Tafeln am Limit - Eberswalder Tafel bekommt zum ersten Mal öffentliche Gelder

Seit Monaten fordern die Brandenburger Tafeln Unterstützung vom Staat, doch sie bleibt meistens aus. Dazu sinken die Lebensmittelspenden. In Eberswalde unterstützt die Stadt zum ersten Mal die Tafel, die jede Woche hunderten Ukrainern hilft.
Eine prall gefüllte Tüte mit Grundnahrungsmitteln wie Brot, Butter oder Nudeln: Damit hilft die Eberswalder Tafel Brot & Hoffnung nach eigenen Angaben einmal die Woche etwa 300 geflüchteten Ukrainern in der Stadt. Weil die Lebensmittelspenden nicht ausreichen, musste die Tafel zum ersten Mal öffentliche Hilfe beantragen – und bekam 4.000 Euro.
"Wir standen vor der Schwierigkeit, nicht allen helfen zu können und wollten aber mit Grundnahrungsmitteln irgendwie helfen", sagt die Geschäftsführerin Steffi Wienke dem rbb. Vor dem Krieg habe die Tafel etwa 400 bis 500 Menschen pro Woche geholfen, jetzt kämen Hunderte Ukrainer dazu. Das sei eine große Herausforderung für die 35 Ehrenamtler.
Geld kam aus Nothilfetopf der Stadt
Die Spenden von Lebensmitteln werden laut Wienke derzeit seltener. Ein Grund dafür könnte die Inflation sein: Spendenbereite Menschen haben mit steigenden Lebensmittel-, aber auch Energiekosten zu kämpfen.
Hilfe kam aus einem Nothilfetopf der Stadt Eberswalde. Etwa 50.000 Euro seien in diesem Topf für gemeinnützige Organisationen verfügbar, die Geflüchteten aus der Ukraine helfen, wie der Wirtschafts- und Sozialdezernent der Stadt, Jan König, dem rbb sagt.
Von den 4.000 Euro werden notwendige Grundnahrungsmittel eingekauft, sagt Andrè Koch-Engelmann von der Tafel. "Das ist die völlige Ausnahme, das machen wir nur temporär." Denn eigentlich gelte, dass die Tafeln ausschließlich gespendete Lebensmittel an Bedürftige weitergeben.
Nonnemacher lehnt erneut Landeshilfen ab
Die Brandenburger Tafeln seien am Limit, sagte der Sprecher der Landesarmutskonferenz Brandenburg, Andreas Kaczynski, Anfang Juni. Die Nachfrage bei den Tafeln steige erheblich. "Das liegt zum Teil am Bedarf der ukrainischen Flüchtlinge, vor allem aber daran, dass wegen der Inflation viele, die vorher so gerade über die Runden kamen, nun bei allen Ausgaben sparen müssen, wenn sie keine Schulden machen sollen", sagte Kaczynski. Der Bedarf sei im Vergleich zu den Vorjahren um etwa 20 Prozent gestiegen.
Die Brandenburger Landesregierung lehnte vor einem Monat einen Antrag der Linken ab, die Tafeln mit einer Grundförderung zu unterstützen. Der Staat dürfe neben der Grundsicherung keine konkurrierenden Hilfesysteme aufbauen, hieß es damals als Begründung.
Gesundheits- und Sozialminister Ursula Nonnemacher (Grüne) erneuerte am Mittwoch in rbb24 Brandenburg aktuell diese Position. "Wir ducken uns ja nicht weg, wir unterstützen die Tafeln ja auch, beispielsweise über die Kühlautoförderung sind über eine halbe Millon Euro in den letzten Jahren an die Tafeln geflossen. Ein Haushaltstitel für Tafeln wäre aber völlig systemfremd, denn der Sozialstaat zahlt Regelsätze - und gibt keine Almosen."
Linke-Fraktionschef Sebastian Walter kritisierte ebenfalls in rbb24 Brandenburg aktuell diese Äußerungen. Er sei enttäuscht von Nonnemacher, sie verhalte sich "ignorant". Man werde gemeinsam mit den Tafeln weiter um strukturelle Landeshilfen kämpfen, kündigte Walter an.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 15.06.2022, 19.30 Uhr
Mit Material von Elke Bader