Grenzregion - Corona-Situation in Polen spitzt sich zu

Mi 15.12.21 | 06:01 Uhr
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Archivbild: Polnische Rettungssanitäter transportieren eine ungeimpfte Covid-Patientin mit einem Krankenwagen ins Krankenhaus. (Quelle: dpa/O. Marques)
Audio: Antenne Brandenburg | 14.12.2021 | Bild: dpa/O. Marques

Mit 90.000 Menschen, die an oder mit dem Coronavirus gestorben sind, belegt das Nachbarland im europäischen Vergleich den dritten Platz. Das medizinische Personal kämpft nahe der Belastungsgrenze. Ärzte berichten von teils dramatischen Szenen.

Die Corona-Lage in Polen spitzt sich weiter zu. "Es ist schon vorgekommen, dass Patienten in kritischem Zustand mehrere Stunden in unserem Rettungswagen verbracht haben", berichtet der Arzt Robert Gorski im Gespräch mit dem rbb. Gorski ist selbst ständig mit dem Krankenwagen in Zielona Gora unterwegs und kennt die Situation vor Ort. So hätten Patienten am Beatmungsgerät teilweise im Krankenwagen auf eine Aufnahme in die Intensivstation warten müssen, schildert er die Situation.

Krankenwagen werden teilweise knapp

Doch auch weitere Probleme verschärfen die Situation: "Es passierte auch schon, dass die Rettungswagen knapp wurden. Dann hat man auf den Krankenwangen aus einem anderen Ort so eine halbe Stunde warten müssen", sagt Gorski. Sogar Feuerwehrwagen seien bereits ersatzweise zum Einsatz gekommen.

Im direkten Nachbarkreis von Frankfurt (Oder) sei die Lage noch angespannter, wie Kreis-Pressesprecher Wojciech Obremski berichtet: "Wir haben 86 Betten für Covid-19-Kranke, davon drei mit Beatmungsgeräten. Derzeit sind alle belegt." Erkrankte würden demnach bereits in andere Krankenhäuser in der Woiwodschaft Lubuskie – wie beispielsweise nach Zielona Gora – verlegt. Doch auch dort drohe bereits ein Kollaps.

Krankenhäuser kommen an Kapazitätsgrenze

Denn eigentlich sollten in Zielona Gora Kapazitäten freigehalten werden, da das dortige Krankenhaus als Covid-Schwerpunkt-Klinik gilt. Mittlerweile würden jedoch auch dort die Bettenkapazitäten knapp werden, wie Klinik-Leiter Barosz Kudlinski berichtet: "Noch zwei Betten sind bei uns frei. Das Krankenhaus ist voll mit Covid-Kranken." Kudlinski gehe davon aus, dass die angespannte Situation noch andauern werde.

In der Woiwodschaft Lubuskie ist etwa die Hälfte der Bevölkerung gegen das Coronavirus geimpft. Das entspricht ungefähr dem polnischen Landesdurchschnitt. Dabei gibt es gravierende regionale Unterschiede. So ist die Grenzstadt Słubice mit 62 Prozent vollständig Geimpfter Polens Vorzeigeort. Im Gegensatz dazu liegt die Impfquote im östlichen Landesteil mit nicht einmal 40 Prozent deutlich niedriger. Dementsprechend werden dort derzeit auch die meisten Todesfälle gemeldet. Derzeit sterben in Polen rund 500 Personen - täglich.

Forderung nach verschärften Maßnahmen

Epidemiologen fordern auch aus diesem Grund verschärfte Eindämmungsmaßnahmen - sonst gäbe es zu Weihnachten noch höhere Zahlen. In Polen gelten derzeit nur eine allgemeine Maskenpflicht und ein Abstandsgebot. 2G-Regelungen (Zugang nur für Geimpfte oder Genesene) oder 3G-Regelungen (Geimpfte, Genesene und Getestete) sind derzeit nicht in Kraft. Zudem werde weniger als in Deutschland getestet, heißt es.

Sollte sich die Situation in der polnischen Grenzregion weiter verschärfen, seien auch Hilfegesuche an Deutschland möglich, räumt Pressesprecher Obremski ein: "Wir schließen so eine Zusammenarbeit mit Frankfurt (Oder) nicht aus." Gleiches gelte auch im Marschallamt in Zielona Gora, wo bereits über eine grenzüberschreitende medizinische Kooperation nachgedacht werde.

Auswärtiges Amt rät zur Achtsamkeit

Deutschland stuft Polen seit Sonntag, 5. Dezember, als Corona-Hochrisikogebiet ein. Wer aus dem Nachbarland in die Bundesrepublik einreist und dabei weder vollständig geimpft noch genesen ist, müsse sich grundsätzlich direkt nach Ankunft zu Hause für zehn Tage in Quarantäne begeben und könne diese frühstens nach fünf Tagen durch einen negativen Corona-Test vorzeitig verlassen, hatte das Robert-Koch-Institut (RKI) erklärt.

Das Auswärtige Amt warnt derzeit vor nicht notwendigen, touristischen Reisen nach Polen. Zudem sollten Bundesbürger sich vor einem Aufenthalt in die Krisenvorsorgeliste eintragen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 14.12.2021, 16:10 Uhr

Mit Material von Magdalena Dercz



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14 Kommentare

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  1. 14.

    "Hauptsache, man kann da weiterhin als Deutscher schön bequem shoppen, ohne Maske, Test etc., wie hier in den letzten Tagen und Wochen ja oft und gerne kommentiert wurde. "

    Man kann es immer noch. Im Alltag merkt man die Corona nicht, Die meisten Menschen verhalten sich so als ob es keine Pandemie geben würde.
    Es gibt in Polen eine wesentlich höhere Sterblichkeit als in Deutschland bei fast identischer Inzidenz.
    Es gibt allerdings auch 1/5 der deutschen Ressourcen und ein Gesundheitssystem das diesen Namen nicht verdient. Dies dürfte die Sterblichkeit erklären.

  2. 13.

    "bereits über eine grenzüberschreitende medizinische Kooperation nachgedacht werde" Gab es da nicht sowieso einen Vertrag - zumindes für Notfälle - der eine grenzüberschreitende Einweisung in Krankenhäuser ermöglicht?

  3. 12.

    War nicht das KH in Slubice als spezielles Coronakrankenhaus bestimmt worden? Warum fahren sie die Patienten noch rum und bringen sie nicht in diese Spezialklinik für Coronaerkrankte?

  4. 10.

    Entscheidend ist, ob sie Geimpfter oder Ungeimpfter sind. Dementsprechend unterscheiden sich die Maßnahmen erheblich. Bei z. B. dem kleinen Grenzverkehr (bis zu 24 Stunden in Polen) brauchen Sie noch nicht einmal als Geimpfter eine Einreiseanmeldung ausfüllen. Bei Berufspendlern gelten andere spezielle Regelungen, da bitte ich Sie, dass Sie sich wie in meinem vorigen Kommentar beschrieben, dementsprechend informieren.

  5. 9.

    Hallo Björn! Wenn Sie oder wer auch immer sich im Unklaren sind über die aktuellen Einreiseregeln, so rate ich Ihnen die Homepage vom Auswärtigen Amt zu besuchen. Da steht auch, welche aktuellen Regeln bei Berufspendlern konkret anzuwenden sind. Andererseits gibt es auch ein Äquivalent von den polnischen Behörden. FgG Chris MOL

  6. 8.

    Klar, das gilt für ungeimpfte Berufspendler, die sich wegen 3G am Arbietsplatz für jeden Arbeitstag aufs Neue testen lassen und dann bei Rückkehr nach D natürlich für jeden einzelnen Arbeitstag ;-)

  7. 7.

    Hauptsache, man kann da weiterhin als Deutscher schön bequem shoppen, ohne Maske, Test etc., wie hier in den letzten Tagen und Wochen ja oft und gerne kommentiert wurde. Man passe ja schließlich auf, da könne nichts schiefgehen. Das klingt für mich wie ein Heranwachsender, der beim intimen Besuch seiner Liebsten sein Kondom vergessen hat, garniert mit einem einnehmenden "Vertrau mir!".

  8. 6.

    Polen kann nicht darauf hoffen, dass Frankfurt/Oder hier "aushilft". Die freie Kapazität von Frankfurt/Oder liegt bei Null. Alle Betten sind besetzt von eigenen Covid-Patienten und in Brandenburg sieht es auch kaum besser aus.

  9. 3.

    Das selbe denken wohl auch die Sachsen, Thüringer und Brandenburger etc.

  10. 2.

    @rbb24: "Wer aus dem Nachbarland in die Bundesrepublik einreist und dabei weder vollständig geimpft noch genesen ist, müsse sich grundsätzlich direkt nach Ankunft zu Hause für zehn Tage in Quarantäne begeben und könne diese frühstens nach fünf Tagen durch einen negativen Corona-Test vorzeitig verlassen, " Betrifft das auch Berufspendler und den kleinen Grenzverkehr?

  11. 1.

    Gott wird’s ja schon richten.

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