Haustiere von Geflüchteten - "Wenn sie hören, dass ihre Tiere ins Heim müssen, sind sie schockiert"

Di 15.03.22 | 11:59 Uhr | Von Franz Paul Helms
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Nur die Pfoten und die Schnauze eines Beagel sind hinter den Gitterstangen einer Transportbox im brandenburgischen Neuhardenberg (Märkisch-Oderland) zu sehen. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Bild: dpa/Patrick Pleul

Fast 150.000 Menschen sind seit Beginn des Krieges in der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. Viele wollen ihre Haustiere nicht zurücklassen. Doch für Hunde und Katzen ist die Einreise kompliziert. Ein Tierheim in Eisenhüttenstadt versucht zu helfen.

Viele Helferinnen und Helfer stehen in Deutschland bereit, um sich auch um Haustiere aus der Ukraine zu kümmern. Eine von ihnen ist Jana Feister, Leiterin des Tierheims am See in Eisenhüttenstadt.

"Die Menschen aus der Ukraine haben Angst um ihre Tiere", erzählt Feister. Ihr Heim nimmt Tiere von geflüchteten Menschen auf, die nicht in die Unterkünfte mitgenommen werden dürfen. Vor einer Woche sollte sie die Katze einer ukrainischen Mutter und ihrer Tochter am Erstaufnahmelager in Eisenhüttenstadt abholen: "Das Kind wollte sich nicht von der Katze trennen – das war herzzerreißend", erinnert sich Feister. "Es wollte lieber mit der Katze im Freien schlafen, als sie in fremde Hände zu geben."

Strenge Regeln bei Einfuhr von Haustieren in die EU

Solche Szenen spielen sich wohl immer wieder am Erstaufnahmelager in Eisenhüttenstadt ab. Denn offiziell gilt die Ukraine als nicht gelistetes Drittland in der Tollwutbekämpfung [bmel.de]. Damit gelten strenge Regeln für die Einfuhr von Heimtieren in die EU: veterinäre Untersuchungen, Impfungen und eine dreiwöchige Quarantäne zur Tollwutvermeidung. Zudem ist die Tierhaltung in den meisten Sammelunterkünften und Erstaufnahmelagern untersagt. Doch wohin mit den tierischen Begleitern?

In den meisten Fällen alarmiert die Ausländerbehörde umliegende Tierheime, damit die Haustiere zumindest temporär Unterkunft finden. "Wenn die Menschen hören, dass ihre Tiere in ein Heim müssen, sind sie erstmal schockiert", sagt Feister. Viele ukrainische Geflüchtete hätten negative Vorstellungen von Tierheimen und fürchteten, dass ihre Tiere womöglich schlecht behandelt würden.

Das Tierheim am See versucht sein Bestes, um den Menschen ihre Ängste zu nehmen. Jana Feister schickt Geflüchteten sogar Fotos per WhatsApp von den Tieren, die sie in ihrem Heim aufgenommen hat. Bei Gelegenheit kommen Geflüchtete vorbei, um ihre Tiere zu besuchen.

Deutscher Tierschutzbund sieht Handlungsbedarf in Heimen

Mittlerweile hat das Tierheim am See zehn Katzen, zwei Hunde, eine Ratte und ein Kaninchen aus der Ukraine aufgenommen. Mit der Ankunft weiterer Geflüchteter aus der Ukraine werden vermutlich noch mehr Tiere dazukommen. Bislang hat das Eisenhüttenstädter Tierheim noch Kapazitäten zur Unterbringung. Es mangelt aber an privaten Pflegestellen in unmittelbarer Umgebung von Eisenhüttenstadt.

Auch der Deutsche Tierschutzbund sieht dringenden Handlungsbedarf, um die Unterbringung von Tieren aus der Ukraine zu verbessern. In einer Pressemitteilung spricht der Verein von einer drohenden "nicht-humanitären" Katastrophe in Tierheimen [tierschutzbund.de]. Er fordert die Politik auf, schnelle und unkomplizierte Hilfe bereitzustellen. Zum Beispiel für die Unterbringung von Tieren in Sammelunterkünften oder für die Übernahme von Kosten für Futter und veterinäre Behandlungen.

Entlastung von Tierheimen geplant

Die Bundesregierung hat bereits reagiert: Seit letzter Woche sind die Einfuhrbestimmungen für Tiere aus der Ukraine gelockert [bmel.de]. Dennoch werden Tierheime in der nächsten Zeit Unterstützung benötigen.

"In den nächsten Wochen wird das unsere Aufmerksamkeit erfordern - da werden wir nicht drum herumkommen", sagt der unabhängige Tierschutzbeauftragte des Landes Brandenburg Stefan Heidrich. Sein Ministerium arbeitet gerade an einem Spendenaufruf, um Tierheime bei der Versorgung von Tieren aus der Ukraine zu entlasten.

In Eisenhüttenstadt geht die Versorgung von Tieren aus der Ukraine derweil weiter. Auch für die Familie mit ihrer Katze hat das Team von Jana Feister eine Lösung gefunden. Kurzerhand wurde eine private Unterkunft organisiert, damit Mutter, Tochter und Katze erstmal zusammenbleiben können. Spenden nimmt das Tierheim am See in Eisenhüttenstadt über die Bankverbindungen auf seiner Facebookseite entgegen.

 

Beitrag von Franz Paul Helms

20 Kommentare

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  1. 20.

    Nur mal so zur Information:

    https://tierschutz-berlin.de/aktuelles/erfolgreicher-start-der-versorgungsstation-fuer-tiere-im-ankunftszentrum-tegel/

  2. 19.

    Kleiner Hinweis: Der Impfschutz ukrainischer Tiere gegen Tollwut ist kaum vorhanden. Jährlich erkranken etwa 100 Menschen in der Ukraine an Tollwut, die fast immer tötlich endet.

    In der EU ist die Tollwut ausgerottet

  3. 18.

    Für die Kosten einer Quarantäne kommt der Halter auf.

    Fakt ist, dass es nicht umsonst strenge Vorschriften zur Einfuhr von Tieren gibt. Diese Vorschriften gelten auch für Flüchtlinge.

    Übrigens ist es schon sehr lange so, dass Tiere in Gemeinschaftsunterkünften für Flüchtlinge nicht zulässig sind

  4. 17.

    BRD handelt richtig, viele Foristen erkennen nicht/wollen nicht erkennen, dass Infektions-/Seuchenschutz Priorität haben sollte.

    Anderenfalls gehören diese Foristen ggf. zu den COVID-Leugnern und Querdenkern.

    Schlimm, dieses bewusst verwendete, ausschließlich sozial fokussierte „Gelaber“.

  5. 16.

    In Anbetracht dessen, dass es Tierschutzabkommen mit jedem Staat der Welt gibt, die eine Einfuhr von Tieren, also auch Katzen und Hunde, unser der Maßgabe, dass diese Tiere vollständig, und beweisbar durch einen internationalen Impfpass, geimpft sind, um nicht Seuchen einzuschleppen.
    Bei den Menschen scheint das auch nicht zu klappen, denn, Aussage RBB, sind noch nicht einmal die Hälfte Corona geimpft.
    Ergo, Haustiere ins Heim, kostenpflichtig geimpft und in Quarantäne - nicht das dafür auch der deutsche Steuerzahler aufkommt.

  6. 15.

    Es geht darum, dass der Herr diese Tiere am liebsten einschläfern lassen möchte. Und das ist, mit Verlaub gesagt, absolut empathielos.

  7. 14.

    Tiere ohne Impfpass dürfen halt nicht in die EU einreisen. Das hat auch was mit Tierseuchen zutun.

    Normalerweise kommen Tiere, die ohne Impfpass in die EU einreisen, in eine mehrmonatige Quarantäne.

    Es gibt keinen Grund, von dieser Verfahrensweise abzuweichen. Es geht immerhin darum, dass Tierseuchen nicht eingeschleppt werden sollen

  8. 13.

    "Normalerweise werden die Tiere dem Abdecker überantwortet."
    Normalerweise wird die Einreise verweigert und/oder das Tier geht in Quarantäne.
    Normalerweise ist ein Vergleich zwischen den tierischen und den menschlichen Problemen, gerade in dieser speziellen Situation, unangebracht.
    Normalerweise ... aber was ist schon normal. Bei manchen Posern habe ich Bedenken.

  9. 12.

    Holla die Waldfee, was sind Sie doch für ein empathischer Mensch. Da rettet jemand sich und seinen Hund, oder die Katze, strandet bei uns, und als Wilkommensgruß bekommt er/sie von Ihnen erklärt, dass das geliebte Tier eingeschläfert werden soll, weil es keinen Impfpass hat. Nach Ihrem Gedankengang müsste dann auch ein nicht geringer Anteil der hier gehaltenen Haustiere getötet werden, weil unter Garantie nicht alle einen Impfpass besitzen.

  10. 11.

    Seit vielen Jahren gibt es in fast allen Unterkünften für Flüchtlinge die Regel, dass Haustiere nicht mitgebracht werden dürfen.

    Ist es wirklich eine Ungleichbehandlung, wenn sich alle an diese Regel halten müssen? Was unterscheidet Flüchtlinge aus der Ukraine von allen anderen Flüchtlingen ?

  11. 10.

    Nicht jeder hat Facebook….kann man das Spenden Konto auch so angeben? Nach den Spenden für die Flüchtlinge nun gerne auch noch für die Tiere.

  12. 9.

    In jedem europäischen oder anderem Ausland ist ein Tierimpfpass von Nöten, wenn man einreist.
    Wer weiß schon, ob und gegen was die Tiere geimpft sind.
    Normalerweise werden die Tiere dem Abdecker überantwortet.
    Bei den Coron0a -Impfungen haben die Ukrainer ja auch Nachholbedarf, wenn zweidrittel nicht geimpft sind.

  13. 8.

    Eine Frechheit! Der Mensch braucht sein Tier, das Tier seinen Menschen! Wer sagt das die geflüchtet Menschen von ansteckenden Krankheiten frei sind? Niemand!

  14. 7.

    Die Erklärung ist nicht nachvollziehbar. Die Menschen haben ihr Haustier bis nach Berlin gebracht und dann ist es weg. Unmöglich. Typisch für die behördenwillkür. Deutschland schafft sich selbst ab. Eine Unterkunft zu finden, wo alle mit justieren unterkommen können dürfte doch wohl in den einzelnen Bundesländern kein Problem sein. Hier können die Tiere zentral duch das Veterinäramt betreut - überwacht werden. Man ist der deutsche Michel steif.

  15. 6.

    "Das Schlimmste" sollte man besser abschwächen... weil es viel Schlimmeres gibt.
    "Deutsche Politik ist nicht nur herzlos und ohne Empathie, sondern auch bedauerlich bildungsfern und nicht vorausschauend" - sehr gewagt, wie ermittelt?
    Nicht alle sind traumatisiert, bleiben Sie sachlich, gerade bei diesem Thema:
    https://www.rbb24.de/politik/thema/Ukraine/av7/video-berlin-erste-schritte-ukrainerin-jelena-dobreva-odessa.html

  16. 5.

    Kennen sie diese Möglichkeit um schneller an Termine zu gelangen?
    https://www.stern.de/gesundheit/ueberweisung-zum-facharzt--mit-diesem-code-kommen-sie-schneller-an-einen-termin-7464110.html
    Hier ist der sechs Jahre alte Clip des Gesundheitsministeruims:
    https://www.youtube.com/watch?v=OPkk7hVgf9I

  17. 4.

    Privat läuft schon viel, aber auch beim Tierheim Berlin. Dort kann man sich als Pflegestelle melden. Letzte Woche gab es mehr Pflegestellen als Tiere. Wir haben
    im Haus bei uns auch schon Katzen Entgegenkommen und weiter vermittelt. Es waren Katzen aus einem evakuierten Tierheim. Einfach Initiativen Gründen, geht super über nebenan.de

  18. 3.

    Den traumatisierten Menschen ihr Haustier zu nehmen, ist wohl das schlimmste, was man tun kann. Wo ist das Wissen über die psychische Belastung von Menschen mit Fluchterfahrung? Deutsche Politik ist nicht nur herzlos und ohne Empathie, sondern auch bedauerlich bildungsfern und nicht vorrausschauend.
    Traumatisierte Kinder und Erwachsene brauchen eine gute therapeutische Behandlung. Schon jetzt ist eine bedarfsgerechte Terminvergabe nicht möglich. Es sei denn, man ist Privatpatient.

  19. 2.

    Mir würde es auch das Herz zerreißen, wenn meine Liebe von mir getrennt würde - IHR übrigens auch! Eine gruselige Vorstellung... und das dann noch vor dem Hintergrund der Flucht? Un-menschlich, und un-tierisch! Auch hier wären Spendenaktionen, beispielsweise beim Tierarzt (bis hin zu Impfpatenschaften), bei Fressnapf/Futterhaus und Co möglich. Bitte helft mit, Tiere sind so wichtig für die Seele...

  20. 1.

    Gibt es eine Möglichkeit Menschen mit Tieren in privaten Unterkünfte zu vermitteln? Für die LGBTQ+ Community haben sich mittlerweile viele Foren uÄ zusammen getan, um schutzsuchende Ukrainer:Innern der Community zu vermitteln. So etwas wäre für Geflüchtete mit Tieren auch praktisch, so könnten wir Menschen mit Hund unter gewissen Umständen aufnehmen.

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