Ines Härtel wird neue Verfasssungsrichterin - "Freude, Stolz und Demut"

Die Viadrina-Rechtsprofessorin Ines Härtel wird neue Richterin am Bundesverfassungsgericht. Damit bricht die Digital-Expertin einige Muster: Ostdeutsch, weiblich und auch die jüngste Richterin in Karlsruhe. Von Phil Beng und Larissa Mass
Ines Härtel gilt als medienscheu. Doch an das Rampenlicht wird sich die frisch ernannte Verfassungsrichterin wohl gewöhnen müssen. Immerhin wird Härtel die erste Ostdeutsche am höchsten Gericht der Bundesrepublik.
Die Pressestelle der Viadrina Universität Frankfurt (Oder) verkündete am Freitag, dass Härtel die Wahl "mit großer Freude, Stolz und Demut" zugleich erfülle. "Gerade im dreißigsten Jahr der deutschen Einheit empfinden viele die Wahl als weiteres wichtiges Zeichen für ein gleichberechtigtes Miteinander auch in den Institutionen des Rechts in unserem Land."
Laufbahn zwischen Ost und West
Geboren in Staßfurt in Sachsen-Anhalt, wuchs Ines Härtel in der DDR auf. Für ihr Studium der Rechtswissenschaft ging sie an die Georg-August-Universität Göttingen, wo sie 1995 ihr Erstes und drei Jahre darauf das Zweite Staatsexamen ablegte.
Härtel lehrte an den Universitäten Göttingen und Bochum, bevor sie 2014 an die Oder wechselte. Ihr Fachgebiet, Öffentliches Recht, reicht von Landwirtschafts- bis hin zu Digital- und Datenschutzthemen. An der Europa-Universität Viadrina leitet sie die von ihr begründete Forschungsstelle Digitalrecht. Diese Spezialisation führte sie auch in den Jahren 2018 und 2019 zur Beteiligung im Digitalbeirat des Landes Brandenburg.
"Wir leben in Zeiten großer Veränderungen, nicht zuletzt durch die Digitalisierung", sagt Härtel zu ihrer neuen Arbeit, "Hier am Rechtsfrieden als Grundlage des Zusammenlebens und an der möglichen Weiterbildung des Rechts in Zeiten des Wandels mitzuwirken, ist eine große, verantwortungsvolle Aufgabe."
Nahbare Professorin
Gerade erst hat Härtel ihren 48. Geburtstag gefeiert und wird damit die jüngste Richterin unter ihren neuen Kollegen in Karlsruhe sein. Und diese dürfen sich auf eine gar nicht abgehobene Richterin einstellen, versichern ihre Studenten. Franziska Kühl, die bei Härtel gerade erst ihre Bachelorarbeit geschrieben hat, erzählt: "Es ist sehr aufregend für die Viadrina. Als Dozentin fand ich sie sehr inspirierend und nahbar, man konnte auch gut mit ihr sprechen. Und von ihren Ansichten her fand ich, dass sie relativ progressiv war."
Viadrina-Präsidentin Julia von Blumenthal beglückwünschte Ines Härtel: "Als ausgewiesene Expertin auf dem Gebiet des Digitalrechts und des Datenschutzes und durch ihr Mitwirken im Digitalbeirat des Landes Brandenburg ist sie auf das Amt hervorragend vorbereitet. Wir als Viadrina sind stolz, dass mit Prof. Härtel künftig eine Viadrina-Professorin Mitglied des höchsten deutschen Gerichts sein wird."
Historische Wahl
Härtel schreibt mit ihrer Berufung Geschichte, nicht nur wegen der ostdeutschen Herkunft. Mit ihr werden auch erstmals mehr Richterinnen als männliche Richter in Karlsruhe Recht sprechen. Härtel folgt im Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts auf Johannes Masing. Er war unter anderem zuständig für die Versammlungsfreiheit, die Meinungsfreiheit und den Datenschutz.
Die 16 Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts werden jeweils zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt, die Amtszeit beträgt zwölf Jahre. Nötig für die Wahl ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit.
Großer Druck für die angehende Bundesverfassungsrichterin Ines Härtel: Neuer Job, neue Stadt, viel Aufmerksamkeit. Härtel freue sich auf die Zusammenarbeit am Bundesverfassungsgericht und bleibe aber auch den juristischen Kollegen an der Europa-Universität verbunden.