Barnim - Bernauer am Sonntag zur Bürgermeisterwahl aufgerufen

Die Bernauer bestimmen am Sonntag über den Chefposten im Rathaus. Die Hauptaufgabe des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin wird die Bewältigung der Wachstumsfrage sein - die Stadt bewegt sich auf die 50.000-Einwohner-Marke zu.
Rund 35.500 Wahlberechtigte sind am Sonntag in Bernau (Barnim) bei Berlin aufgerufen, ein neues Stadtoberhaupt zu wählen. Insgesamt stehen fünf Kandidatinnen und Kandidaten zur Auswahl, die es auf den Chefsessel im Rathaus zieht.
Dabei steht Amtsinhaber André Stahl (Linke) zur Wiederwahl. Seine Konkurrenten sind Lars Stepniak-Bockelmann (SPD), Markus Brendel (Die Basis), Mario Schlauß (Die Partei) und Anette Kluth (BVB/Freie Wähler).
Einer oder eine der Fünf müssen dann Bernaus drängendstes Problem lösen - das massive Wachstum der Stadt. Seit der Wiedervereinigung hat sich die Einwohnerzahl der Stadt am nordöstlichen Stadtrand Berlins nahezu verdoppelt. Derzeit leben hier 42.000 Menschen und die 50.000-Einwohner-Marke kommt in greifbare Nähe. Mittlerweile ist Bernau die siebtgrößte Stadt in Brandenburg.
Das große Verkehrsaufkommen ist für viele Bernauer ein wichtiges Problem
So wünschen sich Anwohner, dass das Verkehrsaufkommen in der Stadt in diesem Zusammenhang besser organisiert werde. Eine Mutter berichtete im Gespräch mit dem rbb, dass es ohne Ampelanlagen mit kleinen Kindern an der Hand sehr schwierig sei, die andere Straßenseite zu erreichen. In Bernau werde so viel gebaut und so viele Menschen zögen in die Stadt, dass ein Straßenwechsel so sehr herausfordernd sei.
Eine andere Frau forderte, dass die gesamte Infrastruktur für den Auto- und den Nahverkehr überarbeitet werden müsse. Mitunter müsse man mehr als eine Stunde auf Busse nach Schönow oder Zepernick warten.

André Stahl (Linke)
Amtsinhaber Stahl will diese Probleme angehen, wie er sagt. Seit acht Jahren ist er am Ruder und will nicht aufhören. Er sagt, er glaubt, dass 90 Prozent der deutschen Kommunen Bernau um seine Probleme beneiden würden.
Auf seinen Wahlplakaten hat sich Stahl als Marke erfunden. Diese zieren zentral auf weißem Grund eine Brille und eine rote Krawatte. Dass er von der Linken kommt, geht dagegen fast unter. "Da ich immer mit einem hellen Hemd mit roter Krawatte unterwegs bin, ist das tatsächlich ein Markenzeichen von mir und die Brille ist wohl auch sehr prägnant", sagt er.

Lars Stepniak-Bockelmann (SPD)
Mit allzu starker Markenpositionierung hat es Lars Stepniak-Bockelmann (SPD) auf seinen Wahlplakaten nicht. Er ist der gemeinsame Kandidat von SPD und Grünen. Die Einwohnerzahl Bernaus hat sich seit der Wende verdoppelt - deshalb treibt ihn das Thema Wachstum um, wie er sagt. Es gebe viele Neubaugebiete in Bernau. Einheimische, aber auch Menschen aus der Umgebung seien dorthin gezogen.
Wenn Bernau so attraktiv für die Menschen sei, warum sollte man dann den Zuzug beschränken, gibt Steniak-Bockelmann als sein zentrales Credo aus. Man müsse dafür sorgen, dass die Straßen nicht verstopft seien, dass die Pendler ordentlich ans Ziel kämen. Denn Bernau sei noch immer eine Pendlerstadt und die meisten Pendler führen immer noch nach Berlin.

Anette Kluth (BVB / Freie Wähler)
Die Kandidatin von BVB/Freien Wähler, Anette Kluth, will den Zuzug radikal reduzieren, obwohl sie selbst erst vor neun Jahren nach Bernau gekommen ist. "Wir haben mittlerweile Wachstumsschmerzen", sagt sie. "Die werden auch noch stärker werden - spätestens dann, wenn alle jetzt geplanten Neubaugebiete fertig sind. Dann werden wir bei 50.000 Einwohner landen."
Das alles verursache Wachstumsschmerzen - vor allem in den infrastrukturellen Bereichen wie medizinische Versorgung, Verkehr, Soziales, sagt Kluth weiter. "Und das ist aus meiner Sicht nicht mehr verträglich."

Markus Brendel (Die Basis)
Auch der Kandidat der Partei "Die Basis", Markus Brendel - beschäftigt sich mit den Wachstumsschmerzen. Essenziell sei für ihn auch der drohende Energiekollaps, sagt er.
Es müsste in Kooperation mit den Stadtwerken und einer Bürgerversammlung ein Weg gefunden werden, wie mit zu erwartenden Gaspreissteigerungen umzugehen sei, so Brendel weiter. Es brauche sozial machbare Lösungen für die anstehende Heizsaison.

Mario Schlauß (Die Partei)
Die Satire-Partei "Die Partei" hat sich in Bernau mit ihrem Kandidaten Mario Schlauß auf ein herzliches "Fick dich“ reduziert. Aber das sei wenigstens "ehrlich", schreibt er auf seinem Wahlplakat.
Wahlbeteiligung könnte ein Problem werden
Nicht nur wegen des angekündigten heißen und sonnigen Wochenendes könnte die zu niedrige Wahlbeteiligung in Bernau am Sonntag ein Problem werden, im ersten Wahlgang eine Siegerin oder einen Sieger zu küren. So gab in den vergangenen acht Jahren bei Bürgermeister- oder Landratswahlen nicht einmal jeder Zweite in Brandenburg seine Stimme ab.
Wahlberechtigt ist jeder Deutsche oder EU-Bürger, der seinen Hauptwohnsitz in Bernau und das 16. Lebensjahr vollendet hat. Um die Wahl für sich zu entscheiden, muss eine Kandidatin/ ein Kandidat mehr als 50 Prozent der abgegebenen, gültigen Stimmen auf sich vereinen. Zusätzlich muss die Siegerin oder der Sieger das Quorum vom 15 Prozent erreichen - also mehr als 5.300 Stimmen.
Falls am Sonntag keiner der fünf Kandidaten die 50-Prozent-Hürde nimmt und das Quorum schafft, kommt es am 3. Juli zur Stichwahl.
Sendung: rbb24 inforadio, 17.06.2022, 12:50 Uhr