Mietpreisgrenze gilt für weniger Orte - Steigende Mieten im Berliner Speckgürtel befürchtet

Di 26.01.21 | 13:26 Uhr | Von Recherche von Markus Woller
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Ein Wohnhaus wird in der Revaler Straße in Friedrichshain errichtet. (Quelle: rbb/Jens Kalaene)
Sendung: Brandenburg aktuell | 25.01.2021 | Markus Woller | Bild: rbb/Jens Kalaene

Eigentlich wäre die Mietpreisbremse in Brandenburg Ende vergangenen Jahres ausgelaufen. Kurz vor knapp wurde sie bis 2025 verlängert. Allerdings gilt das nicht für alle betroffenen Gemeinden.

Die Fliesen kaputt, die Elektrik veraltet, das Bad aus den 1980ern: So sieht eine Bernauer Plattenbau-Wohnung aus, die seit 30 Jahren nicht saniert wurde. Mehr als 14.000 Euro müsste die Wohnungsgesellschaf Wobau in die Sanierung stecken, sagt Geschäftsführer Jens Häßler. Zukünftig könnte er nun deutlich mehr davon auf den neuen Mieter umlegen als bisher. Denn die Mietpreisbremse ist zum 1. Januar für Bernau (Barnim) ausgelaufen.

"Wenn Sie dann überlegen, dass wir aus der Mietpreisbremse im Nachgang bisher zumindest nur zehn Prozent über die Ortsüblichkeit die Mieten erhöhen können, dann kann man sich vorstellen, dass wir - wenn es jetzt 20 Prozent mehr werden - wirtschaftlich besser stehen", freut sich Häßler.

Mietpreisbremse gilt nur noch für weniger Gemeinden

Eine Mietsteigerung um 20 Prozent war jahrelang in Bernau nicht möglich. Gleich zwei Landesverordnungen sorgten hier für geringe Mietsteigerungen. Zum einen ist die sogenannte Kappungsgrenze zu benennen, die besagt, dass bestehende Mieten in drei Jahren maximal um 15 Prozent steigen dürfen. Zum anderen die Mietpreisbremse: Diese legt fest, dass die neue Miete für Nachmieter maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Miete liegen darf.

Zur Anwendung dürfen beide Regelungen nur in Gemeinden kommen, die über einen angespannten Wohnungsmarkt verfügen. Und das traf bislang neben Bernau auch für 30 weitere Kommunen im Berliner Speckgürtel zu.

Bernauer Bürgermeister spricht von "krasser Fehleinschätzung"

Nun hat die Landesregierung die Verordnungen verändert und sieht nur noch in 19 Gemeinden einen solch angespannten Wohnungsmarkt. Das sind Birkenwerder, Blankenfelde-Mahlow, Eichwalde, Falkensee, Glienicke/Nordbahn, Gosen-Neu Zittau, Großbeeren, Hohen Neuendorf, Hoppegarten, Kleinmachnow, Mühlenbecker Land, Neuenhagen bei Berlin, Panketal, Potsdam, Schöneiche bei Berlin, Schulzendorf, Stahnsdorf, Teltow und Woltersdorf.

Dabei hat Bernau laut Bürgermeister André Stahl (Linke) einen Wohnungsleerstand von 0,6 Prozent. "Das ist eine krasse Fehleinschätzung und ich würde mir wünschen, dass die Landesregierung auf den Speckgürtel etwas mehr Aufmerksamkeit richtet. Weil die Bernauer auf dem Wohnungsmarkt mit den Berlinern konkurieren", betont Stahl.

Ministerium hält an Neuregelung fest

Ganz ähnlich argumentieren auch andere betroffene Gemeinden. Schönefeld zum Beispiel gehört mit dem nahen Flughafen zu den am stärksten wachsenden Orten im Land. Erkner (Oder-Spree) liegt nur einen Steinwurf vom neuen Tesla-Werk entfernt, in dem bald tausende neue Arbeitsplätze entstehen sollen.

Das zuständige Infrastrukturministerium hält dennoch an der Auswahl der Gemeinden fest. Sie seien von einem objektiven Gutachter bestimmt worden. Jeder, der dessen Kriterien erfülle, werde auch zukünftig berücksichtigt, heißt es. Es komme aber nicht darauf an, ob die Kommunen selbst oder Gemeindevertreter ihren Standtort als angespannten Wohnungsmarkt einstuften.

Mieterbund fürchtet sozialunverträgliche Mietsteigerungen

Der Mieterbund fürchtet nun steigende Mieten in den betroffenen Orten. Alle würden jetzt das Problem bekommen, dass die Mieten in diesen Wohnungsmärkten schneller anziehen werden als es sozial verträglich ist. "Die Bezahlbarkeit des Wohnraums könnte für einen Teil der Bevölkerung schwierig werden", erklärt Rainer Radloff vom Brandenburger Mieterbund.

Wobau-Chef Häßler aus Bernau will auf große Mieteröhungen aber verzichten. Die preisgünstigen kommunalen Wohnungsunternehmen, sagt er, seien nun wichtiger denn je.

Sendung: Antenne Brandenburg, 26.01.2021, 19:30 Uhr

Beitrag von Recherche von Markus Woller

11 Kommentare

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  1. 11.

    Paulchen, dann hat sich also nach Ihrem Wissen und Standpunkt die Stadt Bernau durch die Mieteinnahmen bereichert? Die Wobau Bernau gehört nämlich der Stadt Bernau. So ist das halt, wenn man hinter jedem Vermieter einen Miethai und Abtocker sieht. Ich empfehle Ihnen dringend bei den Verantwortlichen in der Stadt Bernau vorstellig zu werden. Und nehmen Sie Ihren Kumpel von #9 Paul gleich mit.

  2. 10.

    Gebt doch zu, das viele der Ostmieten in sinnlose ´Schulden-Belastungen´, durch den Einigungsvertrag, geflossen sind.
    Wer mehr zu dem Thema wissen möchte, dem empfehle ich die ZDF Doku ´Beutezug Ost´!

  3. 9.

    "Man weiß doch wie die sozialistischen Wohnungen in Ost UND West aussahen und erst als Investoren kamen haben die das überhaupt erst wieder bewohnbar gemacht."

    DAS ist die dummdreisteste Lüge ever! Man erwartet ja schon nichts anderes wie Lügen von den Freunden der Heuschrecken und Abzocker mehr aber das ist eine noch dreistere Lüge. Ihre "Investoren" haben die Wohnungen erst heruntergewirtschaftet!

    Und Berlin und wegziehen? Berlin hatte Zuzug ohne Ende! Gestoppt wurde das nur durch die horrenden Mieten und nicht weil die Leute von RRG "genervt" sind. RRG liegt bei Umfragen bei 52 %.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Wohnen#Kritik

  4. 8.

    Die Mietzahlungen wurden verschwiegen um zu suggerieren das jetzt 20% mehr Miete notwendig sein.

  5. 7.

    Geschwätz und Propaganda.
    In den Kaltmieten der Wohnungen sind Anteile enthalten, denen KEINE Ausgaben des Vermieters für die Kosten der Wohnung selbst zugeordnet sind, also LEISTUNGSLOS vom Mieter gezahlt werden. Dieser Anteil heißt Überschussmiete, quasi ein Geschenk des Mieters und die Profitquelle des Vermieters. Hat sich beispielsweise in Berlin in nur zehn Jahren mehr als verzehnfacht und die Mieten explodieren lassen... ähnlich im Speckgürtel...
    Wenn der Vermieter in den letzten 30 Jahren keine Instandhaltung und Sanierung vorgenommen hat, wie im Artikel beschrieben, hat er also DIESEN Anteil der Kostenmiete auch für sich kassiert (laut Gesetz aber eigentlich für die Sanierung hätte zurücklegen müssen).
    Und jetzt kommt jemand daher und jammert, daß ja so eine Sanierung dafür sorgt, daß so viele Jahre keine Mieteinnahmen erzielt werden könne, weil die so teuer sei?
    Was für ein kompletter Schwachsinn.

  6. 6.

    Verstehe ich das richtig, dreißig Jahre Mietzahlungen und keine Sanierung!? Jetzt wird so getan, als ob die 14000€ Sanierungskosten der Mieter gänzlich und zeitnah zu stemmen hat!? Momentmal, was ist den mit den Umsätzen der letzten 30 Jahren geschehen?
    Zudem wurden doch die meisten KWV Wohnungen für eine D Mark (manchmal nbsl mehr) verschleudert bzw von den Wohnungsbaugesllschaften übernommen!
    Dadurch das Wohnungen in der DDR Volkseigentum waren, müssten diese eigentlich den Miertern geschenkt werden, die Mietzahlungen zur+ck gezahlt und die Wohnungsgesellschaften aufgelöst bzw massiv umstrukturiert werden.

  7. 5.

    14.000 Euro kostet eine Sanierung. Das sind knapp 4 Jahre keine Miete (bei 300 kalt) für den Vermieter. Oder 8 Jahre nur die Hälfte.
    Ansonsten bedankt euch bei R2G in Berlin, dass sich das Bauen dort nicht mehr lohnt und auch sonst die von R2G genervten Leute wegziehen.
    Genau das gleiche passiert in ein paar Jahren in Berlin, weil sich Investitionen nicht mehr rechnen. Man weiß doch wie die sozialistischen Wohnungen in Ost UND West aussahen und erst als Investoren kamen haben die das überhaupt erst wieder bewohnbar gemacht. Und jetzt kommen die Linken und wollen sich ins gemachte Nest setzen.

  8. 4.

    Nun braucht das Ministerium für solche Beschlüsse schon einen "objektiven Gutachter". Vielleicht hätte ein Anruf in den betreffenden Gemeinden gereicht, um die örtlichen Begebenheiten zu erfragen. Aber das wäre zu einfach gewesen. Und einen Beschluss rückgängig machen? Warum? Wir haben doch einen Gutachter!

  9. 3.

    Strangsanierung und regelbare Heizungen mit neuen Heizkörpern wurde doch alsbald nach 1990 überall durchgeführt. Oft sind auch die Plattenbauten nicht mehr als solche zu erkennen ( oberflächlich und von Laien ).Aufzüge; neue Balkone; Isolierung. Allerdings wohnt man in Erkner immer noch preiswert.

  10. 2.

    Hier wird ... ein weiteres Mal beim RBB ... wieder verschiedenes zusammengeschmissen. Bei einem Bau aus den 1980er ist mit Sicherheit eine energetische Sanierung und Modernisierung notwendig ... diese wäre auch unter den ausgelaufenen Bedingungen umlegbar gewesen.

    Was er u.U. meinen könnte, dann wäre der inhaltliche Kontext auch richtig, ist die Instandhaltung .... wenn die allerdings seit 1980 nicht gelaufen ist, oh je.

  11. 1.

    Die Alternative ist halt, dass man in 20 Jahren liest: "So sieht eine Bernauer Plattenbau-Wohnung aus, die seit 50 Jahren nicht saniert wurde."

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