Als erste Ostdeutsche - Bundesrat wählt Härtel zur Verfassungsrichterin

Fr 03.07.20 | 12:10 Uhr
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Die Juristin Ines Härtel. (Quelle: dpa/Lisa Müller)
Audio: Inforadio | 03.07.2020 | Phil Beng | Bild: dpa/Lisa Müller

Die Viadrina-Professorin Ines Härtel ist vom Bundesrat zur Verfassungsrichterin gewählt worden. Sie ist 30 Jahre nach der Wiedervereinigung die erste Juristin aus Ostdeutschland am höchsten Gericht der Bundesrepublik.

Der Bundesrat hat am Freitag die Viadrina-Professorin Ines Härtel einstimmig zur neuen Bundesverfassungsrichterin gewählt. Die 48-Jährige ist die erste Juristin ostdeutscher Herkunft am höchsten deutschen Gericht. Mit ihrer Ernennung wird es außerdem erstmals mehr Richterinnen als Richter am Bundesverfassungsgericht geben.

Härtel wird im Ersten Senat Johannes Masing nachfolgen, dessen Amtszeit nach zwölf Jahren endete. Masings Posten gilt als bedeutsam und wird von Beobachtern auch als Herz des Gerichts gesehen, weil es in dem Dezernat um Grundrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit geht.

Nach ihrer Wahl sprach Härtel von "großer Freude, Stolz und Demut zugleich". Gerade im 30. Jahr der deutschen Einheit empfänden viele ihre Wahl als weiteres wichtiges Zeichen für ein gleichberechtigtes Miteinander auch in den Institutionen des Rechts.

Hertel ist Datenschutz- und Digitalrechtsexpertin

Das Vorschlagsrecht für die Neubesetzung lag bei der SPD, die sich zunächst wochenlang nicht auf einen Kandidaten hatten verständigen können. Erst in dieser Woche war die Einigung auf Härtel von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) bekanntgegeben worden. Die 16 Mitglieder des höchsten deutschen Gerichts, die in zwei Senaten sitzen, werden jeweils zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. Notwendig ist bei den Wahlen eine Zweidrittelmehrheit.

Härtel wurde 1972 in Staßfurt in Sachsen-Anhalt geboren. Sie ist auf Datenschutzrecht und Digitalrecht spezialisiert. Nach Angaben der Viadrina studierte sie in Göttingen und habilitierte zum Thema "Europäische Rechtsetzung". Bevor sie nach Frankfurt kam, hatte Härtel einen Lehrstuhl an der Ruhr-Universität Bochum inne. Von 2017 bis 2019 war sie Richterin im Nebenamt am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.

Woidke: großer Schritt nach vorn

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte die Entscheidung der SPD-Regierungschefs für Härtel im rbb als großen Schritt nach vorne bezeichnet, was die Repräsentanz ostdeutscher Biografien in höchsten Staatsämtern betreffe. Brandenburg hatte ursprünglich den früheren Präsidenten des Landesverfassungsgerichts, Jes Möller, für das Richteramt nominiert, diesen aber nicht durchsetzen können.

Sendung: Brandenburg aktuell, 03.07.2020, 19.30 Uhr

9 Kommentare

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  1. 9.

    Da gebe ich Ihnen vollkommen recht.
    So sollte es auch bei Politikern sein.

  2. 7.

    Bei (Verfassungs-)Richtern geht es nicht darum, wen sie "repräsentieren" (Frauen, Ostdeutsche, Arbeiter, Vegetarier, ...), sondern wir gut sie charakterlich und fachlich sind, um das höchste Richteramt auszuüben. Zu repräsentieren haben Sie die Verfassung – im Auftrag und Namen des ganzen Volkes – und nicht ihre eigene Lobbygruppe. Das ist bei Bundespolitikern übrigens genau so.

    Konkret: Welche Entscheidungen des BVerfG lassen eine diskriminierende Benachteiligung der Menschen aus Ostdeutschland erkennen? Was hätten Richter aus der entsprechenden Region anders/besser entschieden?

    In Sachen Ines Härtel ist zu fragen, wie sie auf "Datenschutzrecht und Digitalrecht" spezialisiert sein kann und gleichzeitig auf Öffentliches Recht, Verwaltungsrecht, Europarecht, Umweltrecht, Agrarrecht und Ernährungswirtschaftsrecht, was sie lehrt. Eine "Wonder Woman", die nur bislang wenigen (wohl auch innerhalb der SPD) aufgefallen ist? Immerhin war sie nebenamtlich auch mal drei Jahre Richterin ...

  3. 6.

    Ist denn die Professorin nicht qualifiziert?
    Wenn ja, bitte begründen Sie das.

    Ein Kommentar mit einem Fragezeichen und ansonsten nur Ausrufezeichen sieht zumindest so aus, als ob Sie viel mehr wissen.

  4. 5.

    Das ist schon mal ein guter Anfang! Ich schlage weitere Quotierungen vor: männlich/weiblich/divers, nach Hautfarbe und Religion, jung und alt, Jurist/Nichtjurist.

  5. 4.

    Gebe Ihnen vollkommen Recht. Mir hat auch noch niemand erklären können warum "Ostdeutsch" ein besonderes Qualifikationsmerkmal sein soll.

  6. 3.

    Die Aussage von Herrn Woidke ist interessant. In seiner eigenen neuen Landesregierung sind ostdeutsche Biografien bei seinen Ministern und Staatssekretären kaum zu finden. Er hätte doch mit guten Beispiel voran gehen können (sollen).

  7. 2.

    Haben Sie den Artikel überhaupt gelesen? Da steht es gab noch nie einen einzigen Verfassungsrichter aus Ostdeutschland. Noch nie! Verstehen Sie? Noch nie! Daher ist es gut, dass das mal geändert wurde. Es sollten mehr Ostdeutsche und auch mehr Frauen in den Gerichten arbeiten.

  8. 1.

    Ist es nicht völlig egal aus welcher Region eine Verfassungsrichterin oder Verfassungsrichter kommt? An erster Stelle sollte immer die Qualifikation sein! Und dann ist auch egal, woher man kommt! Das gilt auch in anderen Bereichen!
    Darum bin ich auch gegen eine ostdeutsche Quote! Es zählt nur die Qualifikation!

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