Erfolglose Klage aus Brandenburg - Ausbau der Oder in Polen darf weitergehen

Mo 22.08.22 | 14:33 Uhr
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Schwere Baumaschinen sind am polnischen Ufer des Grenzflusses Oder nördlich von Frankfurt (Oder) im Land Brandenburg im Einsatz. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Video: Brandenburg aktuell | 23.08.2022 | Fred Pilarski | Bild: dpa/Patrick Pleul

Die oberste Naturschutzbehörde in Polen hat entschieden, dass die Oder weiter ausgebaut werden darf - allerdings mit neuen Auflagen. Umweltschützer und das Land Brandenburg hatten einen Stopp der Bauarbeiten angestrebt.

Ungeachtet des Fischsterbens dürfen die Bauarbeiten am polnischen Ufer der Oder fortgesetzt werden. Der Generaldirektor für Umweltschutz in Warschau hat nach rbb-Informationen nun die Baugenehmigung der Stettiner Regionalbehörde von 2020 bestätigt. Damit sind Einsprüche des Landes Brandenburg und mehrerer Umweltverbände abgewiesen.

Polens oberste Naturschutzbehörde hat für die Bagger- und Buhnenbauarbeiten einige Auflagen formuliert. So soll es eine bessere Erfassung des ökologischen Ausgangszustands geben. Das dürfte angesichts der aktuellen Umweltkatastrohe jedoch nicht mehr möglich sein.

Umweltschützer fordern sofortigen Stopp der Bauarbeiten

Das Aktionsbündnis Lebendige Oder, ein Zusammenschluss deutscher und polnischer Umweltorganisationen, fordert deshalb erneut einen sofortigen Stopp der Bauarbeiten. Die könnten den Rest des Ökosystems vernichten, sagte der Sprecher des Bündnisses, Sascha Maier, dem rbb am Montag. Auch ein Gutachten des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei unterstützt die Forderungen.

Die 113 Seiten starke Entscheidung aus Warschau liegt bislang nur in polnischer Sprache vor. Das Aktionsbündnis Lebendige Oder will sie nun zügig auswerten und wahrscheinlich dagegen klagen.

Polen hatte trotz heftiger Kritik aus Brandenburg im März damit begonnen, den Grenzfluss Oder auszubauen. Naturschützer und das Land Brandenburg klagten dagegen. Mitte Juni wies ein Warschauer Gericht die oberste Umweltbehörde an, erneut über die Bauarbeiten an der Oder zu entscheiden. Das bedeutete jedoch keinen sofortigen Baustopp.

Umweltministerin Lemke kritisiert die Entscheidung

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sprach sich am Montag gegen die Entscheidung aus Warschau aus und forderte angesichts des Fischsterbens den Stopp des Oder-Ausbaus. "Bei der dramatischen Umweltkatastrophe, die sich gerade auf 500 Flusskilometern entlang der Oder mit einem massiven Fischsterben ereignet, wird drastisch deutlich, dass ohnehin stark belastete Gewässer besonders geschützt werden müssen", sagte sie. Der Ausbau der Oder belaste das "wertvolle Ökosystem" zusätzlich, so Lemke. Stattdessen forderte sie Renaturierungsmaßnahmen.

Streit um den Ausbau seit 2015

Über den Oder-Ausbau wird in der Grenzregion seit Jahren gestritten. Grundlage ist ein deutsch-polnisches Regierungsabkommen aus dem Jahr 2015. Darin wird festgelegt, dass für die meiste Zeit des Jahres auf der Grenzoder eine Fahrtiefe von 1,80 Meter gewährleistet werden soll.

Begründet wird das mit dem Hochwasserschutz: Bei winterlichen Eishochwässern soll die deutsch-polnische Eisbrecherflotte eine ausreichende Fahrtiefe haben, um mögliche Eisbarrieren erreichen zu können, hinter denen sich das Wasser staut. Naturschützer halten das Argument für vorgeschoben, um die Oder für die Binnenschifffahrt zu ertüchtigen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 22.08.2022, 12 Uhr

55 Kommentare

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  1. 55.

    Das Marcel Fratzscher als Leiter des DIW vieles was wissenschaftlich erwiesen ist für "Unisnn" hält sollte klar sein. Was soll er als Leiter eines der größten Lobby-Organisationen der Wirtschaft auch schon anderes schreiben?

  2. 54.

    Nein er hat die Grundprobleme identifiziert und versucht Lösungen zu skizzieren. Das die Erde ein endlicher Körper mit endlichen Ressourcen ist werden sie wohl kaum bestreiten.
    Das sich eine nunmehr ca. 8 Milliarden starke Erdbevölkerung, Tendenz steigend, alleine mit dem lebenserhaltenden Energiebedarf mit den verfügbaren Ressourcen so nicht in Einklang bringen lassen, bedarf ebenfalls keiner außerordentlichen geistigen Arbeit.
    Ungezügelter Wachstum in begrenzten Systemen kennen wir beispielsweise als Krebsgeschwür.
    Man kann über die Lösungsversuche streiten, aber sicher nicht über den zugrundeliegenden Befund.
    Das der Club of Rome von bestimmten marktliberalen Kreisen ständig angegriffen wird, kommt ja nicht von ungefähr.

  3. 52.

    Der "Club of Rome" hat leider sehr viel Unsinn verkündet. "Ihre 13 radikalen Lösungen sind jedoch nicht mehr als meist kontraproduktive und widersprüchliche Vorschläge. Die Krönung des Berichts ist die Forderung, Industrieländer sollten Frauen finanziell bestechen, um keine Kinder oder maximal ein Kind zu bekommen."

    https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/club-of-rome-zukunftsbericht-was-fuer-ein-unsinn-kommentar-a-1112295.html

  4. 51.

    Ganz stimmt das ja nicht, die Fließgeschwindigkeit hat damit schon etwas zu tun und auch die Rückkoppelung solcher Maßnahmen auf die niederen Lebewesen wie Muscheln, Krebse etc. und damit indirekt auch auf die höheren Lebensformen etc.
    Was die Ursache der Umweltkatastrophe anbelangt, verdichten sich die Auswertungen der Satellitenaufnahmen, die bekanntgemachten Verklappungen in der Oder, der unerwartet hohe Salzwasseralgenwachstum im Süßwasser Oder, gepaart mit bereits nachgewiesenen hohen Konzentrationen des Algen-Toxins, Pestiziden und Phosphaten, anderer Salze zu einem immer klarer werdenden Gesamtbild. Auch wenn es sich dabei nur um die langlebigsten Sekundärspuren handelt; Obduktionsergebnisse fehlen.
    Der endgültige Beweis, der angesichts der, na sagen wir mal vorsichtig, stark divergierenden Interessenslagen, auch schwer zu führen ist, steht natürlich noch aus.
    Aber ich bin mir sicher, dass sehr gute Forensiker auch mit dem dürftigen Material zu belastbaren Ergebnissen kommen.

  5. 50.

    Es hat keinen Sinn, alles mit allem zu vermischen. Bei meinem Beitrag ging es um das polnisch-deutsche Regierungsabkommen von 2015, welches regelt, dass " für die meiste Zeit des Jahres auf der Grenzoder eine Fahrtiefe von 1,80 Meter gewährleistet" sein muss. Dazu sind regelmäßige Ausbauarbeiten an der Oder erforderlich, wie dies an der Oder seit hunderten von Jahren notwendig ist. Genauso notwendig, wie dies auch in Deutschland an den schiffbaren Flüssen, etwa dem Rhein, praktiziert wird. Der Rhein wurde an vielen Stellen begradigt. Die Umweltkatastrophe, wo viele Fische verendet sind, hat mit den Ausbauarbeiten nichts zu tun. Laut Tagesspiegel ist die Ursache für das Fischsterben ist bislang unklar.

  6. 49.

    In den 70-iger Jahren hat der Club of Rome mit den „Grenzen des Wachstums“ als erste ernstzunehmende Vereinigung vor einem „weiterso“ gewarnt. Für mich ist das Jahr 1972 auch das Jahr Null des menschengemachten Klimawandels, denn ab diesem Zeitpunkt haben alle im vollen Bewußtsein die Erde weiter ausgebeutet.
    Warum ich das erwähne? Ganz einfach, im Jahr 1972 war unsere Erde noch belastbar, auch die Oder und andere Flüsse.
    Im Jahr 2022 nach einem im Mittel des weltweiten Weiterso ist die Natur das nicht mehr. Es kommt garnicht darauf an ob sie irgendwas davon verstehen; die menschlichen Einflüsse hinterlassen jetzt unauslöschliche Spuren und Folgewirkungen, die auch an ihnen nicht mehr spurlos vorbeiziehen werden.

  7. 48.

    Ja und der Versuch war erfolgreich bis zur aktuellen Katasthrophe: Nationalpark Unteres Odertal.
    Die Zeiten sind vorbei, als die Oder eine wirtschaftliche Bedeutung für die Schifffahrt hatte. Wenn polnische Unternehmen unbedingt über die Ostsee liefern wollen, soll'n se doch die Wasserstraßen E40 Und E70 oder die Bahn nehmen.
    Ein weiterer Ausbau der Oder wird zu Hochwasserkatastrophen führen. Aber wen interessiert das schon?
    https://www.nationalpark-unteres-odertal.eu/de/
    https://www.zdf.de/wissen/nano/220822-sendung-nano-104.html

  8. 47.

    Wer ist der Pole oder der Germane oder die umweltzerstörenden Ökos?
    Sie trennen oder sortieren, was nicht in Schubladen eingeteilt werden kann und möchte.
    Allein hier unter den paar Kommentatoren offensichtlich, dass unter der polnischen als auch der deutschen Bevölkerung aber auch den beiderseitigen Behörden kein klares und einhetliches Meinungsbild zur Oder besteht.
    So einfach ist die Welt eben leider nicht.
    "Früher" gab es sicher die deutsche oder polnische Einheitsmeinung. Zum Glück haben wir das in Europa überwunden mit großem Anteil der polnischen Bevölkerung.

  9. 46.

    Der vergleich Havel mit der Oder hinkt aber gewaltig.
    Die Havel wurde so umgestaltet das natürliche Seen miteinander verbunden sind und mit den entsprechenden Schleusen ein stabiler Wasserstand gehalten wird. Nachteil quasi stehendes Gewässer, zumindest für die Dimension.
    Das hat mit der Oder und ihren Tücken extrem Niedrigwasser wie jetzt und im Vergleich bis zu 20facher Abfluss bei Hochwasser wenig zu tun.
    Zusätzlich noch der Fakt ab Stützkow ist die Oder quasi direkt vom Ostseelevel und weniger vom Zulauf abhängig.
    Die Durchlässigkeit der Oder ist ein besonderes Merkmal das im übrigen auch von der WRRL der EU gefordert wird.
    Und Grenzfluss heisst nunmal beiderseits Interessen vertreten. Die wirtschaftlichen Potenziale der Oder sind für Deutschland nunmal sehr überschaubar.
    Da sind die Effekte durch Natur- und Gewässerschutz deutlich wertvoller als hin und wieder ein Schiff.
    Geschickt bauen und bewirtschaften ja aber nicht die dauerhafte Schiffbarkeit im Vordergrund.

  10. 45.

    Zum Einen wäre es sinnvoll sich in Ihrer Wortwahl zu mäßigen. Zum Anderen haben Sie geschrieben, dass die Buhnen vor rund 300 Jahren gebaut wurden, was falsch ist, da um 1850 erst mit der Begradigung und Vertiefung der Oder begonnen wurde. Ihre Art in diesem Forum etwas beizutragen zeugt nicht gerade von einem Verständnis eines guten Diskurses, in dem man auch entgegenstehende Meinung gelten lässt.

  11. 44.

    Nein sie haben garnichts verstanden. Wir haben gerade die größte Umweltkatastrophe menschengemachter Art hinter uns und sie wollen „business as usual“ anstatt das Gehirn endlich einzuschalten.
    Wieviel Katastrophen benötigen sie noch um zu verstehen, dass ein weiter so auch für Polen schädlich ist.
    Verstehen sie das als letzte Warnung der Natur, sonst können sie ihre Schiffe schon mal vorsorglich mit Rädern ausstatten.

  12. 43.

    Das mit dem nicht Verstehen darf ich gern zurückgeben. Tusk wird von vielen Polen nicht besonders ernst genommen, hat er doch sofort erkannt, „Die PiS ist wie Quecksilber“. Das ist schon ziemlich unseriös, zumal nach aktuellem Kenntnisstand die Quecksilber-Hypothese wohl nicht als Nummer 1 gehandelt wird. Tusk rudert halt, die Polen haben ihn bekanntlich abgewählt.
    Ansonsten habe ich schon sehr gut verstanden, dass die Deutschen insbesondere der Grünen Art gern an der Oder eine wirtschaftlich nicht nutzbare Auenlandschaft haben möchten. Sie sollten erstmal versuchen, solche Konzepte im eigenen Land durchzusetzen.

  13. 42.

    Das Problem mit der Meinungsfreiheit ist, dass man die Meinung der Andersdenkenden auch aushalten muss. Das ist wirklich nicht immer einfach, aber eine notwendige Vorraussetzung.
    Solange es sich dabei auch tatsächlich um eine Meinung handelt. Und das ist in Deutschland auch nicht neu sondern ein hohes Gut, was sie an zahlreichen Beschlüssen des BVerfG erkennen können, da musste Vielfach auch das Persönlichkeitsrecht zurücktreten.

    Eigentlich sollte nach so einer Umweltkatastrophe ein Lernprozess bei allen Anliegern einsetzen und zu einer neuen Verständigung führen.
    Im Zweifel bleibt nur der Rechtsweg, da stimme ich ihnen zu.

  14. 40.

    Tja, der rbb hat einige Kommentare entfernt, und außerdem wer wie was erkennt ist sehr unterschiedlich, je nach dem ...

  15. 39.

    Was haben römische Viadukte mit dem Ausbaggern eines Flussbettes gemein??

  16. 38.

    Ich glaube sie haben überhaupt nicht verstanden, was sich in und um die Oder gerade abspielt.
    Ich bezweifele, dass beispielsweise Donald Tusk nach dieser Katastrophe zur Tagesordnung übergehen würde bzw. überhaupt erst so ignorant (skrupellos) reagiert hätte, wie die Verantwortlichen aus der PiS.

  17. 37.

    Wandel - und damit meine ich nicht mal den Klimawandel - ist für Sie konzeptionell nicht greifbar, oder? War schon immer so, muss auch weiterhin genau so bleiben ... zu doof, dass auch der Wandel schon immer dazu gehörte und darum derartige Argumente komplett nutzlos sind, weil sie sich selbst widersprechen. Wenn sich Umstände ändern, muss man diese in ihrer aktuellen Form betrachten und nicht sie ignorieren, nur weil irgendwas seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden so oder so gemacht wurde.

  18. 36.

    Ich habe noch einen Nachbrenner, weil ja sooo viele vom Grundwasserspiegel sprechen. In den 1970er Jahren war die Oder bereits so versandet, dass das Flussbett in Höhe Hohenwutzen - Neuranft ca 8m höher lag, als die Erdoberfläche des Oderbruchs.
    In den 1970er Jahren wurden die Vorflutflächen dort melioriert und als Ackerfläche von den LPG'n und heutigen Agrargenossenschaften angeeignet. Damit wurde die Deichanlage erheblich geschwächt, Weideland für nachhaltige Tierzucht zerstört und bisher nicht zurückgebaut. Diese Vorflutbecken sind Deich- und Hochwasserschutz. Die Oder war nie und muss nicht Biotop sein. Die Vorflutbecken waren schon immer und wären weiter Biotop. Darauf sollten die umweltzerstörenden Ökos. ihre Konzentration legen.
    Der Pole betreibt Hochwasserschutz. Der Germane wird, wie gesamtpolitisch, wieder nur meckern, diskutieren und beraten, bis sich Aurith und Ratzdorf wiederholen und alles unter Wasser steht.

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