Streit um neue Windkraftanlage - Crussow will keine weiteren Windräder

Do 20.10.22 | 17:06 Uhr
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Archivbild:Windkraftanlagen bei Crussow am 28.10.2015.(Quelle:imago/C.Thiel)
Audio: Antenne Brandenburg | 20.10.2022 | Mandy Haberland | Bild: imago/C.Thiel

Erst 6, dann 13, jetzt 19 Windräder: Im uckermärkischen Crussow wird gegen eine geplante weitere Windkraftanlage protestiert. Mit wenigen Erfolgsaussichten: Nach Plänen der Landesregierung soll der Windkraftausbau priorisiert werden.

Crussow ist ein 560-Seelen-Ort, ganz im Nordosten von Angermünde. Man sieht hier eine Kita, einen Sportplatz, das Gemeindehaus und die kleine St.-Annen-Kirche mit ihrer grauen Fassade. Doch richtet man den Blick etwas nach oben, sind 13 riesige Windräder kaum zu übersehen: Sie stehen keine 800 Meter von den Häusern entfernt auf einem flachen Hügel.

Ursprünglich ging es am Ortsrand von Crussow mit sechs Windrädern los, dann verdoppelte sich die Anzahl. Und nun sollen nordlich von der alten Anlage sechs weitere Windräder hinzukommen. 250 Meter höhe Stahlriesen, weithin sichtbar. Wenn der Wind richtig steht, ist das Schaufeln der Propeller deutlich bis in den Ort zu hören.

Rainer Ebeling steht auf der Straße und blickt etwas versonnen in die Ferne. Er ist Mitglied der Bürgerinitiative "Crussow lebenswert", die sich gegen den Windkraftausbau einsetzt. Die ersten sechs Windräder seien nicht schön gewesen, aber es habe ansatzweise noch Akzeptanz dafür gegeben, sagt Ebeling. Die Ausbaupläne gehen ihm aber zu weit, er beschreibt den Windkraftausbau im Dorf als "Verspargelung" der Landschaft, die industrialisiert werde. "Das nehmen wir nicht mehr hin", sagt er.

Regionalplanentwurf macht Windkraftausbau möglich

Das bisherige Windfeld in Crussow wird im neuen Regionalplanentwurf für Barnim und die Uckermark [uckermark-barnim.de] nicht mehr als solches aufgeführt. Dennoch dürfen die alten Turbinen stehen bleiben und weiter Strom produzieren. In unmittelbarer Nachbarschaft sollen die neuen Windräder hinzukommen – ohne die ursprünglich vereinbarten Abstandsflächen. Durch die Planfestlegung seien "voraussichtlich keine erheblich negativen Umweltauswirkungen" in Crussow zu erwarten, so der Entwurf.

"Das Problem ist bloß, dass wir hier 345 Anlagen außerhalb dieser neuen Regionalplanung haben. Das heißt 345 Anlagen, die zusätzlich hier noch stehen und auch stehen werden und stehen bleiben", fasst Ebeling die Situation in Brandenburg zusammen.

"Vorranggebiete" für Windkraftanlagen

Viele Chancen hat die Bürgerinitiative wahrscheinlich nicht. Denn der Brandenburger Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU) hat einen neuen Plan für den Windkraftausbau. Demnach sollen bald sogenannte Vorranggebiete für Windkraftanlagen ausgewiesen werden, wie das Brandenburger Innenministerium am Montag mitteilte.

In den Gebieten sollen Windräder vor anderen Nutzungen – wie zum Beispiel neue Straßen – kommen. Gleichzeitig soll es ab Februar 2023 auch keine Ausschlussplanung mehr geben. Viele Gebiete sollen damit für die Windkraft infrage kommen. "Je früher die neuen Regionalpläne fertig sind, desto besser können sie den Ausbau der Windenergienutzung steuern", sagte Beermann.

"Wir werden vor vollendete Tatsachen gesetzt"

Doch der Infrastrukturminister ist nicht allein mit seinen Plänen. Auch die Bundesregierung will die verfügbare Fläche für den Windkraftausbau deutlich erweitern. Im Koalitionsvertrag hat sie zwei Prozent der Landesfläche dafür vorgesehen. Mit dem "Gesetzt zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windkraftanlagen an Land" schuf der Bund im vergangenen Juli die Grundlage dafür.

Gegenwind bekommen in Crussow diese Pläne jedoch nicht nur von der Bürgerinitiative. Auch der Ortsvorsteher Dieter Granz zeigt seinen Unmut über die Ausbaupläne: "Wir werden vor vollendete Tatsachen gesetzt und müssen damit leben. So ist es." Er fürchtet, dass die Stimmung in der Bevölkerung kippen könnte, wenn die Windräder einfach so gebaut werden: "So, wie die Politik es macht, gefällt es den Bürgern nicht."

Sendung: Antenne Brandenburg, 20.10.2022, 13:11 Uhr

Mit Material von Mandy Haberland

62 Kommentare

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  1. 62.

    Was Ulf meint ist wohl das hier:
    https://www.energiezukunft.eu/erneuerbare-energien/netze/so-viel-backup-wird-bei-kalter-dunkelflaute-gebraucht/
    Technisch machbar und sogar Finanz neutral nimmt man die jährlichen Milliarden die in Subventionierung der Fossilen fließen.
    Industrieproduktion an verfügbaren Strom anzupassen ist natürlich so unmöglich wie auf den Mond fliegen....

  2. 61.

    Deshalb wird ja auch in Rüdersdorf getestet, was US-Amerikaner seit 50 praktizieren: Wasserstoff in Salzkaverne speichern.

    Dabei reduziert sich die Zeitspanne der kalten Dunkelflaute, die überbrückt werden müsste, in einem EU-weitem EE-Verbund auf zwei Wochen.

  3. 60.

    In Afrika gibt es allerdings auch keine Wasserstoffquelle. Der würde dort ebenfalls mittels Elektrolyse erzeugt werden.

    Auf die Kernfusion als mittelfristige Lösung würde ich nicht setzen. Daran hat sich schon so mancher die Zähne ausgebissen oder dem ZK gar falsche Hoffnungen geweckt. Sie erinnern sich? Selbst wenn ITER funktioniert, wäre das etwas für die zweite Hälfte des Jahrhunderts. Bis dahin werden noch viele WKA das Ende der Wechselfestigkeit erreichen.

  4. 59.

    Ihre Maske fällt immer sehr schnell bei Themen rund um die Energiewende oder beim Ausbau des ÖPNV.

  5. 58.

    Aus einem Fachmagazin. Was bedeutet eine Dunkelflaute,einen tiefen Einbruch in der Stromeinspeisung durch Wind u. PV Anlagen auf Grund lange anhaltenden schwachen Windes und Sonne oder Jahreszeit bedingter Dunkelheit. Treffen geringes Angebot und hohe Nachfrage aufeinander spricht man von einer kalten Dunkelflaute. Diese treten laut dt Umweltbehörde besonders im Zeitraum 23. Jan-6. Feb auf. Längste war 3,5 Monate Sep, Okt und Dez 2014. In diesem Zeitraum müssen konventionelle Kraftwerke die Stromnachfrage decken. Der größte Batteriespeicher in DE hat eine Kapazität von 0,001-0,02 GWh und somit ungeeignet Strom länger zu liefern. Fakten halt !!

  6. 57.

    Erst produziert man Strom-z. B. mit WKA um damit per Hydrolyse H2 zu produzieren um den dann wieder zur Stromerzeugung zu verbrennen ? Bissel sehr lustig. H2 per Pipeline aus Nordafrika ? Im Prinzip geht alles aber funktionierende Fusion wäre der Retter.

  7. 56.

    Ein heißes Bügeleisen ist ein kleiner Speicher. Ahnen Sie nun was ich meine ?

  8. 55.

    Hört doch mal endlich auf damit auf fehlende Großspeicher zu verweisen. Ihr wundert euch in die rechte Ecke gestellt zu werden, plappert aber dauernd deren Unsinn nach.
    Fehlende Speicher sind ein Problem bei EE Ausbau größer 80% , wo stehen wir heute ?
    Genau so bescheuert die Argumentation "Dunkelflaute".
    Wer kein Nazi ist darf zweifeln, sollte dann aber auch gewillt sein sich Fakten basiert zu informieren.

  9. 54.

    Danke. das musste mal geschrieben werden. Was ein Akkupack für das Handy ist sind Großspeicher für eine sichere Energieversorgung. Ewig können wir nicht Erdgas verbrennen. Große Reserven ergeben sich auch dadurch, dass man nur Dinge produziert, die Sinn haben und wirklich benötigt werden. Unverkäufliche "Mode" wird nach wie vor irgendwo abgelagert und verrottet dort oder die Armen in diesen Regionen bedienen sich da. Vollplastikschlitten ist auch eine Fehlproduktion; ein guter Schlitten aus Holz ist bei uns schon über 30 Jahre in Verwendung. (Noch DDR-Produkt )

  10. 53.

    Die Nazis hat Wossi in die Diskussion eingeführt und bestreitet, dass die BI etwas mit Vernunftkraft zu tun habe. Schauen Sie mal bei denen auf der Homepage vorbei.

    Gaskraftwerke sind für den zukünftigen Ausbau vorgesehen. Dies Gaskraftwerke sollen perspektivisch grünen Wasserstoff nutzen. H2-Großspeicher als Salzkaverne betreiben von Firmen wie Linde oder Air Liquide existieren seit 50 Jahren, nur leider nicht in Deutschland. Hier forscht man noch z.B. in Rüdersdorf.

    In die aktuelle Lage haben uns zwei wesentliche Themenbereiche gebracht: Die maroden AKW in Frankreich und der Energiekrieg von Putin, den er spätestens im Sommer 2021 begonnen hatte. Hinzu kommen noch Versäumnisse nach dem von CDU/CSU und FDP 2011 beschlossene Atomaussteig.

  11. 51.

    Geht's auch mal irgendwann wieder ohne diese ständige dämliche Nazi-Keule? Es nervt einfach nur, wenn diese statt eines Arguments hervorgebracht wird, im Glauben, damit wäre die Diskussion zu beenden. Nicht jeder, der die aktuelle Energie"wende" kritisiert, ist rechtsorientiert und auch nicht grundsätzlich dagegen. Es geht um das Wie, nicht um das Was und da läuft im Moment sehr wohl so vieles falsch, dass es kritisiert werden muss. Die bisherigen Maßnahmen sind nicht mal im Ansatz geeignet, die konventionelle Stromerzeugung zu ersetzen und haben uns erst in die aktuelle Lage der Energieknappheit gebracht. Denn wesentlicher Bestandteil der bisherigen Planungen war der massive Ausbau von Gaskraftwerken als Rückgriff für Flauten. Das können andere Kraftwerke nämlich nicht leisten. Als Antwort darauf jetzt noch mehr EE-Anlagen hinzupflastern, verschärft diesen Konflikt noch weiter, wenn nicht endlich realistische Großspeicher umgesetzt werden. Da hapert es noch sehr lange!

  12. 50.

    Ja ja Herr Neumann:
    Und wer nicht gendert ist rechts?
    An dieser Stelle sollte man sich trennen...

  13. 49.

    Bei den nächsten Wahlen einfach besser aufpassen, welche Partei = welche Interessen der Bürger:innen vertritt ! Nicht einfach drauflos wählen, sondern die Wahlziehle der Parteien hinterfragen.

  14. 48.

    Oh, wieder erwischt? Das Problem hier sind vernunftkräftige Menschen wie die BI "Crussow lebenswert", die mit Halbwahrheiten und Lügen wie eben den 10 Vernunftkraft-Thesen hausieren gehen. Das Gefahrenpotenzial erkennt man leicht, die Anhänger fossiler Energien werden vom rechten Rand gerne bedient. Die schwurbeln gerne von Energiemix und überlasteten Gerichten, wollen aber im Prinzip WKA ganz banal so weit als möglich verhindern.

  15. 47.

    Ja - Wenn die Demokratie, nicht mehr den Einzelnen vertritt und nur noch auf der Suche nach Mehrheiten ist. Eine von Windenergie nicht betroffene Mehrheit, zwingt einer von Windrädern betroffenen Minderheit, weitere Windräder auf. Schlussfolgerung: die Minderheit von Betroffenen durch Windräder, wird nicht mehr durch eine demokratische Gesellschaft, vertreten !!!

  16. 46.

    Das Stauseebeispiel in NRW ist gut geeignet, warum Wikipediawissen nicht ausreichend ist, nichteinmal eine kurze Recherche führt zur Erklärung. Man muss den komplexen Zusammenhang erst erarbeiten. Im Ruhrpott wurde viel Energie für die Stahlindustrie gebraucht. Die Nazis wollten aufrüsten. Rigoros wurden für Stauseen die Leute umgesiedelt. Und wenn man dann die Entwicklung der Wahlergebnisse in den betroffenen Gebieten sich ansieht, erkennt man einen Zusammenhang. Es ist kompliziert zu verstehen, aber meine Kernaussage ist: Diejenigen, die andere „über den Tisch ziehen“, legal oder illegal, werden politisch abgestraft, in die eine oder andere Richtung ist dann egal. Wollen Sie das Gefahrenpotential erkennen?

    P.S. Sie argumentieren an den wirklichen Problemen vorbei und erreichen dann das Gegenteil.... Zielerreichung ist nicht so Ihr Ding?

  17. 45.

    Der Ausbau der Windenergie ist doch überhaupt gar kein Problem - wenn er denn, gerecht vor sich geht - Das ist aber das entscheidende Problem. Große und damit politisch starke Städte und Landkreise/kreisfreie Städte, verhindern Windräder und dadurch tragen die Hauptlast der Windenergie, die kleinen und schwachen Kommunen. Wenn Windkraft so toll ist, dann stellt die Windparks endlich flächendeckend in Deutschland auf, fangt mit den Wohnorten der Politiker an, sucht euch keine Alibis wie Wälder, Moore, schützenswerte Landschaften, Denkmalschutz, usw. endlich Gerechtigkeit beim Ausbau der Windenergie und nicht nur immer, dieselben Regionen vollbauen, verschandeln und damit in ihrer Entwicklung behindern. Windenergie, Flächendeckend in Deutschland und das ohne irgendein Alibi.

  18. 44.

    Bewusst vermischen Sie gerne Altanlagen mit Neubauten, weil Sie keine anderen Argumente haben.

  19. 43.

    Warum soll ich mit zweierlei Maß messen? Weil Ihnen sonst die Sachargumente ausgehen? On Topic habe ich auch die Klimaschutzsenatorin zum Thema WKA kritisiert wie auch den den schleppenden Ausbau des ÖPNV durch die Verkehrssenatorin.

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