Gesetzentwurf zur Neustrukturierung - Brandenburger Kabinett stimmt Schließungen von Arbeitsgerichten zu

Di 09.03.21 | 18:31 Uhr
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Ein Richter rückt sich zum Auftakt eines Prozesses in einem Verhandlungssaal seinen Stuhl zurecht. (Quelle: dpa/Jens Wolf)
Bild: dpa-Symbolbild/Jens Wolf

Trotz vieler Proteste sollen die Arbeitsgericht Eberswalde, Senftenberg und Potsdam geschlossen werden. Darauf verständigte sich am Dienstag die Landesregierung in einer Kabinettsrunde. Dafür sollen sogenannte Gerichtstage eingeführt werden.

Die Brandenburger Landesregierung hat am Dienstag einem Gesetzentwurf zur Neustrukturierung der Arbeitsgerichts-Bezirke im Land zugestimmt. Folge davon ist, dass die Standorte Eberswalde (Barnim), Potsdam sowie die Cottbuser Außenstelle Senftenberg (Oberspreewald-Lausitz) geschlossen werden.

Künftig sollen nur noch vier Arbeitsgerichte an den Standorten Brandenburg/Havel, Cottbus, Frankfurt (Oder) und Neuruppin bestehen bleiben. Als Zugeständnis kündigte Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) an, dass es künftig an ausgewählten Amtsgerichtsstandorten Gerichtstage für arbeitsgerichtliche Streitigkeiten geben soll: an Amtsgerichten wie Eberswalde und Senftenberg sowie Luckenwalde und Perleberg. Potsdam soll künftig vom Standort Brandenburg/Havel übernommen werden.

Hoffmann wollte keinen Aufschub

"Die Reform der Arbeitsgerichtsbarkeit duldet keinen Aufschub, da ansonsten die Arbeitsfähigkeit mehrerer Standorte in absehbarer Zeit nicht mehr gewährleistet wäre", sagte Justizministerin
Susanne Hoffmann (CDU) am Dienstag nach der Kabinettssitzung. Seit 2003 gingen die Verfahren an den Arbeitsgerichten in Brandenburg kontinuierlich zurück - nach Ministeriumsangaben insgesamt deutlich über 50 Prozent. Die derzeitige Personalausstattung sieht 20 Richter in der Arbeitsgerichtsbarkeit vor. Sogenannte Kleinstgerichte mit weniger als drei oder zwei Richtern seien vor allem in Krankheits- oder Vertretungsfällen nicht mehr funktionsfähig.

Beispielhaft ging Hoffmann auf den bislang kleinsten Standort in Eberswalde ein. Der Personalbestand an Richtern liege hier unter zwei und bei Rechtspflegern bei einem. "Jedenfalls wenn man von die Personalbedarfs-Planung zugrunde legt", erklärte Hoffmann. Das zeige, dass in Urlaubs- und Vertretungszeiten so eine Funktionsfähigkeit eines solchen Gerichts nicht mehr gewährleistet sei. "Deshalb ist die Strukturreform dringend nötig", fügte sie hinzu.

Der Entwurf soll noch in diesem Jahr in den Landtag eingebracht werden. Nach Angaben des Ministeriums soll er im Januar 2023 in Kraft treten.

"Fataler Rückzug aus der Fläche"

Die Rechtsexpertin der Linken-Landtagsfraktion, Marlen Block, sprach von einem "fatalen Rückzug aus der Fläche und einem schweren Angriff auf die Arbeitsgerichte". Sie forderte den Erhalt aller Standorte der Arbeitsgerichte. "Gerade jetzt dürfen sich die Wege zu den Gerichten
nicht verlängern", sagte sie.

Gegen die Reform gibt es auch Widerstand von Anwälten und Unternehmern. Der Beamtenbund (dbb) in Brandenburg will gegen das Vorhaben innerhalb der nächsten Wochen Klage vor dem
Verwaltungsgericht einreichen. Der Landesbezirk Berlin-Brandenburg der Gewerkschaft Verdi kritisierte, Angebote für eine andere Reform von DGB und Verdi seien "in den Wind geschlagen" worden. Der Vorstoß, an einzelnen Amtsgerichten tageweise auch arbeitsgerichtliche Streitigkeiten mitverhandeln zu wollen, sei für Verdi nichts Neues. Schon Mitte der 1990er Jahre sei ein ähnliches Ansinnen gescheitert, weil dies als zu ineffizient und zu teuer galt.

Richterbund - Zeitpunkt ungünstig

Claudia Cerreto, Vorsitzende vom Landesverband des Deutschen Richterbundes, zeigte Verständnis für beide Seiten. "Ein Gericht mit zwei Richtern und einem Rechtspfleger ist schwer zu bestreiten." Der Schritt sei daher notwendig. Möglich wäre jedoch auch eine Umstrukturierung der Arbeitsgerichtsbezirke. Vor allem aber sei der Zeitpunkt der Reform ungünstig: "Uns werden durch Corona eine Menge Verfahren erwarten." Hinzu kämen Verfahren durch die Ansiedlung von Tesla und durch den BER. Vor allem der Umzug des Potsdamer Standortes nach Brandenburg/Havel sei nicht nachvollziehbar, so Cerreto. Gerichtstage seien für die Richter eine zusätzliche Belastung.

Hoffmann sagte zur Rechtfertigung, dass bei diesen Gerichten es zu einem Verfahrensrückgang von deutlich über 50 Prozent gekommen sei. Der Gesetzentwurf muss noch den Landtag passieren und soll zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Sendung: Antenne Brandenburg, 09.03.2021 16:30 Uhr

2 Kommentare

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  1. 2.

    Justizabbau Ost?

  2. 1.

    Welch ein Zufall.
    Justizministerin von der CDU.
    So kann man auch die Arbeitgeber stärken.
    Einfach Gerichte schließen, und auf Grund der langen Wege klagt keiner mehr!

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