Kommentar | Landratswahl in Oder-Spree - Wenn etwas nicht funktioniert, sind "die da oben" schuld

Mo 15.05.23 | 15:30 Uhr | Von Andreas Oppermann
  65
Archivbild: Einige Anhänger und Parteimitglieder der AfD Oder-Spree stehen auf dem Marktplatz der brandenburgischen Gemeinde Grünheide und protestieren gegen den geplanten Bau der Tesla-Fabrik. (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Audio: Antenne Brandenburg | 15.05.2023 | Andreas Oppermann | Bild: dpa/Paul Zinken

Bei der Landrats-Stichwahl in Oder-Spree lag für gut eine Stunde der AfD-Kandidat vorn, erst die Briefwahlstimmen drehten das Ergebnis noch. Warum sind so viele Brandenburger bereit, rechtsradikal zu wählen? Ein Kommentar von Andreas Oppermann

Mit Politik und politischen Leistungen hat das knappe Ergebnis wenig zu tun. Der bislang von der SPD geführte Landkreis Oder-Spree ist schuldenfrei. Die Arbeitslosigkeit liegt bei circa sechs Prozent. Die Region zwischen dem Flughafen Berlin-Brandenburg und der neuen Tesla-Fabrik zählt zu den wirtschaftlich dynamischsten in ganz Europa - und Tesla hat schon jetzt mehr als 10.000 Arbeitsplätze geschaffen. Auch im ländlichen Raum des Landkreises ist die Lage deutlich besser als noch vor fünf Jahren: vielerorts Zu- statt Wegzug, Verbesserung der Infrastruktur und ein reges kulturelles Leben.

Keine Personenwahl

Mit Persönlichkeit hat das knappe Ergebnis auch nichts zu tun. Der AfD-Mann Rainer Galla ist in der Region unbekannt. Vor vier Jahren aus dem Westen in die Region gezogen, hat er sich um kommunale Belange nicht gekümmert. Anders als Frank Steffen, der letztlich erfolgreiche Kandidat der SPD - oder die von CDU, Grünen und Freien Wählern im ersten Wahlgang. Sie kommen von hier, sind verwurzelt und schon lange politisch engagiert.

Wenn es also nicht um Fakten und Personen geht, dann müssen es Stimmung und Einstellungen sein. Der deutliche Frust über die Krisen, die uns alle plagen. Und der unbedingte Wille, jede Veränderung abzulehnen. Aber auch eine Verachtung von Institutionen, die vor allem in den Corona-Jahren stark gewachsen ist. Wenn etwas nicht funktioniert, sind "die da oben" schuld, auch wenn sie vielleicht schon an einer Lösung arbeiten. Sicher ist nicht alles optimal, sicher gibt es auch gerade rund ums Tesla-Gelände zum Beispiel Verkehrsprobleme. Aber die Verächter der Ämter, Ministerien und Politik glauben nicht, dass Probleme auch gelöst werden können.

AfD ist rechtsradikale Partei, die Ressentiments bedient

Und dann gibt es natürlich noch einen Grund, warum die AfD fast gewonnen hat: Sie ist eine rechtsradikale Partei und kann auch gerade deshalb punkten. Denn sie spricht Ressentiments an, die in der Bevölkerung vorhanden sind. Nicht nur die Verachtung von Institutionen, sondern auch die Sympathie für den russischen Faschisten Wladimir Putin. Auch latente Ausländerfeindlichkeit wird adressiert. Ein Gemisch, das im Kern demokratiefeindlich ist, weil zu viele unseren Staat und unsere Demokratie ablehnen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 15.05.2023, 16:10 Uhr

65 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 65.

    Weil ja auch alle, die sich heute Sorgen um Rentenpunkte machen zu den *Organen* von damals gehörten....

  2. 64.

    Der Artikel will untersuchen warum es so ist wie es ist. Sie stehen ganz alleine da. Sagt das Wahlverhalten.
    Wer will dauerhaft zu den Erfolglosen gehören?
    Wer will immer auf den letzten Plätzen belächelt werden, da wo es wichtig ist?
    Wer will dauerhaft benachteiligt sein?
    Wer will endlich gleiche Chancen und Wertschätzung? Auch bei Stellenausschreibungen für Spitzenposten.

  3. 63.

    https://fragdenstaat.de/blog/2022/01/12/oststudie-rechtsextremismus-sachsen/

    Gibt es viele Untersuchungen zu. Gilt auch für Demokratiefeindliche Einstellungen.

    In dem anderen Artikel zur Wahl geht's sowieso mal wieder nur um "die illegale Masseneinwanderung" und das Geld was das kostet....

  4. 62.

    Wossi:

    Ist Ihnen bekannt, dass man kündigen kann. Bei Beamten nennt sich das um Entlassung aus dem Beamtenverhältnis bitten.

    Man ist kein Leibeigener.

    Dann kann man dahin gehen, wo Bedingungen oder Bezahlung besser ist. Wenn man dafür zu faul ist, bitte aufhören zu meckern!

  5. 61.

    Kennen Sie den TV-L?

    Oder TV-SuE, oder, oder, oder, gibt auch einen für städtische Krankhäuser, oder die in Landkreis Trägerschaft.

    Und das Geheimnis ist, dass die öffentlichen Arbeitgeber durchaus attraktiver bezahlen als die privaten, ist bei Schulen auch so...

  6. 60.

    Dominik, laut einem Zeitungsbericht ist jeder/*de 5 von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht, noch Fragen. Man wird nicht als Nazi oder Rechtsextrem geboren es spielen viele Faktoren eine Rolle unteranderem auch die Politikverdrossenheit /Unzufriedenheit. Alle gleich immer in diese Schublade zu stecken ist zu einfach und heutzutage ein Mittel von eigenen Fehlern abzulenken.
    Wenn die Politik an einem Teil der Bevölkerung vorbei regiert, haben ebend andere leichtes Spiel.

  7. 59.

    "[...] Vom RBB gab es nur eine pauschale Berichterstattung über die Kandidaten. Aber was die Aufgaben eines Landrates sind wurde hier nicht berichtet. Und viele Menschen konsumieren diese Medien auch nicht mehr, die Gründe sind allseits bekannt."

    "Diese Medien"? Plural? Also nicht nur den RBB? Was sind denn "diese Medien"? Und was sind denn diese "allseits bekannten" Gründe? Klären Sie doch bitte auf. Ihr Informationsdefizit haben Sie doch auch transparent gemacht. Weiter so. Oder wollen Sie lediglich einen schwurbeligen Eindruck hinterlassen...?

  8. 58.
    Antwort auf [Wossi] vom 16.05.2023 um 13:25

    >>Und ich rede noch nicht einmal von Flugrouten und Wasserrationierungen, die nicht nötig wären, wenn man den Sachverstand benutzt hätte.<<
    Welche Wasserrationierungen? Wasser wird einfach nur etwas teuerer, wenn die durchschnittliche Verbrauchsmenge überschritten wird. Und das noch nicht mal für Bestandskunden, sondern nur für Neuzugänge.
    Das sollte aber in einer Gegend, die zu denen mit den niedrigsten Frischwasserpreisen Deutschlands gehört, nicht das Problem sein.

  9. 57.

    Nochmal, gegen einen Rechtsruck können Politiker etwas tun (Herr Woidke: „Ich werde nicht zulassen...usw. usf.“), wenn sie Chancen ermöglichen statt zu benachteiligen. Viel größer ist da der Einfluss als der rbb, mit der bloßen Anzahl von Moralartikeln, jemals erzielen könnte. Deren Wirksamkeit gesondert betrachtet werden müsste.
    Je erfolgreicher die Politiker sind, desto schwerer haben es die „Rattenfänger“. Je erfolgloser die sind, desto leichter sitzt man anderem Gedankengut auf. Auf welchen Plätzen ist unsere Region zu finden? Wessen „Verdienst“ ist das?

    P.S. „Jeder ist seines Glückes Schmied“ ist nicht Gegenstand eines Artikels, der den Ursachen eines Rechtsrucks auf der Spur ist. Aber gerne ein andermal mehr dazu... Ich bleibe beim Thema.

  10. 56.

    >>Entsprechend wählen sie diejenigen, von denen sie am ehesten glauben, sie vor dem Absturz zu bewahren.
    Wer ein paar Stichworte braucht: "Einzelfall", "Heizwende", "Klimakleber" usw. usf.<<

    Was kann denn ein Landrat gegen Entscheidungen der Bundesregierung machen? Gerade Ihre Stichworte haben in keiner Weise mit der Arbeit der gewählten Person zu tun.

  11. 55.

    Es ist schon makaber:
    Wer uns damals erzählt hätte, als wir regelmäßig von den "Organen" an den Grenzübergängen und Transitstrecken aufs übelste schikaniert und kujoniert wurden, das deren größte Sorgen heute die Rentenpunkte sind-wir wären aus dem Lachen nicht mehr herausgekommen.

  12. 54.

    Nochmal, für die Lösung meiner Probleme bin ich und nicht der Staat verantwortlich!

    Die genannten Berufsgruppen können sich in Gewerkschaften und in Standesvertretungen usw. zusammenschließen. Dass diese starke Interessenvertreter sind haben wir doch in den letzten Monaten gesehen.

    Welche Problemlösungen hat denn die AFD anzubieten außer tollen Feindbildern?

  13. 53.

    Ich rede nicht von Gleichmacherei. Ich rede davon dass das Land als Arbeitgeber ständig Prozesse verliert. Unterbezahlung bei Lehrern, Feuerwehr, Ärzten und Pflegern im Vergleich zu andernorts sollte Ihnen nach 34 Jahren zu denken geben. Von den Pensionen ganz zu schweigen.
    Lesen Sie mal „Helmut Krüger“ in #18 zum Arztberuf. Der hat es sofort verstanden was gemeint ist. Soll ich noch von Lehrern berichten, die jahrelang unterbezahlt waren, bis sie eine jahrelange Scheinfortbildung als Rechtfertigung für weniger Gehalt selbst bezahlen durften? Bis man das abgeschafft hat wurde kräftig eingespart. Pensionswirksam!
    Wer einen Rechtsruck vermeiden will muss Gejammer von echter Benachteiligung unterscheiden können. Sind Sie dazu bereit? Wollen Sie dem Diskussionsverlauf folgen oder wieder von vorne anfangen? Die Argumente siehe weiter unten!

  14. 52.

    Rassistische Einstemlungen in der Bevölkerung treiben die Wähler zur AFD. Man wird doch wohl noch ***** sagen dürfen!. Machen Sie sich nix vor. Aber ein "ich hab nix gegen ....., aber..." ist ja auch ein Klassiker ;)

    Wenn 70% unserer Ackerflächen für Energie- und Futterpflanzen verwendet werden, glauben Sie doch selbst nicht im Ernst, dass bei 1-2 % für PV unsere regionale Lebensmittelversorgung gefährdet wäre.

    Selbstständiges systematisches Denken Fehlanzeige...

  15. 50.

    Sie fordern mehr regionale Produkte, wie jetzt sonst fordern Sie doch immer mehr Solarparks und WKA . Letztens haben Sie glaube ich ,noch behauptet das unsere Äcker nichts mehr taugen und sie bestenfalls noch als Fläche für Solarparks dienen. Wir müssen uns jetzt schon mal entscheiden entweder Landwirtschaft oder Stromgewinnung. Zum Thema Wahlverhalten eines Teiles der Bevölkerung, ist ihnen schon mal aufgefallen das seit dem die Regierung am Ruder ist,geht es nur noch Verbot hier Verbot dort, am besten gleich alles verbieten. Viele Menschen in diesem Land fühlen sich hintergangen und in vieler Hinsicht überfordert. Die Afd braucht gar nichts weiter zu tun als sich zurück zu lehnen und auf die nächste Wahl zu warten,denn die Regierung und ihre derzeitige Politik treibt die Wähler/*innen in ihre Arme.
    Die Regierenden sollten Politik für alle machen und nicht nur für einen Teil der Menschen in diesem Land.

  16. 49.
    Antwort auf [Wossi] vom 16.05.2023 um 13:25

    Geld, Geld, Geld....

    Und mir hält man vor ich solle das nicht auf Geld beziehen.

    Das es lieber Wossi schon immer Gehaltsunterschiede gab, finde ich nicht verwerflich. In den 70zigern war Bayern das Armenhaus Deutschlands.

    Gibt im übrigen was dagegen: Gewerkschaften. Dann bekommen alle nach Qualifikation bzw. Position das gleiche.

    Geben Sie mal Beispiele für Bildungsabschlüsse? Ich kenne jede Menge DDR Ing und Naturwissenschaftler, die keinerlei Probleme hatten. Akademische Titel, die im BRD System aber schlicht keine Übereinstimmung hatten, hatten eben ein Problem. Dass gilt aber heute zb. auch für studierte niederländische Physiotherapeuten.

  17. 48.
    Antwort auf [Wossi] vom 16.05.2023 um 13:25

    Nochmal, es gibt keine Gleichheit! Wer als junger Mensch mit dem Geld seiner Eltern bereits um die halbe Welt gereist ist, hat schon ein anderes Auftreten, einen anderen Bildungshorizont und kann auch entspannter studieren. Natürlich waren wir Ossis in den 90ern da im Nachteil. Trotzdem hatten wir in den letzten 30 Jahren viele Chancen etwas aus unserm Leben zu machen oder in den Westen zu gehen.
    Ich habe in der Erwachsenenbildung täglich mit Migranten zu tun, die ihre Möglichkeiten hier weiterzukommen täglich nutzen.
    Warum erlebe ich das bei den typischen AFD-Wählern nicht, die immer nur auf die da oben und ihre Benachteiligung schimpfen. Die DDR ist seit 33 Jahren tot!

  18. 47.

    Ich wohne tatsächlich auf dem Land. 25 km aus der Stadt raus. Hatte früher 400m weiter südlich WKA (120m Narbenhöhe, 7 Stück),haben mich nicht gestört. Über die Umwelt Auswirkungen von WKA gibt es genug seriöse Informationen, aber wenn man natürlich auf Vernunftkraft (bezahlt von der Öllobby) oder Eike hören will....

    Ich hab jetzt keine WKA mehr, aber 110kV Leitungen 25m vom Haus entfernt stehen und 50 m entfernt eine Landstraße. Mich nervt die Landstraße und dort vor allem Motorräder und einige besonders coole Verbrennerfahrer am meisten.

  19. 46.
    Antwort auf [Wossi] vom 16.05.2023 um 13:25

    Und was ist mit der Erbschaftsteuer, der Vermögensteuer und der Erhöhung des Spitzensteuersatzes die verwehrt wurden?
    Was könnte man damit nicht alles ermöglichen?
    Was ist mit der nicht vorhandenen Rentenversicherungspflicht für Selbstständige und den Rentenpunkten die diese darum nicht bekommen?
    Was ist mit den Bemessungsgrenzen in der GRV? Kevin Einkommensmillionär könnte, wenn er in die GRV einzahlen würde, jedes Jahr einen Sack voll Rentenpunkten einfahren.
    Und das Beste: Das gilt auch östlich der Elbe.

Nächster Artikel

Bild in groß
Bildunterschrift