Kritik an Brandenburger Umweltministerium - Jagd- und Forstverbände brechen Gespräche über Wölfe ab

Do 29.10.20 | 18:36 Uhr
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Zwei Wölfe (Quelle: dpa/Carsten Rehder)
Audio: Antenne Brandenburg | 29.10.2020 | Torsten Glauche | Bild: dpa/Carsten Rehder

Bauern-, Jagd- und Waldbesitzerverbände haben ihre Mitarbeit beim sogenannten Wolfsmanagement in Brandenburg aufgekündigt. Sie würden beim Thema Wolf nur noch alibimäßig beteiligt, lautet der Vorwurf.

Der Streit zwischen Landnutzern und Brandenburger Landesregierung über den weiteren Umgang mit dem Wolf hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. Das "Forum Natur Brandenburg", in dem verschiedene Jagd-, Waldbesitzer- oder Bauernverbände organisiert sind [forum-natur-brandenburg.de], hat am Donnerstag bei einer Sitzung in Potsdam den Beschluss gefasst, sich geschlossen aus den Gremien des brandenburgischen Wolfsmanagements zurückzuziehen - mit sofortiger Wirkung.

"Landesregierung trägt Verantwortung allein"

Die Verbände wollten die gegenwärtige Politik der Landesregierung im Umgang mit dem Wolf nicht mehr mitverantworten, sagte Landesbauernpräsident Henrik Wendorff. "Nun trägt die Landesregierung für alles was passiert die Verantwortung allein." Im Forum Natur Brandenburg sind unter anderem der Landebauernverband, der Verband der Berufsjäger, der Verband der Waldbesitzer und der Landesjagdverband organisiert.

Kritik an Umweltministerium

Die eingerichteten Gremien des Wolfsmanagements seien zu einer "reinen Alibiveranstaltung verkommen", teilte das Forum am Donnerstag mit. Bemängelt wurde fehlendes Mitspracherecht und zu späte Einbeziehung bei Entscheidungen. Trotz der großen Wolfspopulation in Brandenburg verweigere sich zudem das Wolfsmanagement des Landes der "Frage nach einer zukünftigen Bestandsregulation". Vorschläge etwa zur Wolfsverordnung und Neuregelungen würden von der Landesregierung ignoriert. Namentlich kritisiert wird in dem Papier von Umweltminister Axel Vogel (Bündnis 90/Die Grünen).

Agrarministerium will Hunde und Zäune gegen Wolf finanzieren

Axel Vogel selbst wiederum nannte den Rückzug aus der Arbeitsgruppe am Donnerstag "bedauerlich". "Wir wollen den Dialog fortsetzen und gemeinsam tragfähige rechtssichere Lösungen für den Herdenschutz finden", teilte der Minister mit. Die Landesregierung unterstütze beispielsweise die Forderung einiger Landnutzerverbände nach Finanzierung von Hunden und Zäunen zur Wolfsabwehr. Bund und Land könnten zahlen. Eine entsprechende Richtlinie sei schon ausgearbeitet und könne "zeitnah an den Start gehen".

Hunderte Wölfe in Brandenburg

Seit der Jahrtausendwende leben in Deutschland wieder Wolfsrudel. Brandenburg hat Deutschlandweit die höchste Wolfspopulation. Hier leben aktuell mehr als 300 Wölfe - das sind in etwa so viele wie in Schweden, allerdings in Brandenburg bei deutlich weniger Fläche und höherer Bevölkerungsdichte.

Mit der Ausbreitung der Wölfe nehmen auch die Schäden zu - meistens sind Schafe betroffen, aber auch andere Nutztiere werden gerissen. Wölfe stehen unter strengem Schutz. Sie dürfen geschossen werden, wenn sie Nutztiere töten, aber jeder einzelne Abschuss muss genehmigt werden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 29.10.2020, 16:30 Uhr

10 Kommentare

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  1. 10.

    Jeder Arbeitnehmer muss sich weiterbilden, Unternehmen innovieren 24/7 nur deutsche Jäger und Nutztierhalter meinen sie haben ein Stammesrecht auf Ewig- und Glückseligkeit.

  2. 9.

    Mein Onkel ist privater Kleintierhalter. 2x hat ein Wolf seine Schafe geholt. Auch die überlebenden Tiere hatten danach einen "Dachschaden". Da die Schafe nicht registriert waren und kein Tattoo im Ohr hatten (was auch alles mit Kosten und Rennerei verbunden ist) hat mein Onkel KEINERLEI Entschädigung erhalten. Er hat die Schafzucht jetzt aufgegeben.
    Ich bin nicht der Meinung, dass der Wolf wieder ausgerottet werden muss. Er hat eine wichtige Funktion in der Natur. Aber es muss klar sein, dass die Ausbreitung in der Kulturlandschaft begrenzt ist.
    Auf Truppenübungsplätzen und in dünn besiedelten Gegenden ist genug Platz. In der Nähe von Ortschaften und in der Nähe von Tierhaltung muss durch Vergrämung oder Bejagung den schlauen Wölfen die Grenzen aufgezeigt werden.
    Am Ende wird der Totalschutz ansonsten kontraproduktiv, weil die Wölfe sich an die Nähe des Menschen zu sehr gewöhnen und weil die Akzeptanz in der Bevölkerung abnimmt.
    Und Veganer aus der Großstadt sind weit weg und können nicht wirklich mitreden.
    Mich als Steuerzahler stört, dass ich das Hobby von Büro Lupus mitfinanzieren muss und die sich ein stressfreie Leben mit dem Wolf finanzieren.

  3. 8.

    Das nenne ich mal eine Ansammlung von Unwissen und Desinformation hier im Forum. Von differenzierter, kritischer Betrachtung ist das weit entfernt. Hauptsache, man erteilt sich selbst Deutungshoheit.

    Wenn es zu wenig Mitsprache geben sollte, kann man das auch im Gremium erörtern und problematisieren, öffentlich. Dieses Delegieren von Verantwortung zeugt nicht von Diskussions- und Partizipationswillen. Just wenn man die eigenen z.T. rechtswidrigen Vorschläge wie Abschuss des Wolfs, um keine faschistoiden Euphemismen zu verwenden, nicht durchsetzen lassen, wirft man das Handtuch. Dann belegt man aber, dass man nie an Partizipation interessiert war, nur an Verbreitung eigener Ideen. Ja, wo hat man das schonmal gesehen? Man schaue zum rechten Rand. Der Staat sei doof, solle aber alles machen: erlernte Hilflosigkeit als DDR-Erbe.

    Vielleicht ist es besser, nicht mitzubestimmen, wenn man nur Partikularinteressen vertritt. Dann sollte man aber auch nichts anderes vorgeben.

  4. 7.

    Die Schäden, welche durch die Wölfe bei den Nutztierhaltern angerichtet werden, sollten die Leute aus ihrer eigenen Schatulle bezahlen, die die Wölfe unbedingt hier in Deutschland wieder ansiedeln wollten. Und nicht die Steuerzahler für diese Schrulle belangen.

  5. 6.

    Das Land soll mal endlich die Förderung bewilligen, damit Schutzzäune und Hunde angeschafft werden können, ohne das die Betroffenen auf den Kosten sitzen bleiben. Ich mag Wölfe, aber auch Schafe und sonstiges Getier. Die müssen sich nicht in die Quere kommen.

    Aber der Wolf ist wie der Mensch: Wenn's leicht ist und nicht überwacht wird, dann ...

  6. 5.

    Ich habe den Wolf früher nicht vermisst und brauche ihn auch heute nicht.
    Unsere Wälder sind nicht weitläufig genug und oft sehr ortsnah. Die landwirtschaftlichen und privaten Tierhalter tun mir leid. Man traut sich außerdem nicht mehr mit seinem Hund in den Wald. Man muss die Anzahl der Wölfe einfach an die Bedingungen anpassen. Die meisten Menschen lieben ihre Tiere. Auch die Nutztiere.
    Da hilft Geld wenig.

  7. 4.

    In diesem Gremium sitzen zu viele „Fachleute“. Fern jeder Realität werden Festlegungen zu Ausbreitung des Wolfes getroffen und die Landwirte und Waldbesitzer sind nur Beiwerk. Dazu ein grüner Minister wie Herr Vogel, der nun wahrlich gar keinen Durchblick hat. Wolfsmanagement was das veranstaltete Theater noch nie, es war immer Diktatur.

  8. 3.

    Sehr geehrter Herr Umweltminister, von welchem Wolfsmanagement reden Sie? Bisher ist es eine unkontrollierte Ausbreitung eines Raubtieres. Und alle Gegenmaßnahmen bezahlt der Bund und das Land? Nein es bezahlt der Steuerzahler! Das ganze Vorgehen erinnert mich an "Die Partei hat immer recht". Nur keine Zugeständnisse machen, lieber verschwenden wir Steuergeld nach dem Motto:ist ja nicht meins.

  9. 2.

    Erschreckend, dass es in ganz Schweden nur 300 Wölfe geben soll!
    Wie der Wolf in Deutschland wieder heimisch werden kann ohne mit den Bedürfnissen der Menschen zu kollidieren ist mir ein Rätsel, das hoffentlich von den Experten gelöst wird.

  10. 1.

    Verständlich!
    Wenn man in Gremien das Gefühl hat, nur pro forma beteiligt zu werden und dem Ganzen einen "demokratischen" Anstrich zu geben, ist es nur konsequent, aus ihnen auszutreten!
    Man kann in einer Demokratie nicht immer seine Standpunkte durchsetzen, aber wenn man nur ignoriert wird, sollte man seine Alibirolle gerne aufgeben.

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