Interview | Forstexperte zu Weihnachtsbäumen - "Das ist ein bedenklicher Cocktail, der da aufgetragen wird"

Do 19.12.19 | 16:53 Uhr
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Weihnachtsbäume aus Brandenburg © dpa
Audio: Antenne Brandenburg |19.12.2019 | Bild: dpa - Bildfunk

Auch in diesem Jahr werden wohl wieder mehr als 20 Millionen Weihnachtsbäume verkauft. Umweltexperte Pierre Ibisch sieht das kritisch, denn Weihnachtsbäume werden mit Giften gespritzt und wachsen auf Flächen, auf denen richtiger Wald stehen könnte.

rbb: Herr Ibisch, so kurz vor den Festtagen strömen die Menschen zu den Baumhändlern und Baumärkten, wo von Großanbietern mehr als 70 Prozent der Bäume abgesetzt werden. Wo stammen unsere Weihnachtsbäume für das Wohnzimmer denn her?

Pierre Ibisch: Die üblichen Bäume werden vor allem auf Plantagen, in darauf spezialisierten Betrieben, oder nebenher von Förstern angebaut. Überwiegend sind es Baumarten, die nicht in Deutschland heimisch sind, wie beispielsweise die beliebte Nordmanntanne. Sie werden aber meistens hier produziert und wachsen vor dem Verkauf zwischen zehn bis 15 Jahre. In vielen Betrieben herrscht noch ein konventioneller Anbau. Also müssen wir uns klar machen, dass Weihnachtsbäume im Grunde wie ein landwirtschaftliches Produkt gezüchtet werden.

Die wenigstens Bäume stammen also direkt aus einem richtigen Wald, sondern von großen Plantagen. Sind diese Bäume gesundheitlich unbedenklich? Oder was holen sich Käufer mit den Bäumen ins Haus?

Was für Plantagenbesitzer angeboten wird sind Mittel, die gegen Schädlinge und Krankheiten helfen sollen. Das ist teilweise schon ein bedenklicher Cocktail, der da aufgetragen wird und auch nachweisbar ist. Das sind Stoffe wie Glyphosat, Lambda Cyhalothrin oder "Karate Forst flüssig", die dafür sorgen sollen, dass die Bäume makellos bleiben.

Wir müssen realistisch sein, dass wir diesen Mitteln auch über unsere Nahrungsmittel oder in der Umwelt fast täglich ausgesetzt sind. Da wird der Weihnachtsbaum, der wenige Tage im Wohnzimmer steht, keinen großen Ausschlag geben. Allerdings sind das alles Stoffe, die in der Natur im Wasser oder im Boden landen, dort jedoch nichts zu suchen haben. Das belastet ebenfalls die Insektenwelt. Und das alles nur, damit wir ein paar Wochen im Jahr einen Weihnachtsbaum genießen können.

Neben echten Bäumen gibt es ja dann auch noch Alternativen, wie die Plastiktanne oder Weihnachtsbäume im Blumentopf zum Wiederauspflanzen: Wie stehen Sie zu den Alternativen?

Plastikbäume sind energetisch sehr ungünstig. Dies gilt sowohl für die Herstellung, wie die Entsorgung als Plastikmüll. Das ist als Alternative ohne Relevanz. Die Bäume im Topf, die man ins Wohnzimmer stellt, um sie danach auszupflanzen, sind eine Möglichkeit. Allerdings wird sie nicht jeder auspflanzen können. Die Bäume wachsen auch nicht immer an. Es gibt jedoch weitere Alternativen, die kreativ sind. Es gibt zum Beispiel mittlerweile Bäume aus Holz zum Zusammenstecken und schmücken, die immer wieder verwendet werden können.

Trotz der Alternativen müssen wir uns überlegen, wie diese wunderbare Tradition mit den Weihnachtsbäumen auch weiterentwickelt werden kann. Das wäre wichtig, denn mich macht Zusehens der Flächenverbrauch besorgt. Wir haben diese knappe Ressource Boden und müssen uns gut überlegen, was wir damit anfangen. Da wo eine Weihnachtsbaum-Plantage wächst, könnte auch ein Wald entstehen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führte Frank Schmid von rbbKulturradio.

Sendung: Antenne Brandenburg, 19.12.2019, 14:15 Uhr

10 Kommentare

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  1. 10.

    Mein künstlicher Weihnachtsbaum steht jetzt seit 15 Jahren seinen " Mann". Der Berechnung der CO2 Bilanz im Vergleich zu natürlichen gezüchteten Bäumen sehe ich mit Freude entgegen. Dann mal los.

  2. 9.

    Ich kaufe jedes Jahr eine schöne Nordmanntanne. Sie ist ein nachwachsender Naturrohstoff. Dem "Umweltexperten Prof. Pierre Leonhard Ibisch" empfehle ich einen wiederverwendbaren Weihnachtsbaum aus Holz zum stecken ohne Nadeln. Den kann er dann später vererben.

  3. 8.

    So, also jetzt reicht es ja wohl. Erst sind Weihnachtsbäume Verschwendung der Ressourcen und jetzt gesundheitsschädlich. Warum redet keiner über die Pharmaindustrie oder über die Kosmetik Riesen. Was sich die Menschen da täglich einwerfen bzw aufschmieren ist mehr gesundheitsbedenklich als 14 Tage Weihnachtsbaum. Man kann es mit dem ganzen Öko auch übertreiben.

  4. 7.

    Vielleicht ging es ihm darum, dass wir die gängigen Handelsnamen erfahren. Und nicht die Inhaltsstoffe.
    Und übrigens sagt er ja auch, dass man die Giftstoffe nicht unbedingt im Haus hat, sondern weist - wohl völlig zu recht - darauf hin, dass das Wasser und die Böden damit belastet werden. Und außerdem regt er an, den Landverbrauch zu bedenken. Das ist doch wohl richtig?

  5. 6.

    Plastikbaum keine Alternative??? Der hält mindestens 10 Jahre und ich muss auch nicht jedes Jahr zum Händler um einen neuen zu kaufen, geschweige denn, muss auch der Baum nicht jedes Jahr erst aus der Fabrik in den Einzelhandel gebracht werden. Denke er hat eine sehr gute co2 Bilanz. Bei mir steht aktuell aber kein Baum, weil ich Weihnachten aussetze, zu viel Geschäftemacherei, kein Bock drauf.

  6. 5.

    Die Baum-Plantagen sind doch nur für einen Zweck, was trauert man diesen Nutzpflanzen nach?

  7. 4.

    ...also in Cottbus werden die allermeisten Bäume eingesammelt und kompostiert, ein kleiner Teil geht an die Elefanten im Zoo. Die freuen sich. Wie sich der Genuss von Tannennadeln auf die Methanproduktion der Elefanten auswirkt, kann ich allerdings nicht sagen. Aber dafür gibt es sicherlich auch Experten...wie ja mittlerweilen für alles.

  8. 3.

    Scheinbar hat der "Experte" von Pflanzenschutzmitteln relativ wenig Ahnung. Bei Lambda-Cyhalothrin und Karate zeon Forst flüssig handelt es sich um dasselbe und nicht um zwei verschiedene Stoffe. Lamada-Cyhalothrin ist der Wirkstoff vom Handelsprodukt Karate zeon.
    Zudem wird man bei Rückstandsanalysen von Weihnachtsbäumen keine Rückstände von Glyphosat finden. Der Grund hierfür ist der Einsatz von Herbiziden direkt auf die Unkräuter. Kämen die Nadelhölzer mit diesem Totalherbizid in Kontakt, so würden die behandelten grünen Pflanzenteile (beispielsweise die Nadeln) absterben und die entsprechenden Bäume wären kaum verkaufsfähig.
    Deshalb, mehr Mut zu Fakten und Kompetenzen anstatt zu Panik und schneller Meinungsmache.

  9. 2.

    Ja sie binden wie jeder Baum CO2, nur die Bäume werden nach Weihnachten verbrannt, also ist es im Prinzip egal.

  10. 1.

    ...wachsen die da nur in 15 Jahren, oder binden die in dieser Zeit auch CO2, wie jede andere Pflanze auch?

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