Schwangerschaft in Corona-Zeiten - "Man fühlt sich allein"

Mi 27.01.21 | 16:45 Uhr
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Hebamme Anja Schirmer aus Altlandsberg beim Online-Rückbildungskurs
Audio: Antenne Brandenburg | 27.01.2021 | Marie Stumpf | Bild: Marie Stumpf/rbb

In Zeiten von Corona fehlt vielen frisch entbundenden Frauen der Kontakt zu anderen Müttern. Da Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskurse aktuell oft nur online angeboten werden, kommt kaum ein Austausch zustande.

Noah, Marie, Charlotte oder Max – das sind auch in diesem Jahr wieder einige der beliebtesten Vornamen in Berlin und Brandenburg. Vor der Namensgebung stehen allerdings die Monate der Schwangerschaft. Und auch die steht derzeit unter dem Einfluss der Corona-Pandemie.

Schwangerschaft mit Einschränkungen

Jacqueline Nieke aus Mehrow im Barnim ist im 9. Monat schwanger. Wenn alles nach Plan läuft, kommt ihr Mädchen im März zur Welt. Für sie und ihren Partner ist es bereits das zweite gemeinsame Kind, doch wegen Corona ist diesmal vieles anders. "Geburtsvorbereitungskurse fallen weg. Man kann sich nicht mit Freunden und der Familie treffen, die man sonst in diese ganze Zeit mit einbeziehen konnte. Es fehlt irgendwie und man fühlt sich allein."

Auch für Jacquelines Partner Alexander ist es nicht leicht. Er hat das Gefühl, vieles zu verpassen. "Mir hat es vorher immer viel Spaß und Freude gemacht, dass ich zu diesen Vorsorgeuntersuchungen mitgehen durfte. Das fällt jetzt weg. Man muss dann schauen, wie es nach der Entbindung ist, wie lange ich dableiben darf. Beim letzten Mal durfte ich das Kind anziehen und wickeln. Ich weiß nicht, wie es jetzt gehandhabt wird."

Corona und Schwangerschaft: Jacqueline und Alexander NiekeJacqueline Nieke und Alexander von Helldorff erwarten ihr zweites Kind.

Corona zeigt Hebammen-Mangel

An einen Schwangerschafts-Boom wegen des Corona-Lockdowns glaubt das Paar nicht. Jaquelines Schwangerschaft zumindest war geplant. Und auch Hebamme Ivonne Polaucke aus Fredersdorf (Märkisch-Oderland) hat Zweifel an demnächst hohen Geburtenzahlen. Zwar haben sich die Anfragen bei ihr aktuell mehr als verdoppelt. Doch das liege vor allem am Hebammenmangel, der durch Corona noch verstärkt werde. Wichtig sei jetzt trotz allem der persönliche Kontakt zu den Schwangeren, selbst wenn die Mütter Corona haben. "Ich habe mir speziell Schutzkleidung zugelegt und musste dafür auch selbst in die Tasche greifen, weil wir als Hebammen vom Gesundheitsamt nichts bekommen haben."

Schwangerschaftskurse im Home-Office

Auch Hebamme Anja Schirmer aus Altlandsberg (Märkisch-Oderland) betreut die werdenden Mütter weiterhin eins zu eins im persönlichen Kontakt. Das sei etwa wichtig, um die Position des Kindes im Bauch zu ertasten. Wegen der Hygienegebote gibt sie aktuell ihre Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskurse aber im Internet. Die meisten Mütter seien zunächst besorgt über den Umgang mit der Technik und der Kinderbetreuung. Doch grundsätzlich seien viele froh, dass es die Möglichkeiten überhaupt gebe. "Die meisten sagen: Hauptsache, es gibt irgendwelche Angebote. Und dadurch wird es gut angenommen."

Doch bei aller Mühe fehle etwas. "Das gilt sowohl für die Interaktion von mir mit den Frauen als auch bei den Frauen untereinander, um zu merken, dass man mit seiner Situation nicht allein ist. Dass auch andere Kinder schreien und Probleme machen. Und diesen Austausch gibt es gerade nicht."

Auch für die Kinder selbst gehe ohne den Kontakt in den Kursen viel verloren. "Ich merke, dass die Kinder voneinander abgucken, sich gegenseitig wahrnehmen und sie von Woche zu Woche mehr erkennen, dass dort jemand anders ist. So gewöhnen sich die Kinder daran, nicht zu reagieren, wenn Geräusche gibt und ein anderes Kind mal quietscht."

Auch Jacqueline Nieke fehlt der Kontakt zu anderen Schwangeren. Sie versucht sich nun auf die Freude auf ihr Baby zu konzentrieren, denn die könne Corona ihr immerhin nicht nehmen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 27.01.2021, 15:40 Uhr

5 Kommentare

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  1. 5.

    Ich bin aktuell schwanger und kann mit den bisherigen Beschränkungen noch umgehen, auch wenn es traurig ist, die Schwangerschaft nicht wirklich mit der Familie und guten Freunden teilen zu können (wohnen alle nicht in Berlin). Mein Partner hat es da schwerer, weil er nie mitdarf zu Untersuchungen. Bei der Feindiagnostik hat er zwei Stunden in der Kälte vor der Praxis gewartet, weil ich Angst hatte, dass sie etwas schlimmes finden und ich dann nicht gleich zu ihm kann. Zum Glück ist alles gut gewesen. Da Berlin seit Monaten keine Vaterschaftsanerkennungen macht wegen Notbetrieb (was ich absolut falsch finde!), werden wir noch vor der Entbindung heiraten. Wir haben zu große Angst, dass mit der nächsten schlecht formulierten Beschränkung ggf. Partner ohne "Nachweis" der Familienzugehörigkeit nicht mehr ins KH dürfen. Generell habe ich Angst, dass er vielleicht gar nicht bei der Geburt sein kann, so wie sich grade wieder alle überschlagen mit Maßnahmen.
    Ich hoffe, dass es im Sommer zumindest wie letztes Jahr sein wird. Damit ich irgendwie Kontakt zu anderen Müttern finden kann und nicht alleine vor der Webcam den Rückbildungskurs machen muss und das Baby keine anderen Babies "kennenlernt", wie eine andere Freundin es letztes Jahr durchlebt hat...

  2. 4.

    Nicht nur "mann" fühlt sich allein Frau sicherlich auch!

  3. 3.

    Es kommen noch mehr Schwierigkeiten hinzu, als nur fehlender Austausch. Gymnastikkurse, wie Schwangerschaftsyoga oder Aquafitness dürfen nicht angeboten werden. Das geht buchstäblich auf den Rücken, die Schultern etc. der werdenden Mütter.
    Auch die geschlossenen Babyfachmärkte stellen ein Problem dar, denn bestimmte Anschaffungen, wie beispielsweise einen Kinderwagen, macht man nicht mal so eben per Ferndiagnostik im Internet, das würde man sich gern ansehen und ausprobieren. In 13 Bundesländern sind die Märkte daher auch offen, nur Berlin, Brandenburg und Hamburg haben diese nicht als wichtig genug eingestuft.

  4. 2.

    Verstehe ich bis heute nicht die Regelung das Väter bei Vorsorgeuntersuchungen nicht dabei sein dürfen. Das Gefühl gibt ihnen keiner mehr und ist unersetzbar zumal die meisten Väter im gleichen Haushalt leben. Wieder so ein blödsinnige Verordnung der Politik. Der Staat braucht wohl keine Schwangeren während Corona. Es kann nicht sein das sie fast alleine gelassen werden. Liegt wohl daran das unsere Politiker alle aus dem vaterwerdenalter raus sind oder keine Kinder bekommen können sonst würden sie anders darüber entscheiden

  5. 1.

    Kann ich ein langes Lied von singen! Mein 2. Sohn kam letztes Jahr im März vor dem lockdown zur Welt. Ich habe mich so wahnsinnig gefreut das alles nochmal erleben zu können, Babyschwimmen, Pekip, angeleitete Babymassage, Beikost-Kochkurse usw. mit einigen Müttern aus den Kursen vom 1. Sohn habe ich noch immer Kontakt und das seit 7 Jahren. Jetzt hatten wir nur noch online Kontakt, zudem: Keinen einzigen Babykurs konnten wir besuchen, nur Outdoor-Sport für Mütter mit Baby seit Juni, welcher aber seit November auch nicht mehr stattfinden darf! Ich habe keine Kontakte aufbauen können und habe mir zwischenzeitlich schon gewünscht nicht noch ein 2. Kind bekommen zu haben, da ich wirklich einsam bin. Mein Großer Sohn im Homeschooling und dazu das Baby ist alles andere als ein organisierter Tag. Zum Nachteil des Großen. Freunde kommen nicht zu uns aus Angst das Baby anzustecken und andere Freunde wollen ohne negativen Schnelltest nicht besucht werden. Einsam ist von daher noch geschmeichelt ausgedrückt!

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