"Wir müssen solidarisch sein" - Frankfurter OB lehnt Lockerung trotz niedriger Inzidenz ab

Di 16.02.21 | 15:33 Uhr
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Rene Wilke (Die Linke, M), Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder), redet am 21.01.2021 bei der Eröffnung des Impfzentrums Frankfurt (Oder) in einer Messehalle. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 16.02.2021 | OT: René Wilke | Bild: dpa/Patrick Pleul

In Frankfurt (Oder) liegt die Sieben-Tage-Inzidenz seit sechs Tagen unter 35. Trotzdem sollen die Corona-Maßnahmen lokal nicht gelockert werden, sagt Oberbürgermeister Wilke. Im benachbarten Polen sind derweil Kinos, Hotels und Skigebiete wieder geöffnet.

Der Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder), René Wilke (Linke), will die Corona-Maßnahmen in seiner Stadt nicht lokal lockern. Die Zahl der Corona-Neuinfektionen in der Brandenburger Grenzstadt liegt seit fast einer Woche auf niedrigem Niveau unter der 35er-Inzidenz.

Die Bundesregierung hatte ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 35 perspektivisch Lockerungen in Aussicht gestellt. Der Frankfurter Oberbürgermeister Wilke hält es trotzdem für kritisch, jetzt schon lokal einzelne Lockerungen zu erlassen: "Das geht erstens rein rechtlich nicht und ich halte es auch schon für richtig, wenn wir da landesweit im Gleichschritt arbeiten", sagte Wilke am Dienstag dem rbb, "es gibt schon so viel Diskussionen darüber, dass in den einzelnen Bundesländern so unterschiedlich läuft. Dann auch noch in einem Bundesland einen Flickenteppich zu machen, halte ich für ungünstig." Stattdessen plädiert Wilke dafür, sich trotz sinkender Corona-Zahlen solidarisch zu zeigen.

Am Dienstag lag die Sieben-Tage-Inzidenz laut dem Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) bei 27,7. Das heißt, auf 100.000 Einwohner gerechnet, haben sich innerhalb einer Woche so viele Menschen nachweislich neu mit dem Covid-19-Erreger angesteckt.

 

Wilke beobachtet Lockerungen in Polen mit Sorge

Und dann ist da noch Polen. Deutschland und das Nachbarland gehen aktuell sehr unterschiedliche Wege im Umgang mit der Corona-Situation: Während in Polen seit Freitag wieder Hotels, Kinos und Skipisten teilweise geöffnet sind, bleibt Deutschland im Lockdown. Das bereitet auch Oberbürgermeister Wilke Sorge – mit Blick auf die engen Beziehungen zwischen Frankfurt (Oder) und seiner polnischen Nachbarstadt Słubice: "Deswegen versuchen wir auch, im Rahmen der Möglichkeiten, das Kontrollgeschehen zumindest zu verstärken. Wir sollten nicht dahin kommen, dass jetzt die Grenze komplett dicht gemacht wird." Das sei auch für den medizinischen Bereich nicht machbar, weil sehr viele Menschen im pflegerischen Bereich grenzüberschreitend arbeiten, so Wilke.

Polen gilt seit dem 24. Oktober als Risikogebiet. Seit Dezember sind auch Kurzaufenthalte für Berliner und Brandenburger - der sogenannte "Kleine Grenzverkehr" - an die Quarantäne-Regelungen gebunden. Wer aus Polen nach Deutschland einreist, muss für zehn Tage in Quarantäne. Ausgenommen von dieser Regelung sind Berufspendler, Studierende, Schülerinnen und Schüler. Mehr als 200 Fahrzeuge und Personen seien in den letzten Tagen kontrolliert worden. Acht Verstöße wurden bei gemeinsamen Kontrollen von Ordnungsamt und Polizei festgestellt.

Landesweit nur zwei Städte unter 35er-Inzidenz

Frankfurt (Oder) hat seit mehreren Tagen die niedrigste Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner in Brandenburg.

Auch die Landeshauptstadt Potsdam liegt mit einem Wert von 29,4 aktuell unter der 35er-Inzidenz. Alle Brandenburger Landkreise lagen nach Daten des Ministeriums am Dienstag unter der kritischen Marke von 200. Ab diesem Wert sollen Kitas geschlossen werden. Die höchste Inzidenz verzeichnete der Landkreis Prignitz mit einem Wert von 193.

26 Kommentare

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  1. 26.

    Und wo war das Herz, der Verstand und die Solidarität der Stadt als bekannt wurde, dass die Kitas bis zu 90% ausgelastet sind?
    Oder als sprunghaft die Sterbezahlen hoch gesprungen sind und FF nun relativ gesehen extrem hohe Sterbefallzahlen hat. 1,5 Coronatote/Tausend Einwohner innerhalb weniger Wochen. Ungefähr doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Keine Pressemitteilung, keine öffentliche Aussage nix, einfach nur ein paar Zahlen in einer Tabelle.

  2. 25.

    Währenddessen ist man in Israel großteils fertig mit impfen. Geimpfte bekommen volle Rechte zurück. Blöd nur: aus Deutschland darf quasi niemand einreisen so einfach, da keine 2 Impfungen erhalten. Tja, Deutschland. Lächerlich hoch 10.

  3. 24.

    Das ist aber genau das Problem.
    Als ob Ländergrenzen relevant für die Mobilität der Menschen sind.
    Bsp. In PR dürfte sich die Mobilität wesentlich mit MV, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen sowie dem Nachbarkreis OPR abspielen.
    Mit FF oder CB eher Null. Relevant für PR ist aber das Geschehen in BRB gesamt. Gern auch umgekehrt.
    Oder die Lausitz im November/Dezember. Von Sachsen nach BRB rübergeschwappt, weil die brandenburgische Lausitz nicht auf Sachsen sondern BRB gucken soll und dann ging es zügig immer weiter nach Norden.
    Oder eben auch das Beispiel Chemnitz oder Leipzig, beides dürfte engere Beziehungen zu FF haben als Perleberg, sind aber weniger relevant für Entscheidungen.
    Mögliche Lösung Alle Nachbarkreise unabhängig vom Bundesland müssen ähnlich gut sein dann geht was. Wird aber nicht gehen weil sowas die 14 Fürsten und 2 Fürstinnen nicht hinbekommen

  4. 23.

    Das ist eine ganz beliebte Taktik unter Nichtdenkern, sorry, Querdenkern und sonstigen populistischen Schreihälsen: Wichtiges bzw. wichtige Details auszublenden. Gesunden Menschenverstand werden sie bei denen auch nie finden, derart borniert, rechthaberisch und vernünftigen Argumenten gänzlich unzugänglich, wie die sind. Was habe ich mir schon die Finger wund geschrieben, aber die sind wie Unkraut: kommen immer wieder nach. ;-)

  5. 22.

    Bitte die Norm bis zu Ende lesen. Dann nachdenken und gegebenenfalls neu kommentieren.

  6. 21.

    Was bedeutet denn „alles“ ? Hat FF schon einen Plan was bei u35 geöffnet wird ?
    Und ihre Aussage des Verzichts würde mehr Gewicht haben wenn sie dazu schreiben, dass es ihnen nichts ausmacht das IHR Geschäft geschlossen ist und sie gerade locker und entspannt auf die November Hilfe warten.
    Und grundsätzlich sollte sie das Wort „wir“ lieber vermeiden.... „wir“ könnten nicht unbedingt IHRE Meinung haben.
    Und wenn in FF z.B. der Media Markt öffnet muss ich mich nicht auf den Weg machen.... die liefern ihre Sachen auch innerhalb von Berlin.

  7. 20.

    Ich hoffe Sie sind auch solidarisch und unterstützen die Leute, deren Existenz gerade vernichtet wird.

  8. 19.

    Hallo Matthias ,ich gebe dir mit deinem Kommentar Recht! Stellt euch nur mal vor, Frankfurt/Oder öffnet wieder alles. Dann sind es doch die ersten- nämlich die Berliner, die ja nur mal einfach einen Ausflug machen wollen, die Frankfurt/Oder überrennen. Nein danke, dann warten wir lieber noch und verzichten.

  9. 18.

    Ich hab nix gegen die Worte des OB bezüglich der rechtlichen Situation, wenn es korrekt ist, aber den letzten Satz hätte er sich kneifen können. Das hat eben überhaupt nix mit Solidarität oder den von Ihnen angedeuteten Egoismus zu tun.
    Bitte nochmal nachdenken. Wenn in Perleberg die Zahlen hoch bleiben oder in FF wieder hoch schiessen sollten, soll das ganze Land genauso eingeschränkt werden, nur um solidarisch zu sein. Das ist Blödsinn und hilft niemandem. Davon gehen die Infektionen in dem betroffenen Ort auch nicht zurück.
    Das ist der gleiche Blödsinn wie uns als Kindern noch erzählt wurde, denk doch an die hungernden Kinder in Afrika wenn noch Rest auf dem Teller lag. Wenn ich dran denke und doch aufesse, hat kein Kind in Afrika etwas davon gehabt.
    Das Wort Solidarität ist linke Propaganda, die kaum Probleme löst, solange keine echt helfende Handlung damit verbunden ist.
    Ein klares Ziel motiviert und bringt uns voran aber keine unnütze Solidarität.

  10. 17.

    Weil die Politik und EU Konzerne die global agieren privilegiert während ihnen kleine Betriebe und selbstständigige im inland so gut wie egal sind..

  11. 16.

    Doch diese Logik heißt Solidarität hat nichts mit der Prignitz oder Chemnitz zu tun. Der OB tut genau das richtige und er hat auch sehr gut gesagt, rechtlich könnte er sowieso nichts an der Situation ändern. Aber es ist wichtig nicht nur an sich selbst zu denken. Nur dann lässt sich die schwere Zeit meistern. Eigentlich müsste sich das bereits herum gesprochen haben. Danke lieber OB Wilke, so viel Herz und Verstand ist selten geworden.

  12. 15.

    Im September sind Wahlen und dann wird sich HOFFENTLICH einiges ändern.

  13. 14.

    Genauso sehe ich das auch. Die Stimmung ist sehr schlecht in Deutschland.

  14. 13.

    Für alle Oberbürgermeister, die meinen über dem Recht zu stehen, zitiere ich mal aus § 28 a Infektionsschutzgesetz:

    "Die Schutzmaßnahmen sollen unter Berücksichtigung des jeweiligen Infektionsgeschehens regional bezogen auf die Ebene der Landkreise, Bezirke oder kreisfreien Städte an den Schwellenwerten nach Maßgabe der Sätze 4 bis 12 ausgerichtet werden, soweit Infektionsgeschehen innerhalb eines Landes nicht regional übergreifend oder gleichgelagert sind."

    Übrigens: von Virusmutationen steht dort nichts. Noch Fragen?

  15. 12.

    Na da erkennt man doch den roten Faden....
    Wenn eine Ortschaft über 200 liegt dann darf jeder noch so kleine „Häuptling“ Ausgangssperren verhängen und was ihm da sonst noch einfällt.... nur wenn es in die andere Richtung geht kann man das rechtlich nicht.

  16. 11.

    Mal den Spezialfall kreisfreie Stadt betrachtet könnte ich mir vorstellen, öffnen wenn auch alle Nachbarkreise Wert X erreichen.
    Perleberg ist von FF genauso weit weg wie Chemnitz oder Leipzig aber der Logik nach relevant für uns. Einkaufstourismus und Berufspendlerei spielt sich doch hauptsächlich zwischen benachbarten Landkreisen ab. Berlin mal ausgeklammert.
    Mit Solidarität hat das natürlich nix zu tun. Die Logik wenn es dem Nachbarn dreckig geht soll es mir nicht besser gehen, hilft ja dem Nachbarn auch nicht weiter.

  17. 10.

    Genau das befürchte ich auch und bin damit nicht alleine.
    Und was dann?
    Etwa Dauerlockdown, bis alles in diesem Land an die Wand gefahren wurde?
    Stimmen die Verschwörungstheorien etwa doch?

  18. 9.

    Wieso sieht man bei Grenzschließungen immer Probleme für die Wirtschaft und geltendes Recht, und bei Innlandsverboten begründet man dies immer mit dem Gesundheitsschutz?
    Wenn die Corona-Lage in Polen nach Meinung der Politiker so schlimm ist oder schlimm wird, dann müssen die Grenzen natürlich sofort geschlossen werden.
    Wir können doch nicht in Deutschland alles zumachen, nur weil in Polen alles geöffnet ist.

  19. 8.

    Langsam grenzen die Beschränkungungen an Freiheitsberaubung! Hoffentlich greift mal ein Gericht ein! Erst 50 nun 35 und trotzdem immernoch Knast! Andere Länder sind stinksauer auf Deutschland und das mit Recht ES REICHT!!!!!

  20. 6.

    Wie soll es anders funktionieren? Die Bundesregierung hat sich wieder einmal keine weiterführenden Gedanken gemacht. Es müsste dann eine einheitliche Inzidenz der ganzen Republik abgemacht werden. Aber diese utopische Zahl 35 wird nie einheitlich zustande kommen!

  21. 5.

    Dann lasst doch halt alles zu,meine Güte!
    Werden dann eigentlich zwischen den Städten #35 und den Nachbarstädten #67 Mauern gebaut,oder wie?
    Man hat es doch beim ersten Lockdown gesehen,mit *Maulkorb* wollten die wenigsten einkaufen gehen.
    Ich habe noch nicht mal mehr Lust,einmal die Woche Lebensmittel kaufen zu gehen.
    War gerade beim Finanzamt,wollte Belege für die Steuererklärung holen...zuhuuuu,kein Publikumsverkehr bis...?
    Ich Frage mich,wie soll die Omma (83) analog lebend,kein Internetanschluss,eigentlich ihr Leben gestalten.

  22. 4.

    Er bestimmt das ja auch, er merkt an, dass eine einseitige Lockerung schon rechtlich nicht möglich ist. Es gilt ja die corona eindämmungsVO, also landesrecht. Und darauf wird auch ein Gericht verweisen.

  23. 3.

    Ich möchte nicht vorgeschoben werden, um sinnlose Regelungen aufrecht zu erhalten. Ich erwarte keine Solidarität der Bürger aus Frankfurt/O. Hier geht es um Grundrechte und nicht um die Befindlichkeiten eines OB. Er kann ja aus Solidarität mit Insolventen Unternehmern auf sein Gehalt verzichten. Das wäre mal ehrlich.

  24. 2.

    Also wenn Frankfurt (Oder) jetzt wieder Baumärkte, Schuhgeschäfte, Restaurants etc. öffnen würde, dann würden mit Sicherheit morgen tausende Berliner und Brandenburger diese Stadt „fluten“, von daher kann ich verstehen, dass der Bürgermeisten noch abwarten will.
    Andererseits muss die Politik sehr aufpassen, dass sie ihre Zusagen auch mal einhält – wochenlang wird der Bevölkerung was von Inzidenz 50 als Lockerungskriterium angekündigt um dann, wenn das Ziel erreicht zu werden droht, einfach mal so die Zahl zu ändern.
    Irgendwann wundert es nicht, dass immer mehr Menschen argwöhnisch werden und sich mit Verschwörungstheorien beschäftigen.

  25. 1.

    Ein Bürgermeister kann nicht allein bestimmen, wie tausende Bürger leben sollen! Der erste Bürger war bestimmt schon bei einem Gericht und wenn nicht, wird es aber langsam Zeit! Zum Glück befindet sich die Gerichtsbarkeit ja in dieser Stadt.

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