"Extremes Wasserdefizit" - Niedrigwasser in der Oder gefährdet Unteres Odertal und Fisch-Bestände
Niedrige Pegelstände in der Oder legen derzeit große Sandbänke frei. Der Wassermangel erreicht den Nationalpark Unteres Odertal. Dessen Leiter spricht von historischen Extremen und einer Gefahr für die Lebensräume.
Der Grenzfluss Oder hat im Bereich des Nationalparks Unteres Odertal südlich von Schwedt (Uckermark) in diesem Jahr historisch niedrige Wasserstände zu verzeichnen. Das sagte der Park-Leiter Dirk Treichel am Montag dem rbb. Grund dafür seien die Folgen andauernder Trockenheit. Die Messungen zeigten "ein extremes Wasserdefizit".
"Wir sehen es an den Böden und Auengewässern", sagte Treichel weiter. In den langjährigen Aufzeichnungen habe es eine solche Situation noch nie gegeben.
Natur leidet unter Trockenheit
"Wir haben versucht, möglichst viel Wasser zurückzuhalten - durch unser Wassermanagement im Nationalpark. Aber durch die hohe Verdunstung und den Wind, der ständig weht, ist das nur begrenzt möglich", so der Nationalparkleiter.
Der Sommer in Berlin und Brandenburg ist in diesem Jahr erneut viel zu trocken. Die Landwirtschaft prognostiziert laut Henrik Wendorff, dem Präsidenten des Landesbauernverbandes, eine unterdurchschnittliche Ernte, und auch der Nationalpark Unteres Odertal bekommt die Folgen zu spüren. "In den Wäldern des Nationalparks gibt es Absterbe-Erscheinungen", sagte Park-Leiter Treichel. "Selbst die Kiefern verabschieden sich und die Situation ist extrem angespannt. Der Klimawandel hat voll zugeschlagen."
Minimaler Anstieg ist trügerisch
Die Sorgen teilt auch Treichelts Stellvertreter Michael Tautenhahn. "Wir haben eine extreme Niedrigwasser-Situation - und das schon seit dem Frühjahr. Die Tendenz ist immer noch abnehmend", sagte Tautenhahn. "Wenn es im Einzugsgebiet ein bisschen Regnet, geht es mal ein paar Zentimeter rauf und dann umso schneller wieder runter." Noch sei der Notstand nicht erreicht. Doch wenn die Dürre noch länger dauert, könnten die Pegel der Oder Tautenhahn zufolge tatsächlich unten den tiefsten Stand seit Beginn der Messungen fallen.
Nationalpark-Leiter fürchtet Folgen des Oderausbaus
Angesichts des Niedrigwassers übt Dirk Treichel auch erneut Kritik an den Plänen zum Oder-Ausbau von Seiten Polens. Auch dies werde Nachteile für den Nationalpark bringen. Durch die Baumaßnahmen werde das Fluss-Profil enger und die Oder dadurch tiefer. "Das führt letztendlich dazu, dass es zu sinkenden Grundwasser-Ständen in der Aue kommt. In Kombination mit dem kaum vorhandenen Wasser-Angebot bedeutet das, dass sich Auen-Wälder und -Wiesen sehr stark verändern werden. Arten, die mit Trockenheit klarkommen, werden sich ausbreiten, weil das Wasser fehlt." Andere Lebensräume könnten hingegen verschwinden.
Rekord-Hochwasser vor 25 Jahren
Im Gegensatz zu den aktuellen Niedrigwassern jährte sich das Oderhochwasser am vergangenen Sonntag zum 25. Mal. Im Juli 1997 ließen ungewöhnlich starke Regenfälle die Flüsse in Polen und Tschechien gefährlich anschwellen. Am 17. Juli erreichte die größte bekannte Flut der Oder auch Brandenburg, zerstörte in Teilen die Hochwasser-Deiche und setzte ganze Landstriche unter Wasser. Im Nachhinein wurden die Schäden allein in Deutschland auf 330 Millionen Euro geschätzt.
Seit der Katastrophe haben Land und Bund viel in den Hochwasser-Schutz investiert. 25 Jahre nach dem Hochwasser blickt Umweltminister Axel Vogel (Grüne) deshalb auf eine positive Bilanz. Bis heute habe Brandenburg 90 Prozent der Oderdeiche erneuert und verstärkt. Dafür seien über 300 Millionen Euro aus EU-, Bundes- und Landesmitteln investiert worden. Das nächste Hochwasserschutz-Projekt zum startet offiziell Ende August in Frankfurt (Oder). Bis 2024 soll dort eine vollständig neue Schutzwand entstehen. Gleichzeitig wird die Ufer-Promenade neugestaltet und es entstehen urbane Räume direkt am Wasser. Hochwasserschutz und Stadtentwicklung sollen dabei verbunden werden.
Sendung: Antenne Brandenburg, 18.07.2022, 9 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 18.07.2022 um 15:14 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.