Wegen Dreck und Gestank - Wanderfalken sollen Tauben aus Bernauer Fahrradparkhaus vertreiben
Im Fahrradparkhaus in Bernau hausen seit Jahren viele Tauben. Sie sorgen für Dreck, Gestank und vergraulen Rad-Absteller. Ein Wanderfalkenpaar soll die lästigen Vögel jetzt vertreiben - eine Maßnahme, die Experten nicht für zielführend halten.
Mit Falken nach Tauben jagen - mit dieser Methode möchte die Stadt Bernau (Barnim) das Taubenproblem in ihrem Fahrradparkhaus am Bahnhof lösen. Ein entsprechender Beschluss dafür wurde Anfang September in der Bernauer Stadtverordnetenversammlung gefasst [sessionsnet.krz.de].
Ziel sei, mit der Ansiedlung eines Wanderfalkenpaars (Falco Peregrinus) für weniger Taubendreck am Bahnhof zu sorgen, hieß es im Beschlussvorschlag von der CDU-Fraktion. Der Bernauer Hauptbahnhof, das Fahrradparkhaus und das Umfeld seien seit Jahren "verdreckt", einige Stellen gar "vollgekotet", so die Begründung. "Deshalb soll die Stadt durch den Erwerb und die Montage mindestens eines Wanderfalkennistkastens die Ansiedlung eines Wanderfalkenpaares unterstützen." Die Raubvögel könnten "auf natürlichem Wege" helfen, die Taubenpopulation zu reduzieren.
Stadt soll Nistkasten kaufen und aufhängen
"Wanderfalken ernähren sich unter anderen auch von Tauben", erläuterte Daniel Sauer, CDU-Stadtverordneter in Bernau, dem rbb. Seine Fraktion schlägt gleich zwei Orte für einen Falken-Nistkasten vor: einen Schornstein und einen alten Wasserturm.
Vonseiten der Stadt hieß es, es solle aber zuerst mit Naturschutz-Fachleuten gesprochen werden. Die Kosten für den Nistkasten dürften "im unteren dreistelligen Bereich" liegen, hieß es aus der Stadtverwaltung.
Verschiedene Maßnahmen gegen Taubendreck
Der Falkeneinsatz ist nicht der erste Versuch der Stadt, gegen den Taubendreck vorzugehen. Immer wieder wird aufwändig gereinigt. Im Fahrradparkhaus wurde zudem ein Verschlag für die Tiere errichtet, damit die sich nicht so oft im Abstellbereich der Räder aufhalten. Dafür wurde auf dem Dach des Fahrradparkhauses ein "Taubeneinflug" installiert. Betreute Taubenschläge sind ein bewährtes Mittel, um die Zahl der Tauben zu kontrollieren, sie haben in Städte wie Aachen und Augsburg Erfolg gezeigt - doch in Bernau hat es offenbar nicht so gut geklappt.
Dort stehen weiterhin viele mit Taubenkot beschmutzte Fahrräder, es riecht unangenehm. "Mit der Zeit wurde es immer verdreckter", schilderte die Bernauerin Vivien Jost dem rbb die Situation. "Die Tauben haben ihre Nester gebaut und dann habe ich einfach für mich entschieden, dass es praktischer ist, das Fahrrad draußen hinzustellen."
Kritik an Plänen der Stadtverordnetenversammlung
Die Idee, das Problem mithilfe von Falken zu lösen, hält die Stadttaubenhilfe in Bernau allerdings für "reinen Aktionismus" und "grob fahrlässig" [facebook.com]. Die Stadttaubenhilfe bemüht sich zurzeit darum, die Population zu verringern, indem sie Brutkästen im Treppenhaus des Fahrradparkplatzes einrichtet. Dort werden Taubeneier gezielt durch Gipsattrappen ersetzt. Jede Woche würde so das Schlüpfen von etwa zehn Küken verhindert, sagt Susanne Hegewald von der Taubenhilfe dem rbb. Dadurch würden die Tauben nach und nach immer weniger.
Doch dieses Konzept würde durch den Falken gefährdet, kritisiert Susanne Hegewald. "Die Idee mit den Falken ist in unseren Augen ganz großer Unsinn, weil das unser Projekt komplett torpedieren würde. Die Tauben würden sich hier nicht mehr sicher fühlen." Stattdessen würden die Vögel ihre Nester wohl im Stadtgebiet verteilen und ein Austauschen der Eier sei nicht mehr möglich.
Falken als Gefahr für Brieftauben
Auch die Bernauer Taubenzüchterin Ursula Fiedler bezweifelt, dass der Falken-Plan aufgeht. Sie fürchtet, dass der Falke stattdessen eher ihre Brieftauben angreift, weil diese höher fliegen würden als die Bernauer Stadttauben. "Ein Wanderfalke nimmt immer in der Luft oben, nicht weiter unten", sagte Fiedler dem rbb.
Ursula Fiedler trug in der Stadtverordnetenversammlung sogar ihre Bedenken vor - da war die Ansiedlung aber schon beschlossen. "Richtig ist, dass in der Fragestunde auch noch Vertreter eines Taubenzuchtvereins aus Bernau sich zu Wort gemeldet haben", räumt Antragsteller Sauer von der CDU ein. Da sei die Abstimmung aber schon durch gewesen - wegen der zeitlichen Reihenfolge der SVV.
Auch die Stadttaubenhilfe zeigt sich nach dem Beschluss frustriert. Zum einen hätten Versuche in anderen Städten keinen "nennenswerten Erfolg verzeichnet", so dass kein Nutzen zu erwarten sei. Zum anderen könnte er noch schaden: "Alles, was wir jetzt in den Anfängen schon geschafft haben", sagt Susanne Hegewald, "würde sich komplett in Luft auflösen."
Sendung: Brandenburg Aktuell, 13.09.2022, 19.30 Uhr
Mit Material von Helge Oelert