohle!

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