Hochschule in Eberswalde - Studienprojekt soll Schäfer beim Absatz von regionalem Lammfleisch stärken

Do 22.04.21 | 18:05 Uhr | Von Uta Schleiermacher
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Die Ostpreußische Skudde gehört zu den ältesten und bedrohten Hausschafrassen. (Quelle: dpa/Ralph Goldmann)
Audio: Antenne Brandenburg | 22.04.2021 | Uta Schleiermacher | Bild: picture alliance

Was schätzen Konsumenten an Lammfleisch? Fragen wie dieser geht die Hochschule für nachhaltige Entwicklung derzeit auf den Grund. Die Ergebnisse sollen regionalen Schäfern zu Gute kommen, um ihr Weidefleisch besser an den Kunden zu bringen. Von Uta Schleiermacher

Die Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde (Barnim) entwickelt derzeit in zwei Projekten neue Vermarktungswege für regionales Lammfleisch und für Weiderindfleisch. In dem Projekt zum Lammfleisch, das am Donnerstagabend mit der ersten Online-Diskussion startet, wollen die Studienmacherinnen mehr über die Gründe herausfinden, aus denen Kundinnen und Kunden im Laden zu regionalem Lammfleisch greifen.

Die acht bis zehn Menschen, die sich Anfang der Woche bereits in einer ersten Proberunde online zusammengefunden hatten, haben ganz unterschiedliche Hintergründe. Was sie eint, ist ihr Interesse an Lammfleisch. "Lammfleisch mag ich am liebsten als Knackwurst", sagt eine Teilnehmerin, ein anderer denkt an Besuche beim Griechen oder in arabischen Restaurants. "Ich verbinde Lammfleisch ganz klar mit Ostern", sagt die Dritte erstaunt. "Und ich hätte gedacht, dass alle sofort daran denken."

In lockerer Runde sollen sie sich in diesem Diskussionsformat darüber austauschen, was sie mit Lammfleisch assoziieren und worauf sie beim Kauf und Verzehr Wert legen. Die Erkenntnissen aus diesen Runden sollen dann im zweiten Schritt in eine breite Online- und Telefonumfrage einfließen.

Schäfer sollen von Befragung profitieren

Von den Daten und Erkenntnissen der Befragung sollen dann die lokalen Vermarkter profitieren. Denn für Schäfer wäre es ein Vorteil, ihre Lämmer möglichst direkt zu verkaufen, sagt Ronald Rocher von der Schäferei Möllendorf bei Storkow (Oder-Spree). Der Schäfermeister hat rund 800 Mutterschafe unterschiedlicher Rassen - zum Großteil die runden Suffolk-Fleischschafe, aber auch die schlankeren Heidschnucken, kleine Ospreußische Skudden und Bentheimer.

Jedes Mutterschaf kostet ihn etwa 300 Euro im Jahr. Für ein Lamm bekommt er derzeit gut 100 Euro und fährt damit nach eigener Aussage ein großes Minus ein. "Lamm könnte ein bisschen mehr Geld bringen", sagt Rocher. "Wenn man die Preise im Laden sieht, wo das Kilo zwischen zehn und 25 Euro kostet, werden wir mit unseren Lämmern ganz schön abgespeist - wenn wir sie überhaupt loswerden."

Besonders schwierig gestaltet sich Rocher zufolge der Absatz der kleinen Skudden-Lämmer. "Da habe ich zur Zeit nur einen Abnehmer, und der sitzt im Havelland, in Nauen", sagt er. Für den Verkauf und die rund 150 Kilometer Transport ginge da jeweils ein halber Arbeitstag flöten. "Das rechnet sich eigentlich für mich nicht", sagt Rocher.

Dabei sei das das Fleisch dieser Lämmer besondersschmackhaft, findet Rocher. Auch vom Nauener Händler erhalte er nur Lob für die Fleischqualität. Aber die langen Fahrten widersprächen seiner Arbeit als Schäfer und auch dem regionalen Gedanken, sagt er. "Im Prinzip müsste es in jedem Dorf einen kleinen Fleischer geben, wo wir dann unsere Lämmer auch in kleiner Stückzahl anliefern können. Das wäre eine gute Sache und auch für die Tiere fände ich das besser."

11.04.2019, Brandenburg, Eberswalde: Der Waldcampus der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE), Luftaufnahme mit einer Drohne. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde (HNEE) | Bild: dpa/Patrick Pleul

Der gute Ruf der Weideschafe

An der Hochschule für nachhaltige Entwicklung möchten sie mit den Schäfern nun Ideen entwickeln, wie diese ihr Lammfleisch in Zukunft regional besser vermarkten könnten, sagt Anna Häring, Professorin und Leiterin des Studiengangs Ökolandbau und Vermarktung an der HNE Eberswalde. Erste Gespräche hätten bereits gezeigt, dass Lamm häufig noch traditionell zu festlichen Anlässen auf den Tisch kommt. Im Sinne des Tierwohl seien Haltung und Transportwege dort ausschlaggebende Kaufkriterien. "Außerdem haben wir auch schon den Eindruck, dass etwa das Kriterium 'regional' vielen Kundinnen und Kunden wichtiger ist als 'bio'", sagt sie. Auch dies könnte eine Erkenntnis sein, die später für lokale Wertschöpfungksketten wichtig werden könnte.

Doch auch darüber hinaus spricht laut Projektleiterin Anna Häring einiges für das Weideschaf. Sie betont, dass Schafe in der Region vor allem der Landschaftspflege dienen. "Die Schafe verbeißen gewisse Pflanzenarten stärker als andere Tierarten. Auch in ihrem zotteligen Fell bleiben Pflanzen-Samen hängen und werden von dem Schaf als Taxi von Fläche zu Fläche transportiert. Damit tragen sie zur Verbreitung von Pflanzen bei."

Landschaftpflege steht nicht im Vordergrund

Die Landschaftpflege ist tatsächlich auch ein Thema in den Online-Diskussionen, Anna Härtig hat allerdings durchaus Verständnis dafür, dass diese nicht unbeding zu den Argumenten zählt, die Konsumentinnen und Konsumenten dazu bringen, regionales Lammfleisch zu kaufen. "Für die Vermarktung muss Landschaftspflege auch gar nicht im Vordergrund stehen", sagt sie. Viel mehr könnte am Ende das Wissen zum Kauf anregen, dass das Fleisch auf dem Teller von der Weide um die Ecke stammt.

Offiziell los geht es mit den Online-Diskussionen über das Konsumverhalten von Lammfleisch am Donnerstagabend. Eine zweite Diskussionsrunde ist für den kommenden Dienstag geplant. Interessierte können sich dafür auf der Internetseite der Hochschule noch anmelden [hne.de]. Wer mitmacht, bekommt ein Verzehrpaket Lammfleisch im Wert von 15 Euro. In einem weiteren Projekt beschäftigt sich die Hochschule außerdem ab Anfang Mai mit der lokalen Vermarktung von Weiderindern [facebook.com].

Sendung: Antenne Brandenburg, 22.04.2021, 14:10 Uhr

Beitrag von Uta Schleiermacher

7 Kommentare

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  1. 7.

    " Ob ein Ding Gift ist, macht allein die Dosis. "
    Das sagte vor 500Jahren Luthers Nachbarn in Wittenberg, der Apotheker Paracelsus .
    Massentierhaltung schadet Tier, Mensch und Natur.
    Die massenhafte Ausdehnung von Monokultur für Palmfett und Soja, die für Fleischersatzprodukte gebraucht werden, aber auch.
    Statt immer mit "entweder - oder" in hasserfüllte Konfrontation zu gehen, sollten wir uns lieber am alten Paracelsus ein Beispiel nehmen.

  2. 6.

    Neo, was Sie da schreiben ist Nonsens. Schlachtkälber sind mindestens 6 Monate alt, da spielt die Mutter längst keine Rolle mehr, also nichts mit traurigen Augen und so.... Und ja, ich esse Fleisch, aber keine Produkte aus der Massentierhaltung, sondern ich weiss, dass das Tier ein schönes Leben auf der grünen Wiese in Freiheit hatte.

  3. 5.

    Wir sind nun mal von Natur aus "Allesfresser". Ohne tierische Nahrung wäre die Menschheitsentwicklung nicht möglich gewesen. Richtig ist, dass die Massentierhaltung, wie sie jetzt betrieben wird, falsch und pervers ist. Alles in Maßen heißt die Lösung und das ist nur durch höhere Preise zu erreichen, die die Kosten für Mensch und Natürliche Ressourcen wieder spiegeln.

  4. 3.

    Töten Sie das Tier, dass dem Mutteschaf weggenommen und nach seiner Mutter ruft, doch selbst. Schauen Sie den beiden in die Augen und sagen sie dem Mutterschaf, dass sie ihm jetzt sein Junges zur Schlachtbank führen. Dann haben Sie das Recht, dessen Fleisch zu genießen.

  5. 2.

    In Brandenburg leben jetzt schon mehr Wölfe als in ganz Schweden. Solange sie nicht geschossen werden, wenn sie Nutztiere reißen, werden sie es immer weiter tun, mit weiter zunehmender Tendenz. Nutztierhaltung im Freien wird unmöglich oder ein Luxus (Zäune, Hunde, ...). Viele geben das nach den 2. oder 3. Wolfszwischenfall auf. Die Hochschule hat meiner Meinung nach also das Thema verfehlt.

  6. 1.

    In meinem Verwandten - und Bekanntenkreis gibt es teilweise noch Vorbehalte gegen Lammfleisch, das wird mit dem Geschmack eines alten Hammels assoziiert. Da ich ein ausgesprochener Lammfleischfan bin, konnte ich bei Einladungen zum Essen schon viele vom Besseren überzeugen. Ich bedaure nur, dass ich bisher noch keine Möglichkeit gefunden habe, ganze Tierkörper ( natürlich gehäutet und ausgenommen ) zu erwerben.

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