Thünen-Institut - Eberswalder Waldforscher wollen Nationales Tierstimmen-Archiv aufbauen

Mi 05.01.22 | 17:42 Uhr
Kraniche stehen auf einem Maisfeld nahe der Ortschaft Proschim in der brandenburgischen Lausitz (Quelle: dpa/Andreas Franke)
Audio: Antenne Brandenburg | 05.01.2022 | Nico Hecht | Bild: dpa/Andreas Franke

Der Sound der Wälder verändert sich mit dem Klimawandel. Dank Forschern des Eberswalder Thünen-Instituts für Waldökosysteme können wir das bald in einem Tierstimmen-Archiv nachhören. Von Georg-Stefan Russew

Das Eberswalder Thünen-Institut für Waldökosysteme plant den Aufbau eines Nationalen Tierstimmen-Archives. "Wir wollen vergleichen, welche Tiere hören wir jetzt, welche in 20 Jahren", erklärte Projektleiter Franz Kroiher dem rbb. "Wir wollen schauen, ob die Stimmen gleichgeblieben sind oder sind neue Stimmen hinzugekommen, welche sind weg."

Klimawandel als ein Schwerpunkt

Um das Ganze vergleichbarer zu machen, sollen die Tierstimmen mit Metadaten verknüpft werden. Eine Bezugsgröße sei beispielsweise die Art des Waldes. "Sind wir in einem naturnahen oder bewirtschafteten oder in einem naturgemäß bewirtschafteten Wald", so Kroiher. Weitere Metadaten wie Jahres- und Tageszeit, meteorologische Verhältnisse sollen gesammelt werden, erklärte der Wissenschaftler.

Ein Schwerpunkt soll dem Klimawandel liegen. "Das kann man schon jetzt beobachten, dass durch die Klimaerwärmung die Brunft immer später einsetzt, und das könnten wir dann entsprechend dokumentieren. Es geht dann auch um die Jahreszeit, wann der Hirsch in diesem Fall mit der Brunft beginnt", sagt Kroiher. Mit einem Augenzwinkern meint der Forscher, dass vielleicht der Audio-Nachweis gelinge, dass es Hirschen in unseren Breitengraden zu warm werde, indem sie vielleicht gar keine Lust mehr aufs Röhren haben könnten oder vielleicht mit ein paar Dezibel weniger brüllen würden.

Wolfsstimmen als erstes Projekt

"Gleichzeitig wollen wir auch wissen, welche Tiere sich in der Landschaft bewegen." Kroiher nennt den Wolf. "Wir versuchen gerade in der Schorfheide, mit Rekordern aufzunehmen, wie aktiv der Wolf hier ist."

Wie die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde zuletzt meldete, haben sich im Landkreis Barnim - in dem sich auch die Schorfheide befindet - zwei neue Rudel angesiedelt. Bei beiden konnten erstmals Welpen nachgewiesen werden. Deutschlandweit sind derzeit 157 Wolfsrudel erfasst, mit 49 die meisten davon in Brandenburg. Das geht aus den Erhebungen der Bundesländer hervor.

Das Wolfsprojekt sei der erstes Schritt in Richtung Nationales Tierstimmen-Archiv. Bis ins Frühjahr dieses Jahres hinein sei man zusammen mit den Kollegen des Naturkundlichen Museums Berlin mit Mikrofonen und Rekordern auf der Pirsch.

Berliner Selbstentwicklung soll helfen

Tierstimmen-Archive sind im Grunde nichts Neues. Das Naturkundliche Museum Berlin betreibt seit Jahren eins. Deshalb suchen die Forsche des Eberswalder Thünen-Instituts auch die Unterstützung der Berliner Kollegen. "Sämtliche Tiere des Waldes aufzunehmen ist ein sehr speicherintensiver Prozess", erklärt Kroiher. So etwas in dieser Dimension gebe es bislang noch nicht. "Wir brauchen daher entsprechende Software, die diese ganzen Aufnahmen auswertet, damit wir nicht alle Bänder eins zu eins abhören müssen." Und diese stellt das Naturkundliche Museum jetzt zur Verfügung. Mit der Berliner Selbstentwicklung können stunden-, tage- oder wochenlange Aufnahmen automatisch ausgewertet werden, so Kroiher.

Nach dem Wolfsprojekt strengen die Eberswalder ab 2023 eine Machbarkeitsstudie an. "Wir wollen dann in Brandenburger Kiefernwäldern sämtliche Tierstimmen einfangen. Danach sollen Audioaufnahmen in hessischen Buchenwäldern folgen", so Kroiher. Die Finanzierung soll über eine Förderung des Bundeslandwirtschaftsministerium erfolgen.

Sendung: Antenne Brandenburg, Antenne am Nachmittag, 05.01.2022, 14:10 Uhr

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