Bürgermeisterwahl am Sonntag - Eberswalde hat die Stichwahl
Am Sonntag entscheiden die Eberswalder bei einer Stichwahl, wer ihr Bürgermeister werden soll. Die Sorge wächst, dass das notwendige Quorum nicht erreicht wird: Denn dann wäre der Gewinner trotzdem kein Bürgermeister. Von Juan F. Álvarez Moreno
Am Sonntag wählen die Menschen in Eberswalde ihren neuen Bürgermeister in einer Stichwahl. Zur Wahl stehen der CDU-Kandidat Christian Mehnert und Götz Herrmann, den die SPD und die "Bürger für Eberswalde" unterstützen. Die Stichwahl ist notwendig, da beim ersten Wahlgang am 13. März keiner der damals acht Kandidaten eine absolute Mehrheit der Stimmen erhielt.
In der ersten Wahl-Runde überzeugte Götz Herrmann die meisten Wählerinnen und Wähler (28,2 Prozent). Christian Mehnert schaffte es mit weniger als 3.000 Stimmen (21,7 Prozent) nur knapp auf den zweiten Platz vor der gemeinsamen Kandidatin von Grünen und Linken, Steffi Schneemilch. Obwohl die FDP die vorherige Wahl mit dem jahrelangen Bürgermeister Friedhelm Boginski gewann, landete der neue Kandidat der Partei, Martin Hoeck, nur auf Platz vier.
Ohne Quorum kein Bürgermeister
Bei der Stichwahl in Eberswalde werden die Kandidaten wohl auf ein lateinisches Wort achten müssen: Quorum. Das heißt, dass der Gewinner der Stichwahl nicht nur die Mehrheit der Stimmen holen, sondern auch von mindestens 15 Prozent der etwa 34.000 Wahlberechtigten der Stadt gewählt werden muss. Dieses Ziel wurde bei jeder Wahl in Eberswalde nach 1990 erreicht.
Etwas mehr als 5.100 Stimmen bräuchten also Herrmann oder Mehnert am Sonntag. Am 13. März, als es noch sechs weitere Kandidaten gab, erreichten sie jeweils 3.619 und 2.781 Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 37,7 Prozent. Wenn am Sonntag keiner von den beiden das Quorum erreicht, dann soll die Stadtverordnetenversammlung (SVV) von Eberswalde bis Dezember einen Bürgermeister wählen - oder eine Bürgermeisterin, denn zur Wahl könnten dann wieder andere Kandidaten stehen.
"Ich möchte vom Bürger gewählt werden und nicht anders", sagt Götz Herrmann im Gespräch mit dem rbb. Ausüben wolle er das Amt ohne "diesen Makel". Ähnlich sieht es Christian Mehnert: "Das wäre für die Demokratie kein gutes Zeichen", sagt er.
Neue Wohnungen, Kita- und Arbeitsplätze im Vordergrund
Die Kandidaten Herrmann (44) und Mehnert (43) sind ähnlich alt und erkennen ähnliche Probleme in ihrer Stadt. "Wir haben ja vielfältige Aufgaben im Bereich der Stadtentwicklung und des Wohnungsbaus, wir haben die Kitas und müssen uns um Arbeitsplätze und um gute und bezahlbare Arbeit kümmern", so Mehnert.
Für Herrmann sind Wohnungsbau, Kita- und Arbeitsplätze auch sehr wichtige Punkte. Man müsse sich um "die Fehlbedarfe" der Stadt kümmern, sagt er. Doch zuerst gebe es ein anderes, dringlicheres Problem: "Das erste wird das Krisenmanagement sein, mit dem Fokus, wie wir es mit dem Landkreis zusammen schaffen, die Flüchtlinge hier in der Stadt gut unterzubringen", so Herrmann.
Eine neue Zeit nach Boginski
Ob Herrmann oder Mehnert - der zukünftige Bürgermeister von Eberswalde wird die Stadt endgültig in die Zeit nach Friedhelm Boginski führen müssen. Denn Boginski war 15 Jahre lang Bürgermeister der Stadt und wechselte 2021 für die FDP in den Bundestag. Seine Stellvertreterin Anne Fellner übernahm die Amtsgeschäfte.
Doch dann kamen die Probleme: Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) ermittelte Ende Januar wegen des Verdachts der Untreue gegen Boginski. Der FDP-Politiker soll sein Amt als Bürgermeister zu Wahlkampfzwecken missbraucht haben.
Am Sonntag haben es die Bürgerinnen und Bürger in Eberswalde in der Hand, selbst Boginskis Nachfolger zu bestimmen – oder der SVV die Entscheidung zu überlassen. "Es kommt auf die Wählermotivation am Sonntag an", sagt CDU-Kandidat Mehnert im rbb. "Jede Stimme zählt über den Sieg oder die Niederlage", so sein Kontrahent Herrmann.
Sendung: Antenne Brandenburg, 30.03.2022
Mit Material von Philipp Gerstner