Annalena Baerbock an der Oder - Vorkommen des Baltischen Goldsteinbeißers in Deutschland wahrscheinlich erloschen

Do 01.09.22 | 21:37 Uhr | Von Von Fred Pilarski
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Die Alte Buhne in Reitwein
Video: rbb|24 Brandenburg Aktuell | 01.09.2022 | Fred Pilarski | Bild: rbb

Annalena Baerbock hat sich Donnerstag über die Situation an der Oder nach dem Fischsterben informiert. Reitwein ist ein besonderer Ort: Dort gab es nicht nur auf polnischer, sondern auch auf deutscher Seit Eingriffe in den Fluss. Von Fred Pilarski

Einen persönlichen Eindruck wollte sie gewinnen von der Situation an der Oder. Nicht als Bundesaußenministerin sei Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) nach Reitwein (Märkisch-Oderland) gekommen, sondern als Brandenburger Bundestagsabgeordnete.

Der Oder sei die deutsche Innenpolitik ziemlich egal und die polnische auch, sagte die Grünen-Politikerin: "Aber für die Oder ist wichtig, dass wir dieses sensible Ökosystem für die Zukunft erhalten."

Zerstörungen durch Militärübungen

Die Stelle, an der sich Baerbock über die Oder informierte, hat eine besondere Geschichte. Während des Kalten Krieges trainierten die Warschauer-Pakt-Armeen bei Reitwein Flussüberquerungen und zerstörten mit amphibischen Kettenfahrzeugen und Pontonbrücken die Ufer. Alte Buhnen, die den Fluss bis dahin in der Mitte hielten, zerbröselten zu kleinen Inseln. Der Natur kam das zugute. Unter Binnenschiff-Kapitänen war die Stelle allerdings gefürchtet: Durch die chaotischen Strömungsverhältnisse waren dort immer wieder Schiffe auf Grund gelaufen.

Diese Problemstelle wurde auf deutscher Seite schon vor einigen Jahren entschärft. Mit einem Parallelwerk, einer Art Mole, die mehrfach durchbrochen ist. Das Ergebnis: Ruhige Flachwasserzonen und stärker durchströmte Bereiche wechseln sich im Schutz des Parallelwerks weiterhin ab. Die kleinen Inseln konnten erhalten werden.

Bis zur Umweltkatastrophe beobachteten Wissenschaftler an dieser Stelle eine reiche Fischfauna. Darunter das einzige Vorkommen des Baltischen Goldsteinbeißers in Deutschland.

Population des Goldsteinbeißers wohl erloschen

"Ich befürchte, dass die Population erloschen ist, weil sie sehr klein war", sagt der Wissenschaftler Christian Wolter vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei. "Hier kamen zwei Dinge zusammen. Der Ausbau der Oder und die Giftwelle. Und wir wissen noch nicht, was überlebt hat von der Population."

Vor der Vergiftung konnte die Reitweiner Vorzeigebuhne die Fische und Muscheln also nicht schützen. Vor dem Niedrigwasser im Sommer auch nicht. Und erst recht nicht vor dem Stress durch die Baggerarbeiten während der Laichzeit im Frühjahr - genau gegenüber auf der polnischen Seite. Dort wurden seit März konventionelle Buhnen aufgeschüttet, die das Wasser in die Strommitte lenken sollen – ein Teil des umstrittenen polnischen Ausbauprogramms, mit dem die Oder vertieft werden soll.

Wenig Hoffnung auf Ausbaustopp

Manche Naturschützer halten selbst die sogenannte Ökobuhne in Reitwein für einen überflüssigen Eingriff in den Fluss. Für die Experten der Bundeswasserstraßenverwaltung schien sie bislang eine Möglichkeit zu sein: dass sich Schifffahrt und Natur doch noch miteinander versöhnen lassen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock informiert sich in Reitwein über das Fischsterben in der Oder.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock informiert sich in Reitwein über das Fischsterben in der Oder. | Bild: rbb

Die Hoffnung, mit der polnischen Seite über den Ausbau der Oder grundsätzlich ins Gespräch zu kommen, scheint derzeit allerdings gering. Beim jüngsten Treffen der der deutschen und polnischen Umweltministerinnen vergangene Woche in Bad Saarow (Oder-Spree) gab es in dieser Hinsicht kein Entgegenkommen von polnischer Seite.

Friedliches Zusammenleben

Während Bundesumweltminsterin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) einen Ausbaustopp für die Oder fordert, äußert sich Annalena Baerbock in Reitwein zurückhaltend diplomatisch: Es sei ein Segen, dass beide Länder an dem Fluss friedlich zusammenleben, betont sie. In diesem Geist müsse die Zusammenarbeit gestaltet werden. Gleichzeitig gelte jedoch auch an der Oder europäisches Umweltrecht.

Das könnte ein indirekter Hinweis auf die Europäische Wasserrahmenrichtlinie sein, nach der Eingriffe in Gewässer keinesfalls zu einer Verschlechterung der Wasserqualität führen dürfen.

Sendung: rbb|24 Brandenburg Aktuell, 01.09.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Von Fred Pilarski

24 Kommentare

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  1. 24.

    Oh Gott, wenn das so ist, muss man ja Angstzustände bekommen. Wenn man aber tatsächlich alles beobachtet, ist da was dran.

  2. 22.

    3. hat sie ein Büro in Frankfurt genau das Frankfurt was an der Oder liegt.
    Leute, man muss die Frau nicht mögen, aber man sollte sich schon einig sein. Wollen wir Politiker und innen die aus dem Leuchtturm Berlin regieren oder welche die wenigstens so tun als ob sie sich selbst ein Bild von der Lage machen?
    Andere mit echter Fachkenntnis haben wir nunmal nicht.
    Welcher Fachmann/Fachfrau geht auch in die Politik wenn er/sie in der Wissenschaft oder Technik viel mehr bewegen kann.

  3. 21.

    Der Goldsteinbeißer sollte besser geschützt werden. Frau Baerbock hat sicher eine Idee, wie er gerettet werden kann!

  4. 20.

    In Person Brandenburgerin ist besser als, als Aussenministerin.
    Da weiss man auch nicht so recht, ob sie den Wahlkreis überhaupt noch vertritt.

  5. 19.

    Unfassbar, wie diese unausgebildete Amateurin hier wieder sich als Nebenumweltministerin populistisch an die Oder stellt, wie Schröder damals. Hat die nichts anderes in der Außenpolitik zu tun? Oder macht sie jetzt ein auf Maas, einfach so überall mit zu quatschen. Ihre s... egal Wähler nehmen ihr das sowieso nicht mehr ab. Und die anderen 85 % erst recht nicht.

  6. 18.

    Hat diese Ministrantin nicht gleich 1,3 Billionen mitgebracht?
    Dann wäre das auch erledigt.
    Ich hätte noch 1 Billion Schein von 1932.
    Würde der gehen?

  7. 17.

    Sie als Wähler ist der Völkerkundlerin völlig egal, hat sie gestern so rausposaunt. Also tragen Sie es wie ein Grüner und bezahlen den 10fachen Strompreis, den 50fachen Gaspreis, die Verdopplung von Lebensmittelpreisen und seien Sie glücklich, daß ihre "Brandenburgerin" alles für die Ukraine gibt.

  8. 16.

    Der Schaden ging ja noch weiter.
    Diese fatale Äußerung über ihre Wähler wird in der NDR-Tagesschau krampfhaft verschwiegen und von einigen ARD-Sendern gleich verharmlost und bagatellisiert.

  9. 15.

    Dazu noch keine abgeschlossene Ausbildung, ein paar Jahre als angebliche Völkerkundlerin.
    Was soll uns dieses Suppenhuhn bringen?
    Die sagt, ihr Wähler könnt mich mal...

  10. 14.

    Einige Kommentare hier zeigen es ganz deutlich....Frau Baerbock macht vieles richtig und das ist gut so. Wer es immer noch nicht begriffen hat das die vergangene Außenpolitik uns erst in die jetzige Lage gebracht hat wird es wohl nie begreifen.

  11. 13.

    1. Anna-Lena Baerbock wohnt in Potsdam, und ihr Wahlkreis umfasst Teile von Potsdam, Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming. Sie kann sich insofern als Brandenburgerin bezeichnen.
    2. Die Oder ist ein deutsch-polnischer Grenzfluss (falls das hier einigen noch nicht klar gewesen sein sollte…). Natürlich fallen Probleme, die die Oder betreffen, unter anderem auch in den Zuständigkeitsbereich des Außenministeriums, da diesbezüglich Gespräche mit einem anderen Staat geführt werden müssen.

  12. 12.

    Betrachtet man nun noch einmal rückwirkend die Umweltkatastrophe, dann stellt sich die Frage warum von polnischer Seite die mehr als 280 illegalen Einleiter über die Jahrzehnte nicht beseitigt wurden und warum es auf Grund einer groben Fahrlässigkeit zur Einleitung von enormen Salzlasten mit der Folge der Algenblüte gekommen ist. Zudem hat die Entscheidung des polnischen Gerichtes einen nicht unerheblichen Beigeschmack, da sie auf angeblich verbesserte Naturschutzbedingungen forderte!

  13. 11.

    Traditionelle Wasserbaumassnahmen schaden sowohl dem Grundwasser als auch der Fauna und Flora im Fluss. Die polnische Seite hätte durchaus von den Ausbaumassnahmen auf der deutschen Seite profitieren können. Zu dem frage ich mich wieso nach über 30zig Jahren hier die polnische Seite an die Behebung von Manöverschäden denkt? Hier haben sich Biotope entwickelt, die nun durch die Umweltkatastrophe und den traditionellen Ausbau unrettbar zerstört wurden. Teil 2 folgt

  14. 10.

    Die richtet schon als Außenministerin genug Schaden an , da soll sie sich bitte aus alle anderen Dinge raushalten .

  15. 9.

    Man muss nicht an die Oder fahren, um zu wissen, das Krieg umweltschädlich ist. Wer immer und überall seine Meinung sagt ist kein Diplomat, weil man eskalierend immer wieder „Öl ins Feuer gießt“. Das kann man hier im Kommentarbereich machen. Auf internationaler Bühne ist dies letztlich Umweltschädlich. Noch dazu wenn man
    gar nicht gefragt ist/wurde... Dann wirkt es wie eine Inszenierung von sich selbst.

    P.S. Der Artikel hier suggeriert unterschwellig eine Gut/Böse Einteilung, ohne die andere Seite zu verstehen, ja man fragt noch nicht mal nach.

  16. 8.

    Aber sie meinte doch, dass sie als Brandenburgerin gekommen ist. Vielleicht weiss sie schon mehr!
    Der Hinweis im Bericht auf die Militärmanöver des Warschauer Paktes kann nicht nur, sondern muss in Zukunft verallgemeinert werden. J e d e Bewegung mit Kriegsspielzeug ist ein Frevel für Mensch und Natur. Wäre gut, wenn ein Außenminister/-in seine Kräfte dafür bündelt.

  17. 7.

    Gerade erst hat die BM-in des Auswärtigen der Ukraine noch einmal schwere Waffen und militärische Hilfe über Jahre (!) hin versprochen und dass Sie Putin ruinieren will. Egal wie sich die Lage über die Monate entwickelt, die Möglichkeit von Waffenstillstands-, Friedensgesprächen etc. somit von vornherein ausgeschlossen. So zu sagen, eine Absage an diplomatische Anstrengungen aus ihrem Haus. Steht es nicht in der Arbeitsbeschreibung für dieses Amt in einer Wahlperiode von in der Regel 4 Jahren drin?
    Stattdessen Fischsterben und kleiner baltischer Goldsteinbeißer in der Oder!?

  18. 6.

    Es ist grauenhaft. Als Außenministerin hat sie gerade in letzter Zeit genug Schaden angerichtet und nun steckt sie ihre Nase noch in Umweltfragen. Wann wird die Dame endlich zurückgepfiffen? Aber bei solch einem Kanzler wird das wohl nie geschehen. Der ist ja auch dankbar für jeden Satz den er nicht formulieren muss.

  19. 5.

    Die Dinge beim Namen nennen, das können die deutschen Öffentlichkeitsarbeiter-/Innen^^ nicht. Aus Mord wird Totschlag, aus Vorsatz wird Fahrlässigkeit, aus Abbruch wird Unterbrechung, aus Ausrotten wird eben “Erlöschen”. Schönes heiles Deutschland… ;-(

  20. 4.

    Die Dame ist in erster Linie AUSSENMINISTERIN!!!Bitte nicht hier auch noch mitmischen!!!

  21. 3.

    "sondern als Brandenburger Bundestagsabgeordnete" Was hat Frau Baerbock mit Brandenburg zu tun? Die Großeltern kamen wohl aus Schlesien und sie hat ihr ganzes Leben keine Verbindung zur Mark Brandenburg gehabt. Wie soll Sie denn genuine Interessen der Mark vertreten, mit denen sie gar nicht aufgewachsen ist und auch von der Famile nichts dazu mitbekommen hat?

  22. 2.

    Ich hatte es schon fast befürchtet.
    R.I.P, du kleiner Baltischer Goldsteinbeißer.

  23. 1.

    Statt von Erlöschen sollte man wohl besser von Ausrotten sprechen.

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