Nach Diebstahl von Bronzefiguren - So sichern 3D-Vermesser Skulpturen in Frankfurt (Oder)

Mo 06.07.20 | 19:54 Uhr | Von Larissa Mass
Ttrigonart bei der Arbeit in Frankfurt
Video: rbb|24 | 06.07.2020 | Material: Brandenburg aktuell | Bild: Larissa Mass/ rbb

Die Stadt Frankfurt (Oder) hat ein Problem: Die Bronzeskulpturen im öffentlichen Raum werden regelmäßig geklaut. Damit sie ersetzt werden können, wurden 3D-Scan-Experten aus Berlin zu Hilfe gerufen. Von Larissa Mass

Es dämmert an der Flusspromenade an der Oder. Hier bauen Thomas Bauer und Mark Praus ihre Technik rund um eine Bronzeskulptur auf. Denn für ihre Arbeit brauchen sie die Nacht. In Frankfurt (Oder) sind Thomas Bauer und Mark Praus vom Vermessungsdienstleister Trigon Art im Auftrag der Kunst unterwegs. Ein brummender Generator, Scanner und Laptop gehören dazu. Ein Gitternetz leuchtet auf der Bronzeplastik "Zwei Gitarrenspieler, Flötenspieler und Sängerin" des Künstlers Axel Schulz. Auf dem Computerbildschirm von Bauer erscheinen dreidimensional Nase, Mund und Kinn der Frauenfigur.

Bronzeskulpturen sind bei Dieben beliebt

Sie scannen die Bronzeskulpturen, um von ihnen 3D-Drucke erstellen zu können. Mark Prauß bedient den Scanner, positioniert diesen wenige Zentimeter weiter. Er erklärt: "Wir werden jetzt Stück für Stück die Skulptur abgehen, Thomas sieht das dann am PC und baut die Scans zusammen." Vier bis fünf Stunden braucht das Team, um die vier Figuren der Skulptur zu erfassen. Rund 14 Kunstwerke scannen sie aufgeteilt auf zwei Teams in drei Sommernächten.

Die 3D-Scans entstehen im Auftrag des Frankfurter Kulturbüros. Die Stadt hat damit zu kämpfen, dass die Kunstwerke im öffentlichen Raum regelmäßig geklaut werden. Betroffen sind nur Bronzefiguren. Den Dieben, so vermutet Magdalena Scherer vom Kulturbüro, gehe es wohl nur um den Materialwert der Figuren. Zuletzt traf es die Ernst-Thälmann-Büste im Kleistpark. "Solche Vorfälle hatten wir vermehrt in den letzten Jahren mit Bronzefiguren. Und die Thälmann-Büste war recht klein und konnte leicht vom Sockel gerissen werden", erklärt Scherer.

Kopie statt Klau

In Frankfurt (Oder) gibt es insgesamt 250 Kunstwerke. Die meisten sind noch in der DDR entstanden. Manche Bronzeplastiken wurden auch mit Sicherungssystem ausgestattet, wie etwa zusätzlicher Beleuchtung und Alarmanlagen. Doch das Risiko, dass Kunstwerke unersetzbar gestohlen werden, ist zu groß.

Trigonart bei der Arbeit in FrankfurtNächtlicher Einsatz der Kunst-Kopierer

Von der gestohlenen Thälmann-Büste existiert noch eine Gussform. Sie lässt sich also nachgießen. Doch das ist nicht bei allen Bronzeskulpturen der Fall. Damit gestohlene Kunstwerke nicht unersetzbar verschwinden, hat das Kulturbüro 3D-Scans zur Datensicherung in Auftrag gegeben. Im Fall eines Diebstahles können die Skulpturen so nachkonstruiert werden.

Weltweit bekannte Kunst-3D-Vermessung

Dabei helfen die Experten von Trigon Art. Bei ihnen trifft moderne Technik auf Kunst. Thomas Bauer und Mark Praus haben sich auf die Scans von Archäologie und Kunstobjekten spezialisiert.

Mit ihrer Werkstatt in Berlin-Wartenberg ist Trigon Art eine Marke in der Kunst-Vermessungs-Szene. Seit 13 Jahren sind sie in ihrer aktuellen Firmenkonstellation weltweit im Einsatz, um Kunst und Archäologie zu sichern. So haben sie beispielsweise 2008 Repliken der Nofretete erstellt und für das Ägyptische Museum Berlin in der Wüste des Sudan die teilweise zerstörte Hathorkapelle vollständig in 3D vermessen und in Berlin wieder auferstehen lassen.

3-D Scan Nofretete im Büro von TrigonartFigur der Nofretete zur Nachbildung

Originalgetreue Nachbildung

Bei einer bestellten Kopie einer Skulptur in Frankfurt (Oder) würden zur Rekonstruktion mehrere Schritte anstehen: Anhand der Scan-Daten könnte ein Prototyp der Figur mit einem 3D-Drucker aus Quarzsand erstellt und von einem Handwerker in Bronze nachgegossen werden. Die Patina würde dann noch nachbearbeitet werden, damit sie möglichst dem Original nahekommt.

Marc Praus von Trigon-Art erklärt, dass sie möglichst nah an das Original kommen möchten: "Eins zu eins geht natürlich nicht. Am Ende ist es ein Zusammenspiel aus 3D-Scan, Gussform, und es kommt auch auf den Handwerker an und wie er die Patina trifft." Denn damit stehe und falle die Replik. Wenn ein guter Handwerker die Oberfläche bearbeitet, kann die Kopie laut Praus auch bei 99 Prozent liegen.

Auch wenn der Fingerabdruck des Künstlers durch eine Kopie nicht ersetzbar ist: Die Arbeit des Berliner Teams hilft, dass die Bronze-Kunstwerke nicht vollkommen aus Frankfurt (Oder) verschwinden.

Sendung: Abendschau, 05.07.2020, 19:30 Uhr

Beitrag von Larissa Mass

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