Eberswalde (Landkreis Barnim) - Freiwillige Helfer erinnern mit Friedhof-Pflege an jüdisches Leben

Mo 31.05.21 | 14:42 Uhr | Von mit Material von Michel Nowak
Ellen Grünwald und andere Helfer pflegen den Jüdischen Friedhof Eberswalde (Quelle: rbb/Michel Nowak)
Audio: Antenne Brandenburg | 31.05.2021 | Michel Nowak | Bild: rbb/Michel Nowak

20 Freiwillige haben auf dem Alten Jüdischen Friedhof Eberswalde begonnen, historische Wege zu den Gräbern neu anzulegen. Auf der lange sich selbst überlassenen Ruhestätte stehen noch gut 100 Grabsteine. Sie erinnern an die einst lebendige jüdische Gemeinde.

Spuren jüdischen Lebens finden sich in vielen Städten Ostbrandenburgs. Oft liegen diese aber gut verborgen, so wie beispielsweise in Eberswalde (Landkreis Barnim). Dort gibt es im Norden der Stadt einen alten, recht unbekannten jüdischen Friedhof. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde dieser angelegt, verwilderte zuletzt weitgehend. Eine Eberswalder Initiative will das jetzt ändern. Bei einem Arbeitseinsatz legten am vergangenen Wochenende 20 Helfer die Wege zwischen den rund 100 Grabsteinen frei.

Jüdisches Leben als Teil der Gesellschaft

Mit dabei ist auch die Eberswalderin Ellen Grünwald. Sie steht zwischen alten Grabsteinen mit hebräischer Aufschrift, wuchernden Efeu-Pflanzen und weist freiwillige Helfer ein. Viele Jahre beschäftigt sich die hauptberufliche Erzieherin mit der jüdischen Geschichte der Barnim-Kreisstadt. Die Namen auf den Grabsteinen des alten Jüdische Friedhofs gehörten zwingend dazu, so Ellen Grünwald. "Das waren alles Nachbarn und Leute, die mit Geschäften und Wohnungen in der Stadt aufgetaucht sind. Mir ist es wichtig, deutlich zu machen, dass diese Menschen einen wichtigen Teil unserer Stadt-Gemeinde bildeten."

Mit Harke und Schaufel macht sich auch der Grünen-Europa-Abgeordnete Sergey Lagodinsky ans Werk. Ihm ist die Wiederherstellung des fast vergessenen Friedhofs eine Herzensangelegenheit. "Ich bin Teil der jüdischen Gemeinde Berlin und hätte hier auch liegen können. Das ist teil unserer deutschen Geschichte und deswegen ist dieser Arbeitseinsatz wichtig, weil Erinnern auch Arbeit ist." Außerdem werde das jüdische Leben jenseits politischer Reden und Gedenktage mit Aktionen wie der Grabpflege auch lokal greifbarer.

Schubkarren voller Grünzeug transportiert Helferin Margit Hoffmann mit weiteren Freiwilligen ab. Gemeinsam legen sie historische Wege zu den Gräbern wieder frei. Hier mitzumachen, gebe ein gutes Gefühl, sagt die Eberswalderin. Auch sie sieht die Pflege als Pflicht, die jüdischen Religion "in ihrer Würde zu schätzen."

Der Jüdische Friedhof in Eberswalde
Jüdischer Friedhof in Eberswalde | Bild: Michel Nowak/rbb

Friedhof für die Öffentlichkeit

Den Alten, Jüdischen Friedhof Eberswalde gibt es seit Mitte des 18. Jahrhunderts. Laut Grünwald ist es einer der ältesten in ganz Brandenburg, der noch so gut erhalten ist. Bis heute gelte er wegen seiner versteckten Lage als recht unbekannt. Wahrscheinlich entging das Gelände deshalb auch weitestgehend Schändungen.

Organisatorin Ellen Grünwald wünscht sich, dass die jüdische Ruhestätte künftig einen höheren Stellenwert in Eberswalde erhält. "Er muss sichtbar sein und den Leuten bewusstwerden, dass es diesen Friedhof gibt." Deshalb schlägt sie Führungen auf dem Gelände vor und empfiehlt den Eberswaldern, eine Tour für Spaziergänge über den Friedhof. Mit seinen schattigen Plätzchen biete er in der Stadt eine kleine Oase der Ruhe.

Ein bisschen verwunschen sieht die Stätte auch nach dem Aktionstag aus. Die Teilnehmer sind fürs Erste aber zufrieden mit ihrer Arbeit und den wieder sichtbaren Wegen. Um den Friedhof vollständig herzurichten, sollen nun weitere Einsätze folgen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 31.05.2021, 15:10 Uhr

Beitrag von mit Material von Michel Nowak

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