Allgemeinverfügung - Schulleiter als Corona-Helfer lösen Streit im Barnim aus

Mo 16.11.20 | 17:43 Uhr
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Ein Schüler geht mit seiner Schultasche von der Schule (Quelle: dpa/Wedel/Kirchner)
Bild: dpa/Wedel/Kirchner

Um die Gesundheitsämter zu entlasten, hat der Landkreis Barnim per Allgemeinverfügung Schulleiter zu Verwaltungshelfern erklärt. Lehrerverbände kritisieren das. Aber der Landkreis bleibt bei seiner Linie.

Der Landkreis Barnim hat Leiterinnen und Leiter von Schulen, Kindertagestätten, Kliniken und Einrichtungen zur Corona-Nachverfolgung verpflichtet. In der Allgemeinverfügung, die letzte Woche in Kraft getreten ist, werden sie als sogenannte Verwaltungshelfer für das Gesundheitsamt bestimmt. Damit sind sie berechtigt, Kontaktpersonen ersten Grades über die Pflicht zur Quarantäne zu informieren.

"Schulleiter jetzt schon völlig überlastet"

Der Hauptpersonalrat der Lehrkräfte in Brandenburg und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisieren das Verfahren. "Wir halten das für rechtswidrig", sagte Frank Kramer, Vorsitzender des Hauptpersonalrats, dem rbb. Wenn der Kreis Unterstützung brauche, müsse er ein Amtshilfeersuchen an das Bildungsministerium richten.

"Es muss geprüft werden, ob wirklich alle Kapazitäten der Gesundheitsbehörden ausgeschöpft sind", so Kramer. Schließlich seien die Schulleiter in der jetzigen Situation bereits völlig überlastet. Wenn überhaupt, könne es Unterstützung der Gesundheitsämter nur auf freiwilliger Basis geben, sagte Kramer.

Landrat verteidigt Allgemeinverfügung

Landrat Daniel Kurth (SPD) hingegen verteidigte das Vorgehen seines Landkreises. Der Beschluss per Allgemeinverfügung sei der schnellste Weg gewesen, um die Gesundheitsämter zu entlasten. "Die Zusammenarbeit zwischen den Schulleitern und den Gesundheitsämtern findet ja sowieso schon statt", sagte Kurth dem rbb. Die einzige Veränderung liege darin, dass die Schulleiter jetzt formal die Befugnis hätten, Kontaktpersonen von Infizierten in Quarantäne zu schicken.

Über die Beschwerde des Hauptpersonalrats habe er nur indirekt erfahren, sagte Kurth. "Ich finde diese Art des Umgangs miteinander sehr eigentümlich. Schließlich ziehen wir alle an einem Strang im Kampf gegen die Pandemie."

Der Landrat hat sich nun an die Landesregierung gewandt mit der Bitte, eine Klärung herbeizuführen. "Ich stehe der Sache sehr aufgeschlossen gegenüber. Mich leitet der Kampf gegen das Virus und nicht die Frage juristischer Auseinandersetzung", so Kurth.

Was Sie jetzt wissen müssen

Sendung: Antenne Brandenburg, 16.11.2020, 17:30 Uhr.

4 Kommentare

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  1. 4.

    Wenn man aber nun mal Corona helfen will...

  2. 3.

    Wenn es lediglich um Befugnisse geht, bedeutet diese Allgemeinverfügung nicht automatisch, dass die Personen Mehrarbeit leisten müssen. Aktuell informieren die Schulen betroffene Eltern UND zusätzlich das Gesundheitsamt. Doppelte Arbeit. Über genauere Details der "Jobbeschreibung" informiert der Artikel nicht.

  3. 2.

    Selbstverständlich dürfen Landräte Schulleiter und Schulleiterinnen nicht zu den oben genannten Tätigkeiten verpflichten. Schulleiter sind Landesbeamte und unterliegen damit der Weisungsbefugnis ihres Dienstherren und werden von diesem auch bezahlt. In erster Instanz sind das die für sie zuständigen Schulräte in den jeweiligen Schulämtern als nachgeordnete Regierungsbehörde. Im weiteren Sinne das MBJS und die zuständige Ministerin. Der Schulträger (Landkreis, Stadt oder Gemeinde)ist lediglich in seinen Angelegenheiten gegenüber den Schulleitern weisungsbefugt. Das betrifft in erster Linie die materielle Ausstattung der Schulen und die Nutzung der Schulgebäude aber keinesfalls rein dienstliche Angelegenheiten und Tätigkeiten. Im besten Falle kann dies auf Antrag auf Amtshilfe geschehen, was hier nicht erfolgt ist, sondern durch eine Allgemeinverfügung. Außerdem haben Schulleitungen gewiss andere Dinge zu tun als Kontaktverfolgungen durchzuführen.

  4. 1.

    Kann mir nicht vorstellen, dass das rechtmäßig sein soll:

    "Damit sind sie berechtigt, Kontaktpersonen ersten Grades über die Pflicht zur Quarantäne zu informieren."

    Es gibt einen Unterschied zwischen einer "Information" und einem "Verwaltungsakt mit Anordnung der sofortigen Vollziehung."

    Ich sehe mal im Grundgesetz nach. Der Artikel müsste ja heißen: " Der Zweck heiligt die Mittel" oder so.

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