"Völkische Landnahme" in der Uckermark - Unterhält der "König von Deutschland" einen Außenposten in Lychen?

Do 08.12.22 | 09:11 Uhr | Von Peter Huth und Georg-Stefan Russew
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Symbolbild. (Foto: Peter Endig/dpa)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 07.12.2022 | Peter Huth, Theresa Majerowitsch | Bild: Peter Endig/dpa

Der als "Reichsbürger" eingestufte Selbstverwalter Peter Fitzek, in der Öffentlichkeit auch als selbsternannter "König von Deutschland" bekannt, besichtigt Grundstücke bei Lychen. Was hat der Mann dort vor? Eine Spurensuche von P. Huth und G.-S. Russew

Es ist August 2022, im uckermärkischen Rutenberg, einem Ortsteil von Lychen, wird ein Mann mit in einem brandneuen BMW mit weißen Ledersitzen gesichtet. Der Wagen stoppt nahe dem Grundstück von Mathias Duwenhögger. "Ich saß bei mir vor dem Haus auf der Terrasse und sah, wie ein Mann mit nach hinten gegeltem Haar und Pferdeschwanz aus dem Wagen stieg", berichtete Tischler Duwenhögger. Die Szenerie sei ihm auch deswegen so präsent geblieben, weil dem Wagen auch eine Frau in einem Brautkleid entstieg. Es kam dem Rutenberger sehr skurril vor.

Verfassungsschutz rechnet Fitzek den "Reichsbürgern" zu

Tage später machte es bei Duwenhögger klick: In einer TV-Reportage erkannte er den Mann mit gegeltem Haar und Pferdeschwanz wieder. Es war Peter Fitzek - selbsternannter "König von Deutschland" und "Selbstverwalter".

Der sächsische Verfassungsschutz rechnet Fitzek den "Reichsbürgern" zu. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat ihm mehrfach unerlaubte Geschäfte seiner "Gemeinwohlkasse" untersagt.

Verfassungsschutz alarmiert

Fitzeks "Königreich Deutschland" hat seinen Sitz in Wittenberg (Sachsen-Anhalt). Vom sächsischen Verfassungsschutz heißt es, dass "Königreich" leugne die geltenden Rechts- und Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland.

"Es will pseudo-legitimierte Parallelstrukturen zu real existierenden staatlichen und wirtschaftlichen Strukturen wie beispielsweise dem Steuer- und Finanzwesen sowie dem sozialen Sicherungssystem aufbauen", beschrieb es der sächsische Landesverfassungsschutzchef Dirk-Martin Christian im März in einer Art Warnschreiben an Kommunalpolitiker. Fitzek sei für seine Ziele auf die Ersparnisse beziehungsweise Finanzeinlagen seiner "Bewohner" zwingend angewiesen. Es bestehe die Gefahr, dass sich weitere extremistische, sektenähnliche Siedlungsgemeinschaften herausbildeten.

So hat Fitzek in Sachsen beispielsweise zwei heruntergekommene Schlösser gekauft. In Bärwalde und Eibenstock sollen "Gemeinwohldörfer" errichtet werden. Nach Fitzeks Vorstellungen sollen sich die Dörfer "unabhängig von alten Systemstrukturen versorgen". Der Verfassungsschutz ist alarmiert.

"Völkische Landnahme" in Rutenberg?

Ob Fitzek sich jetzt auch "Nebengelasse" seines "Königreichs" in der Uckermark zulegen will, ist nicht bekannt. Tischler Duwenhögger will aber schon den Anfängen wehren und zusammen mit seiner Frau eine sogenannte "völkische Landnahme" in Rutenberg unbedingt verhindern. Hierzu hat er mit anderen am vergangenen Donnerstag in der Evangelischen Stadtkirche von Lychen eine Infoveranstaltung durchgeführt. "Je mehr ich mich damit beschäftigt habe, umso unheimlicher ist mir das ganze Konstrukt 'Königreich Deutschland' geworden: So ein autokratisches System mit einem selbsternannten Despoten an der Spitze, der im Grunde seine Bürger abzockt und verarscht aufs Übelste", sagte Duwenhögger dem rbb dazu.

Allerdings, so vermutet es der Tischler, habe Fitzek bei seinen Nachbarn, dem Projekt "Naturscheune", seine Finger bereits im Spiel. So ergeben rbb-Recherchen, dass Peter Fitzek schon zweimal die "Naturscheune" im Lychener Ortsteil Rutenberg aufgesucht hat.

Fitzeks Bemühungen bei Verfassungsschützern bekannt

Der Brandenburger Verfassungsschutz verfolgt auch, inwieweit Fitzek nach Rutenberg greift. "Das, was er vorhat, ist die Demokratie zu beseitigen", sagte Michael Hüllen vom Brandenburger Verfassungsschutz dem rbb. "Deshalb wird die Gruppierung beobachtet. Und wir beobachten schon seit einigen Jahren, dass Peter Fitzek versucht, in den ostdeutschen Bundesländern - auch in Brandenburg - entsprechende Grundstücke, Häuser und Ländereien aufzukaufen."

Fitzeks Mittelsmann des Öfteren in Rutenberg gesichtet

Pikant ist auch eine andere Beobachtung Duwenhöggers. Immer wieder soll in der "Naturscheune" ein Mittelsmann von Fitzek aufgetaucht sein, der Immobiliendeals nie selbst tätigt. Bei diesem soll es sich nach Angaben des Tischlers um Dirk Schneider handeln. Dieser soll nach rbb-Recherchen immer wieder bei Grundstücksangelegenheiten für Fitzek auftreten. So auch in Rutenberg: "Der ist oft bei meinem Nachbarn zu Gast, heißt Dirk Schneider, fungiert als Bindeglied zwischen Herrn Fitzek und meinem Nachbarn, um sicherzustellen, dass das Projekt auch so läuft wie Herr Fitzek das gern hätte", erklärte Mathias Duwenhögger. Auf eine schriftliche Anfrage, die der rbb Schneider per Mail zusendete, antwortete er nicht.

Der Besitzer des "Naturscheune"-Hofes - Stefan Ziemer, der vor vier Jahren aus Niedersachsen in die Uckermark kam - bestätigt im rbb-Gespräch zwar Kontakte zu Fitzek, bestreitet aber, dass sein Projekt sich dem "Königreich" angeschlossen hat. Ein Indiz für das Gegenteil ist aber die sich noch im Aufbau befindliche Website der "Naturscheune" - naturscheune.info. Überschrieben ist diese mit "WaldGartenBau - Staatsbetrieb im KRD". Dabei steht KRD für "Königreich Deutschland".

Im Projekt "Naturscheune", bei dem zeitweise bis zu 30 Leute mitarbeiten, sollen ein Bioladen, ein Café, Seminarräume und Gästeunterkünfte sowie eine Gemüse-Gärtnerei entstehen. Bisher ist es eine Baustelle.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 07.12.2022, 19:30 Uhr

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Beitrag von Peter Huth und Georg-Stefan Russew

19 Kommentare

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  1. 19.

    Wer eine Razzia gegen einen versuchten Staatsstreich als "kindische Inszenierung" bezeichnet hegt wohl deutliche Sympathien mit solchen "Reichsbürgern" und/oder versucht sie zu verharmlosen.

    Das sind keine Spinner, wenn u.a. der "bewaffnete Arm" aus ehemaligen und aktiven Elitesoldaten besteht, die sehr genau wissen wie man erfolgreich Anschläge durchführt.

  2. 18.

    Er weiß zumindest, wie gesiebte Luft schmeckt. Die BAFIN hatte ihn schon öfter bei den Ohren, gab auch deshalb einige größere Polizeieinsätze mittenmang hier in WB. War 'ne Attraktion für die kleine Stadt, vor allem für die Touris, die eigentlich wegen olle Martin da waren... Vielleicht hofft der kleine Peter, daß die UM nicht so dicht bevölkert ist, wie Apollensdorf-Nord, wo sein "Reich" das ehemalige Krankenhaus okupiert hatte. Aber man sieht wieder mal, die Katze lässt das Mausen nicht.

  3. 17.

    Die kindische Inszenierung der Razzia, mit der ein „Staatsstreich“ gerade noch mal niedergeschlagen werden konnte, ist eigentlich eher zum Lachen. Dass Beamte, Behörden und Medien mitspielen, ist beschämend – und es zeigt, wie gefährdet unsere Demokratie wirklich ist. Zwei oder drei Dutzend Verschwörer planen also einen Staatsstreich; zum großen Teil Herren fortgeschrittenen Alters, die sich dem Zugriff der Polizei vermutlich mittels eines Treppenlifts entziehen wollten. Die Beschlagnahmeliste der Polizei bestätigt den Verdacht: Es wurden in 180 durchsuchten Häusern und Wohnungen eine Schusswaffe gefunden, mehrere Schreckschusspistolen, einige Tausend Euro und, ein Höhepunkt der polizeilichen Mitteilungen: Prepper-Ware.

  4. 16.

    Frage- Auf welchem Auge ist man dann blind, wenn Clans ganze Häuserzeilen in Berlin gekauft werden?
    Sogar in unserer kleinen Gemeinde im Speckgürtel von Berlin wurden diverse Reihenhäuser von gekauft- meisten sieht man nur im Sommer, wenn Ferien sind oder entsprechende Feiertage Leute dort.
    Oder nachts- und dann viel Bewegung.
    Da regt sich keiner auf - ist alles normal.
    PS- und ich bin kein Vertreter dieser Gruppe

  5. 15.

    Es stört diejenigen, die sich auch in strukturschwächeren, ländlichen Regionen gegen Rechtsextremismus einsetzen. Was bei solchen Kreisen herauskommen kann, ist doch nun wiederholt und unlängst klar: Die aktive Bekämpfung der fdGO - ganz ausdrücklich inkl. Gewalt. Das soll einem egal sein? Im Gegenteil. Rechtsextremismus ist nicht erst dann ein Problem, wenn Beteiligte Straftaten begehen.

    Ähnliche Einkaufsgebahren sieht man auch von anderen Rechtsextremen, gerade im Süden Brandenburgs. Zusätzlich gibt es noch die Gruppierung der braunen Esoteriker*innen, die völkischen Nationalismus verbreiten und sich einigermaßen Mühe geben, als friedlich verstanden werden zu wollen - sind sie nur nicht. Antidemokratische Kräfte sind zu erfassen, zu stellen und zu bekämpfen, Demokratie muss aktiv verteidigt werden. Duckmäusertum kann jedenfalls nicht das Mittel der Wahl sein.

  6. 14.

    Solchen Leuten wie dem sogenannten " König" von Deutschland muss die Gesellschaft entschieden entgegen Treten. Man hätte bei der Razzia auch diesen Reichsbürger Festnehmen sollen, mit seinem gesamten" Hofstaat "und anderen Demokratie Feinden.

  7. 13.

    Dann sollte die Bundesrepublik Deutschland, auch mal langsam darauf achten, das Häuser und Grundstücke im Osten nicht einfach nur billig aufgekauft, verschandelt und für ,,Irgendwas,, genutzt werden dürfen, sondern auch saniert, gepflegt und sich in ein ordentliches Ortsbild einfügen müssen. Aber unser eigener Staat, verdient ja schließlich an Kaufen und Verkaufen von Immobilien gut mit und die Kommunen und Städte im Osten, stehen mit diesen ,,Zuzüglern,, sowieso Allein da.

  8. 12.

    Die Landnahme bekannter Politiker zum Vorzugspreis bei Potsdam wäre wohl eher eine Untersuchung wert , was tut der fitzeck? Nichts anderes als unsere hilflosen Politiker , sich Vorteile zu verschaffen !

  9. 10.

    Sie haben wohl weder den Artikel, noch die Funktionsweise der Demokratie in Deutschland verstanden? Informieren hilft und ist möglich!

  10. 9.

    Vielleicht sind die nicht gewalttätig (noch nicht, aber Umsturzpläne lassen sich nur mit Gewalt durchsetzen!), aber kriminell ist es schon was er macht. Er betrügt nämlich seine Untertanen um ihr Geld. Auch wenn die so blöd sind ihr Geld in die Währung seines Königreichs umzutauschen (also in Luft oder Konfetti) und zu glauben, damit eine richtige Währung zu erhalten, mit der man irgendwo was bezahlen kann - aber es ist un bleibt trotzdem Betrug, selbst wenn seine Gefolgschaft dumm ist.
    Also sollte man diesen Betrüger inhaftieren.

  11. 8.

    Vielleicht sollte man ihnen lieber die deutsche Staatsangehörigkeit aberkennen, die sie ja sowieso nicht wollen. Das heißt dann natürlich, dass Arbeiten und Geld verdienen in Deutschland nicht mehr ohne Weiteres möglich ist. Sozialleistungen gibt's auch nicht. Da diese Fantasie-Reiche im Ausland nicht anerkannt sind, wird auch da nicht viel laufen. Wer sich wieder einbürgern lassen will, muss einen Einbürgerungstest inklusive Sprachtest machen. Bis dahin gibt's nur eine Duldung.

  12. 7.

    Alles ganz legal.
    Das ist einfach nur Adel-Cosplay. Dafür braucht man natürlich Ländereien als Requisite.
    Aber ist es nur harmlose Requisite oder richtet sich das auch nach außen? Schön beobachten.

    Der Staat hat keine Handhabe gegen auffällige Reichsbürger, Clans, Klimaleugner, Klimakleber, Religionsgemeinschaften usw.

  13. 6.

    Den und seine "Vasallen" hätte man gestern auch gleich mal einkassieren, alles Geld konfiszieren, Besitz meistbietend versteigern und den Erlös an gemeinnützige Organisationen spenden sollen. Ab in den Knast und lasst die brummen, sowas braucht kein Land der Welt.

  14. 5.

    Soll er doch Grundstücke kaufen. Was interessiert es? Soll doch jeder machen, wie er möchte. Solange diese Leute nicht gewalttätig werden, lasst sie doch Ihr "Reich" spielen. Wen störts?

  15. 4.

    Nach den Recherche-Ergebnissen hat ja der Handwerker keinen hilfsbereiten Nachbar, mit dem man so durch dick und dünn gehen könnte. Außerdem ist bei der Geschichte interessant, dass der gewisse Nachbar aus Niedersachsen "eingewandert" ist. Also eine wohl gestrauchelte Existenz oder wie soll man die Geschichte verstehen? Und der macht nun derart Abgedrehtes? Schwer vermittelbar. Und mit den Mitteln des Baurechtes sind derart Entwicklungen nicht zu begegnen? Wer schläft denn da? Also da sollten die Stadt-Teilgemeinschaften der Stadt Lychen echt mal wirklich zusammenstehen! Dem Handwerker ist viel Kraft und Unterstützung zu wünschen. Denn das scheint mir angesichts solcher Entwicklungen wirklich notwendig zu sein. Denn eigentlich wünscht man sich von einem Tischler, dass er begeistert von seinem Handwerk anderen Leuten hilft, dieses o. jenes Problem mit dem Holz zu lösen! Deshalb wünsche ich mir, dass der "Holzwurm" Hilfe erhält! Lychen, ganz Bbg muss zupacken!

  16. 2.

    Der wahre König Rio Reiser könnte doch Urheberrecht einklagen, in dem Fall seine Erben?

  17. 1.

    "Reichsbewegte"
    Neusprech at it's best!

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