Interview | Stadtforstdirektor Weber - "Wir müssen überlegen, wie wir in Zukunft unsere Wälder sicherer machen können"

Mo 20.06.22 | 19:51 Uhr
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Einsatzkräfte der Hilfsorganisation @fire legen Gegenfeuer, um eine weitere Ausbreitung des Waldbrandes zu verhindern und die Feuerwehr bei der Bekämpung des Feuers zu unterstützen. Der Waldbrand bei Beelitz (Potsdam-Mittelmark) ist nach Angaben von Bürgermeister Bernhard Knuth (parteilos) unter Kontrolle. (Quelle: dpa/C. Dettlaff)
Audio: Antenne Brandenburg | 20.06.2022 | Stadtforstdirektor Thomas Weber | Bild: dpa/C. Dettlaff

Die Großbrände in Beelitz und Treuenbrietzen haben es gezeigt: Waldbrände können in Brandenburg katastrophale Ausmaße annehmen. Welche Maßnahmen dagegen ergriffen werden können, berichtet Stadtforstdirektor Thomas Weber.

Seit vergangenem Freitag haben die Flammen bei Treuenbrietzen und bei Beelitz die Feuerwehren in Atem gehalten. Wegen des Klimawandels gehen viele davon aus, dass die Situation in den kommenden Monaten und Jahren sich weiter verschärfen wird. Fürstenwaldes Stadtforstdirektor Thomas Weber spricht im Interview darüber, was die Gründe für die Brände sind, was dagegen getan werden kann und wie der Mensch sein Verhalten überdenken muss.

rbb|24: Herr Weber, am vergangenen Wochenende waren die Feuerwehren in Treuenbrietzen und Beelitz im Dauereinsatz. Wie haben Sie auf die Nachricht von den Großbränden reagiert?

Thomas Weber: Diese Brandsituation, die wir in Treuenbrietzen und in Beelitz hatten, macht mich wirklich betroffen. Ich bin im Ehrenamt auch Vorsitzender des Waldbesitzer-Verbandes Brandenburg. Ich war bei unserer Mitgliederversammlung am Nachmittag des 10. Juni auf der großen Waldbrandfläche in Treuenbrietzen in der Nähe von Klausdorf (Teltow-Fläming). Wir müssen alle miteinander überlegen, wie wir in Zukunft unsere Wälder sicherer machen können, so dass dann vielleicht aus einem kleinen Brand nicht ein Inferno wird.

Archivbild: Stadtforstdirektor Thomas Weber bei Fürstenwalde (Brandenburg) vor einer rund 250 Jahre alten Eiche. (Quelle: dpa/M. Tirl)
| Bild: dpa/M. Tirl

Es verfestigt sich der Eindruck, dass seit Jahren die Zahl der Waldbrände zunimmt. Sind dafür der Klimawandel beziehungsweise die damit verbundene Hitze und Trockenheit verantwortlich?

Was wir aus der Statistik der vergangenen Jahre wissen ist, dass ein Großteil der Waldbrände entweder fahrlässig oder zum Teil auch vorsätzlich durch Menschen gemacht ist. Ein Beispiel: die Zigarette aus dem Autofenster schnippen. Viele Straßen gehen durch Wälder im Land Brandenburg. Und gerade, wenn es grastrocken ist, wird natürlich ein Bodenfeuer entfacht. Wenn das dann nicht schnell genug entdeckt wird, kann es auch ganz schnell zu so katastrophalen Ausmaßen führen, wie wir sie jetzt gerade erleben.

Wie könnte man solchen Katastrophen vorbeugen?

Unter den Kiefern müssen Laubbäume stehen, die natürlich damit deutlich widerstandsfähiger gegen Feuer sind. Wir müssen vielleicht viel intensiver Waldbrand-Riegel-Systeme, wie sie von der Forsteinrichtung projektiert wurden, in den Waldgebieten etablieren - mit schnellwachsenden Baumarten, wie beispielsweise der Roteiche. Wir brauchen ein dichtes und flächendeckendes System von Löschwasserbrunnen im Wald. Was auch wichtig ist, ist ein ausgebautes Waldbrand-Wege-System. Das alles muss zusammengeführt und zur Umsetzung gebracht werden.

Das hört sich an, als würde ein solches Vorsorgen Zeit dauern. Gibt es denn Maßnahmen, die bis dahin schon funktionieren können?

Wir sollten alle sensibel in solchen Trockenperioden mit dem Wald umgehen. Also jeder einzelne, der den Wald aufsucht, ist angemahnt, sein eigenes Verhalten zu überprüfen. Ich möchte immer wieder an die Politik appellieren, dass wirklich die vielen guten Gedanken, die es gibt, jetzt endlich in die Realität umgesetzt werden. Und aus meiner Sicht brauchen wir für den Wald was den Waldbrandschutz angeht, was den Waldumbau angeht wirklich einen Marshallplan für den Wald. Mit klein-klein ist das glaube ich nicht mehr zu machen. Das zeigen immer wieder diese Großschad-Ereignisse, wie wir sie jetzt gerade haben.

Aus meiner Sicht brauchen wir für den Wald was den Waldbrandschutz angeht, was den Waldumbau angeht wirklich einen Marshallplan für den Wald.

Stadtforstdirektor Thomas Weber

Und da sind alle Verantwortlichen gefragt, sich an einen Tisch zu setzen und diese Lösungen miteinander zu vereinbaren und dann auch in die Tat umzusetzen. Wir müssen schnell den Wald fit für die Zukunft machen, indem wir den Waldumbau in großer Fläche realisieren. Das geht zum einen mit Pflanzung, das geht durch die Unterstützung der Jagd, in dem eben Wildbestände abgesenkt werden, damit Naturverjüngung sich etablieren kann. Es gibt viele Bausteine, die zu einem Ganzen zusammengefügt werden müssen. Da sind die Waldeigentümer, da ist die Politik und die Forstverwaltung im Land Brandenburg gefragt. Ich glaube, das können wir nur zusammen meistern. Und wenn wir das tun, dann sind auf einem guten Weg.

Sind denn auch Waldsperrung eine Möglichkeit, um solche Brände zu verhindern?

Es ist mir bisher nicht bekannt, dass es das gibt. Ganz bewusst will man den Menschen auch die Möglichkeit lassen, dass sie sich im Wald erholen können. Von daher sind Aufklärung und Apelle zum sachgerechten Umgang, wenn man den Wald zum Erholen aufsucht, erst einmal zielführender, als jetzt gleich den Wald grundsätzlich zu sperren. Aber als Ultima Ratio könnte ich mir das durchaus vorstellen, wenn wir wochenlang die höchste Waldbrandgefahrenstufe haben. Dann sollte man darüber durchaus mal nachdenken, Wälder auch zu sperren.

Sendung: Antenne Brandenburg, Antenne am Nachmittag, 20.06.2022, 14:40 Uhr

Das Interview für rbb|24 führte Bärbel Lampe.

11 Kommentare

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  1. 11.

    Der Berliner Wald war im Sommer schon immer sehr trocken, eine im Radio verbreitete "hohe Waldbrandgefahr" nichts neues. Der Klimawandel verschärft diese Situation. Früher wurde aber mitten im Wald nicht gegrillt, Kippen wurden eher ausgetreten oder im Taschenaschenbecher wieder mitgenommen. Es gab eher ein höheres Verantwortungsgefühl für das eigene Handeln.

  2. 10.

    Welches fahrlässige Verhalten meinen Sie denn?
    Was wäre der alternative Rohstoff, wenn man die einheimische holzbasierte Industrie aufgibt und die Wälder vollständig dem Naturschutz übergibt?
    Sibirische Lärche? Kalifornische Mammutbäume? Beton? Kunststoff? Stahl?

  3. 9.

    "Sind dafür der Klimawandel beziehungsweise die damit verbundene Hitze und Trockenheit verantwortlich?"
    Klares ja!! Das fahrlässige Verhalten ist nun nicht neu, sondern wurde schon immer praktiziert. Aber die anhaltende Dürre, die natürlich bereits Folge des Klimawandels ist, begünstigt unter anderem auch Waldbrände.
    Unter anderem deswegen, weil uns unter diesen Bedingungen auch die gesamte, für die Holzindustrie ausgerichtete, Forstwirtschaft um die Ohren fliegt.

  4. 8.

    Die Verantwortlichen in der Regierung haben sich die letzten drei Jahrzehnte mit diversen Forstreformen, sprich massivem Personalabbau, beschäftigt. Da blieb für solche Nebensächlichkeiten wie den Wald keine Zeit. Für zügigen Waldumbau fehlt jetzt leider Personal...

  5. 7.

    Sicherer kann man den Wald machen, indem man Kiefernmonokulturen in typisch Deutschen Mischwald umbaut
    Mischwald aus heimischen Laub und Nadelholzarten mit Unterstandsbäumen aus Hainbuchen zb.
    Damit könnte man an den abgebrannten Flächen anfangen
    Leider dauert dieser Prozess Jahrzehnte, Bäume brauchen Zeit zum Wachsen , und ist sehr teuer

  6. 6.

    Sie scheinen eine sehr pauschale Meinung zu haben so nach dem Motto: Schuld sind immer nur die anderen.
    Haben Sie überhaupt richtig gelesen um was es geht?

  7. 5.

    "Die Verantwortlichen" sind erstmal die, die sich nicht benehmen können, Zigarettenkippen in die Umwelt entsorgen, unachtsam grillen und trotz Gefahrenmeldungen Feuerwerke veranstalten.., gedanken - und verantwortungslos!

  8. 4.

    Im Nationalpark Harz können Sie aktiv beim Retten des deutschen Waldes mitmachen. Setzlinge sind gar nicht teuer. Nur die Arbeit ist nix für Samthandschuhe. Da muss man auch nix besser wissen, einfach nur machen.
    9 EUR fürs Ticket sind doch nicht zu viel verlangt, wenn man sich mal den Harz ohne Bäume angucken möchte.

    Vielleicht finden Sie auch vergleichbares in Brandenburg oder entwickeln es selbst. Dürfte einige interessierte Forstbetriebe geben die Ihre Hilfe gern annehmen.

  9. 3.

    "Wir müssen", "wir brauchen", "da sind alle Verantwortlichen gefragt - da habe ich jetzt aber mächtig Hoffnung für unseren Wald...

  10. 2.

    Neu, die Nachkommen tun mir nicht Leid; sie könne jetzt alles besser machen was, ihrer Meinung nach, wir angeblich versäumt haben.

    Mir können Menschen nicht Leid tun, die nur Fordern, so tun als würden sie es besser machen und letztendlich es dann nicht tun. Nicht Umsetzen. Nicht anpacken, Nicht dabei sind, z.B. erstmal löschen, wenn es brennt. Nein sie sitzen angeklebt auf der Autobahn. Sie demonstrieren Freitags, mit Muttis SUV gebracht, stundenlang in Berlin rum.

    Was soll das alles? Wenn ein Forstbeamter zum 1000000sten mal feststellt, dass jetzt etwas ganz dringend benötigt wird, so ist ihm das nicht jetzt erst eingefallen. Wir oft stand er denn schon einsam, angepöbelt, angefeindet vor irgendwelchen "öffentlichen Kassenwarten" und hat gefordert?

    Es ist an der Zeit, dass endlich auch grüne Sesselpupser das machen, wofür sie angetreten sind.

  11. 1.

    Ist nicht wahr?!Jetzt kommt man darauf.
    Die Verantwortlichen werden so weiter wie bisher machen.
    Wenn das alles nicht so schlimm und traurig wäre könnte man nur noch lachen.
    Ein Glück dass Gott es eingerichtet das ich nicht ewig lebe mir tun nur die Nachkommen leid.

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