Warnung vor erneutem Fischsterben - Woidke und Schwesig fordern weitere deutsch-polnische Oderkonferenz

Mo 17.04.23 | 19:49 Uhr
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Audio: Antenne Brandenburg | 17.04.2023 | Fred Pilarski und Dilan Polat

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und seine Amtskollegin aus Mecklenburg-Vorpommern warnen in einem Brief davor, dass sich die Katastrophe in der Oder wiederholt. Es bedürfe unbedingt einer deutsch-polnischen Oderkonferenz.

Experten sind sich einig: Das Fischsterben in der Oder kann sich wiederholen. Davor warnen nun auch die Regierungschefs von Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg - Manuela Schwesig und Dietmar Woidke (beide SPD). Beide haben sich in einem Brief an Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) gewandt und um ihre Unterstützung gebeten. Sie wollen Lemke dazu bewegen, noch vor dem Sommer zu einer deutsch-polnischen Oderkonferenz einzuladen. Darüber hatte die "Märkische Allgemeine" zuerst berichtet.

Eine erste von den Grünen Ende März initiierte Oderkonferenz habe gezeigt, dass Gespräche auch mit der polnischen Politik und Umweltverbänden sehr wichtig seien. Dieser Prozess müsse dringend fortgesetzt werden, sind sich Woidke und Schwesig einig.

Unter anderem hatte Umweltministerin Lemke auf der ersten Konferenz Maßnahmen angekündigt, mit der sie weitere Katastrophen an der Oder verhindern wolle. So soll ein grenzüberschreitendes Frühwarnsystem erarbeitet werden, mit dem unter anderem die Temperatur der Oder kontinuierlich überwacht wird. Zudem hat Lemke Polen zu einer Verringerung der Salzeinleitungen gedrängt.

Experten bestätigen Woidke und Schwesig

Im vergangenen Jahr wurden infolge einer Umweltkatastrophe 350 Tonnen toter Fische angeschwemmt. Faktisch alle großen Fische gingen ein. So starben beispielsweise die Welse aber auch ein großer Teil der Muscheln und Schnecken in der Oder.

Woidke und Schwesig machten in ihrem Brief deutlich, dass die Oder-Katastrophe "schwerwiegende und langfristige Auswirkungen" auf das lokale Ökosystem hatte. An den wirtschaftlichen Folgen hätten Fischer und Tourismusanbieter in der Region noch immer zu tragen, hieß es in dem Papier. "Wir müssen unbedingt dafür Sorge tragen, dass sich so etwas nicht wiederholen kann", hieß es weiter.

Diese Einschätzung teilen unter anderem Experten der Umweltorganisation Greenpeace und des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). Sie warnen davor, dass sich die Umweltkatastrophe jederzeit wiederholen könnte, wenn sich nichts ändert.

Die giftige Goldalge, auf die das Fischsterben unter anderem zurückzuführen ist, hat sich im Fluss festgesetzt, betonen sie. Zudem habe Polen den Salzeintrag in die Oder noch immer nicht gestoppt. Insgesamt ist die Oder als äußerst fragiles System zu bewerten, so die IGB-Gewässerökologen. Wenn es ähnliche Bedingungen wie im vergangenen Sommer gäbe, sei die nächste Umweltkatastrophe vorprogrammiert.

Aus Expertensicht droht eine Wiederholung, wenn die Wasserstände der Oder sinken, es wärmer wird und die Salzkonzentration im Wasser steige. Dann fände die Goldalge wieder nahezu ideale Bedingungen und blühe auf. In der Folge würden Fische erneut vergiftet.

Erneutes Fischsterben in der Region Wroclaw gemeldet

Wichtigste Stellschraube, um dieses Szenario zu verhindern, ist der Salzeintrag. Am Wochenende lag der an der Messtelle Frankfurt schon bei 1.300 Mikrosiemens pro Zentimeter. Der Wert sei sehr hoch, ab etwa 1.500 Mikrosiemens werde es laut der Wissenschaftler des Leibniz-Instituts wieder gefährlich.

Das Salz im Flusswasser kommt laut Greenpeace aus den schlesischen Bergbaugebieten, wird von dort offenbar mit legalen Genehmigungen eingeleitet. Das sei nach wie vor der Fall, hieß es.

Zudem - das meldete die Wojewodschaftsverwaltung Niederschlesien - sei vor ein paar Tagen in einem Oder-Stausee bei Wroclaw (Polen) ein erneutes Fischsterben entdeckt worden. Rund 100 Kilo toten Fischs wurde dort angeschwemmt und musste abgesammelt werden, hieß es. Bislang sei aber noch nicht geklärt, wie es dazu gekommen ist.

18 Kommentare

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  1. 18.

    Das ist ja eine Hausnummer, da kann man ja in Polen gegen diesen Konzern klagen.

    Die EU oder Deutschland sollte ebenfalls die Klage oder Sanktionen prüfen.
    Eine solche Umweltschande darf nie mehr passieren.

  2. 17.

    Wir wissen was dabei rauskommt, wenn Herr Woidke zum „Gipfel“ einlädt.
    Die Polen werden darauf bestehen, die Verträge zum Ausbau einzuhalten und nicht vertragsbrüchig zu werden. Sonst....
    Herr Woidke wird sein schärftest Schwert herausholen: Wir haben bereits... nun ist wer dran?

  3. 15.

    Hier ist der Link zu der im Artikel erwähnten Oder-Konferenz der Grünen. Dort finden sie vllt auch die Antworten auf Ihre Fragen. Zitat einer polnischen Journalistin „Unter der derzeitigen Regierung ist Polen kein Rechtstaat“… . Soll heißen, wie immer wird wirtschaftlichen Interessen und bestehenden Seilschaften alles andere untergeordnet!

    https://www.youtube.com/watch?v=xNxj9TWgS5A

  4. 14.

    Jetzt kann Woidke beweisen, ob er es ernst meint mit dem Schutz der Oder.
    Der Druck auf Polen muss erhöht werden: Salz- und Giftzuflüsse in Schlesien stoppen, Grenzwerte drastisch absenken. Sollte die polnische Umweltministerin mauern, muss die EU-Kommission sich des Themas annehmen.

  5. 13.

    Ja, ja nun, wer ist es denn nun wirklich konkret beim Bergbau in Polen verantwortlich???

    Bergbau in Polen ist wohl sehr allgemein.

  6. 12.

    Eine Korrektur der Einleitmenge wäre wirklich notwendig. Nicht auszudenken, welche politischen Verwerfungen es im deutsch-polnischen Verhältnis gäbe, wenn sich das Desaster wiederholen würde. Eigentlich müssten sich die Bundesregierung und die polnische Regierung zusammensetzen, um den Tod der Oder zu verhindern.

  7. 11.

    Man liest zu diesem Thema vieles, was Menschen in Deutschland sagen.
    Mich würde mal interessieren, was polnische Entscheider zum Thema Salzeinleitung in die Oder zu sagen haben.
    Mein Eindruck ist, dass dies der polnischen Politik überhaupt nicht wichtig genug erscheint, um etwas dagegen zu unternehmen, dass die Wirtschaft (auch) in diesem Punkt wichtiger zu sein scheint als die Umwelt.
    Wenn das tatsächlich so sein sollte, dass die polnische Regierung gar kein Interesse an einer Verbesserung der Situation hat, müsste man ja ganz anders an die Thematik herangehen.
    Insofern gälte es meiner Meinung nach, zuerst einmal diesen Punkt zu klären.

  8. 10.

    Die Salzkonzentration war nach alten Presseberichten zum Höhepunkt der Salzfracht in der Oder um ein Vielfaches höher als es Salzwasser im Meer ist.

  9. 9.

    "Offensichtlich ist Polen auch kein Rechtsstaat, denn dieser hat Mittel Urteile auch durchzusetzen." Welche Urteile? "wird von dort offenbar mit legalen Genehmigungen eingeleitet. Das sei nach wie vor der Fall, hieß es." es ist offenbar so genehmigt worden, insoweit dann wohl nach polnischer Gesetzgebung legal. Man scheint aber nicht gewillt nach den Folgen im letzten Jahr, die genehmigte Einleitmenge zu korrigieren.

  10. 8.

    Paßt nicht zum Thema und ist Unsinn - Japan kühlt mit Meerwasser, das ist noch einiges salziger.

  11. 7.

    >"kann man denn nicht konkret feststellen, wo die Versalzung herkommt! "
    Doch, hat man schon. Das salzige Abwasser stammt aus dem Bergbau in Polen, Steinsalz und Kohle.

  12. 6.

    Sorry Herr/Frau/Es Otto, es besteht kein kausaler Zusammenhang zwischen ihren wirren Gedanken und der Verschmutzung eines Oderzuflusses durch salziges Abwasser aus Polen.

  13. 5.

    Der Fisch stinkt von oben! Da sieht einmal wie weit EU Gesetzgebung und die Wirklichkeit auseinander klaffen. Der EU sind die Schäden offensichtlich völlig egal, Sanktionen Fehlanzeige. Weil man Polen wohl nicht verstimmen möchte wegen anderen Interessen die mit dem Krieg zusammenhängen. So funktioniert Politik und eine solche EU brauchen wir nicht! Offensichtlich ist Polen auch kein Rechtsstaat, denn dieser hat Mittel Urteile auch durchzusetzen. Wenn nötig mit Erzwingungshaft der Beteiligten. Aber nicht nur Polen ist der Schuldige auch Deutschland mit dem damalige CSU Minister Dobrindt. Dieser hat das Abkommen zum Ausbau einfach so heimlich unterschrieben.

  14. 4.

    Was für eine Doppelmoral von Woidke und Schwesig. Wenn sie selbst Mal etwas für die Umwelt tun könnten, ducken sie sich weg: Nord Stream II incl. der Gazprom-"Umwelt"-Stiftung, Grundwasserverbrauch durch die PCK-Raffinerie, Braunkohleabbau ohne Ende, viel zu hoher Wildbestand für Naturverjüngung in den Wäldern, Trockenlegung von Mooren etc. etc. Die sollten erstmal selbst was für die Umwelt tun, bevor sie auf andere zeigen.

  15. 3.

    Verdammig!, kann man denn nicht konkret feststellen, wo die Versalzung herkommt!

    Hinweis: Kameralistik ist das Zauberwort. In beiden Staaten.

  16. 2.

    Von einem so dermaßen streng katholischen Land wie Polen, sollte man doch wohl Respekt vor und Sorge für die Schöpfung erwarten, aber nichts da - es wird weiter die Oder verdreckt. Echt das Letzte ......

  17. 1.

    Na immerhin.. damit fallen alle Pläne der polnischen Regierung für AKWs an Oder und Neiße schon mal flach. So viel Salz im Kühlwasserkreislauf vertragen die Anlagen absolut nicht.

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