Nachwuchssorgen auch in Brandenburg - Der LKW-Fahrer, der noch nicht genug hat

Do 04.08.22 | 14:02 Uhr
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Lothar Zügfeld, LKW-Fahrer
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 29.07.2022 | Sabine Tzischke | Bild: rbb

In Deutschland fehlen tausende LKW-Fahrer, wegen der schlechten Arbeitsbedingungen ist Nachwuchs schwer zu finden. Unterwegs mit einem LKW-Fahrer aus Brandenburg, der viel Freude an seiner Arbeit hat – und mit 66 noch weitermachen will. Von Juan F. Álvarez Moreno

Es ist kurz vor 4 Uhr morgens, ein Laster mit grüner Kabine dockt ans Kühllager in Markendorf. Draußen ist es noch dunkel, doch Kirschen und Äpfel müssen früh in die Läden. Lothar Zügfeld, LKW-Fahrer, lädt alleine und tonnenweise die Kisten in sein Fahrzeug. Dafür muss er den Hubwagen hin- und herschieben, darauf liegen eine Europalette und dutzende grüne Kisten mit reifen Kirschen.

"Wir fahren jetzt nach Wustermark, dann Mittenwalde und dann noch nach Seefeld", sagt Zügfeld, während er die Hände am Steuer hält. Etwas mehr als 400 Kilometer wird der LKW-Fahrer an diesem Tag unterwegs sein. Seine Ziele: die Großlager der Supermärkte von Netto und Aldi. Der 66-Jährige – dünne Brille, schwarze Hose und gestreiftes T-Shirt mit der Schrift "Savage" darauf – war mal Bauingenieur und ist erst seit Mitte 50 Berufskraftfahrer. Der Mann aus Frankfurt (Oder) könnte eigentlich schon in Rente sein. Doch der Branche fehlt Nachwuchs.

"Wir werden nach Mindestlohn bezahlt"

Bis zu 80.000 LKW-Fahrerinnen und -Fahrer fehlen laut Branchenangaben in Deutschland. Ein Drittel der Berufskraftfahrer ist laut dem Statistischen Bundesamt älter als 55, dagegen sind nur 15 Prozent der Beschäftigten jünger als 35. Seit Jahren hört man deswegen von zukünftigen Engpässen in der Logistikbranche.

"Ich denke, es wird an der Entlohnung liegen. Wir werden nach Mindestlohn bezahlt, und sehr viel mehr ist nicht drin", erklärt Zügfeld. Die Auftraggeber seien nicht bereit, mehr zu zahlen. Das mache den Beruf für junge Menschen nicht sehr lukrativ, so der LKW-Fahrer.

Wettbewerb in der Branche "sehr hart"

Anderthalb Stunden später kommt der LKW am ersten Zielort in Wustermark an. "Moin meine Lieben, ich bin es schon wieder", begrüßt Zügfeld den Kontrolleur am Eingangstor des Supermarktlagers und zeigt seine Papiere. Zügfeld fährt vorsichtig seinen LKW rückwärts, bis das Laster ans Lager dockt. In der Halle schiebt er den Hubwagen gelassen mit nur einer Hand, denn die Äpfel muss er auch selbst entladen. Das Truckerleben besteht aus vielen Jobs.

Zahlen könne sein Chef Michael Lange trotzdem nicht mehr: "Man zahlt so viel man kann, um Kraftfahrer zu haben", sagt der Geschäftsführer von T&P Transport Logistik dem rbb. "Aber es ist leider noch so, dass der Wettbewerb in der Branche sehr hart ist." Expediteure aus anderen Ländern könnten in Deutschland fahren und für ihre Leistungen günstiger anbieten. Die Fahrer besser zu bezahlen, sei eigentlich erforderlich, sagt Lange.

LKW FahrerDer Fahrer Lothar Zügfeld steht vor mehreren LKW / Bild: rbb

Er will noch nicht in den Ruhestand

Lothar Zügfeld bleibt trotzdem positiv und sieht es als Glück, dass er im Berliner Ring – quasi seine Hausstrecke – unterwegs ist. Das sei besser als Reisen quer durch Europa, erzählt er. Schließlich sei man jeden Tag wieder zu hause. "Die Kollegen, die im Fernverkehr sind, die haben natürlich mit vielen anderen Problemen zu leben", sagt Zügfeld. Die Parkplätze seien überlastet, die sanitären Einrichtungen nicht immer ausreichend oder gepflegt. "Das sind schon Dinge, die dann auch die Menschen von dieser Arbeit abhalten."

Zehn Stunden war Luther Zügfeld an diesem Tag unterwegs in Brandenburg. Mehr ist auch nicht erlaubt. Ohne Stau war es für ihn heute ein Vergnügen, wie er sagt. Seiner sei "ein schöner Job". Und an den Ruhestand wolle er immer noch nicht denken, sondern weitermachen. "Es ist eine Frage der Gesundheit. Aber vom Spaß und vom Gebrauchtwerden her könnte ich es mir schon vorstellen."

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 04.08.2022, 19:30 Uhr

Mit Material von Sabine Tzitschke

3 Kommentare

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  1. 3.

    So lange wie es noch Menschen gibt in Europa, die mit deutschem Mindestlohn ihr Leben zu Hause bestreiten können, wird sich dran nichts ändern. Haben wir früher in der Schule gelernt. Dazu kommt, dass sich die Fahrer nicht Organisieren und gemeinsam für bessere Löhne kämpfen, es ist immer noch die Mentalität „die anderen werden es schon für mich machen. „Kapitalismus“

  2. 2.

    Mindestlohn? Sorry, aber ich komme aus der Logistik. Für Mindestlohn finden sie schon sehr lange kein Personal mehr. Keine Ahnung wer da befragt wurde oder so dumm ist, für das Geld zu arbeiten.

  3. 1.

    Schlechte Arbeitsbedingungen, schlechter Lohn und drohender Jobverlust durch Automatisierung. Da wundert es wohl niemanden, dass es keinen Nachwuchs gibt. Vielleicht schaffen wir es ja den Güterverkehr endlich auf die Schiene zu bringen, wie es uns seit vielen Legislaturperioden immer versprochen, aber dann nie finanziert wird.

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