Frankfurt (Oder) wirbt um Zukunftszentrum - Beethoven auf der Brücke

Sa 24.09.22 | 08:16 Uhr | Von Fred Pilarski
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Musiker des Staatsorchesters spielen am 20.09.2022 auf der Stadtbrücke für Dreharbeiten zum Imagefilm für die Bewerbung der Stadt Frankfurt (Oder) um den Standort des Zukunftszentrums. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 21.09.2022 | Fred Pilarski | Bild: dpa/Patrick Pleul

Leipzig, Chemnitz, Plauen, Halle, Jena oder Frankfurt: Der Wettbewerb um die Vergabe des Zukunftszentrums Deutsche Einheit wird hart geführt. Die Konkurrenz ist groß, doch Frankfurt lässt zum Ende der Bewerbungsfrist nichts unversucht. Von Fred Pilarski

Der Platz vor der Oderbrücke – kurz vor dem polnischen Slubice - ist einer der langweiligsten Orte in Frankfurt (Oder). Die Rasenflächen, wo einst Plattenbauten und Grenzabfertigungsbuden standen, könnten jetzt Standort des Zukunftszentrums für europäische Transformation und deutsche Einheit werden.

Wilke: Idee passt zu uns

Die neue Institution soll die ostdeutschen Erfahrungen mit den Umbrüchen nach der Vereinigung würdigen und Lehren daraus nutzbar machen. Zudem sollen die Veränderungen in Ostdeutschland, Mittel- und Osteuropa erforscht, diskutiert und erlebbar gemacht werden.

Als erstes tauchte das Projekt Zukunftszentrum im Bericht der Enquete-Kommission des Bundestags zur Deutschen Einheit auf. "Als ich diesen Bericht gelesen habe", sagt Frankfurts Oberbürgermeister René Wilke (Linke), "da habe ich gedacht: Das passt so gut zu uns! Die Transformationserfahrung, die Wendeerfahrung mit den Aufs und Abs, der europäische Ort, der wir mittlerweile geworden sind. All das gemeinsam kommt doch hier in Frankfurt so gut zusammen", so Wilke weiter.

Der Bund stellt 200 Millionen Euro für den Bau zur Verfügung und bis zu 40 Millionen jährlich für den Unterhalt. 200 Arbeitsplätze könnten entstehen. Bis zu einer Million Besucher jährlich sollen sich angezogen fühlen. Zum Vergleich: Im Berliner Pergamon-Museum kommen nur etwa 800.000 Besucher im Jahr. Große Pläne also.

Das volle Programm kurz vor Frist

Und so fährt Frankfurt kurz vor Ende der Bewerbungsfrist nochmal auf, was aufzufahren geht. Für ein Werbevideo präsentierte sich das Brandenburgische Staatsorchester mit Klängen aus Beethovens Neunter auf der Oderbrücke – genau an der Grenze zu Polen.

Nur wenige Schritte hiervon entfernt - auf dem Campus der Europa-Universität Viadrina - versammelten sich 650 Kinder zu einem musikalischen Regenbogen. Ein Verweis auf den Ort der Forschung: Seit über 30 Jahren widmet sich die Europa-Uni intensiv den Transformationsprozessen in Mittel- und Osteuropa.

Harte Konkurrenz für Frankfurt (Oder)

Für seine Bewerbung hat Frankfurt (Oder) nicht nur die Rückendeckung des Brandenburger Landtags, sondern auch die ausdrückliche Unterstützung von Mecklenburg-Vorpommern und Berlin. Die Brandenburger Kulturministerin Manja Schüle (SPD) betonte unlängst, dass Franfurt (Oder) alle Kriterien des Bundes erfülle. Kein Ort sei besser geeignet, um Umbrüche zu erforschen und sich mit kommenden Herausforderungen zu befassen. Die Stadt an der Grenze zwischen Ost- und Mitteleuropa stehe für Begegnungen und Brückenbau.

Aber Sachsen-Anhalt schickt Halle ins Rennen, Thüringen hat sich für Jena entschieden. Sachsen tritt gleich mit drei Städten gemeinsam an Leipzig, Plauen und Chemnitz. Die sächsischen Bewerberstädte wollen vor allem deren Verdienste um die friedliche Revolution 1989 in den Vordergrund stellen. Das ist harte Konkurrenz also für die Stadt an der Oder.

Hochkarätige Jury

Die Bewerbungsfrist läuft noch bis Ende kommender Woche (30. September). Unterdessen wurde bereits eine 15-köpfige Jury berufen, die über die Vergabe befinden soll. Wie der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), unlängst mitteilte, gehören ihr neun Frauen und sechs Männer an. Zu ihnen gehören unter anderem die frühere Stasi-Unterlagen-Beauftragte Marianne Birthler, die sachsen-anhaltische SPD-Politikerin Katrin Budde, der Soziologe Raj Kollmorgen und der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Weitere Mitglieder sind die FDP-Politikerin Cornelia Pieper, der frühere Brandenburger Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und die ehemalige DDR-Oppositionelle Ulrike Poppe.

Entscheidung für Anfang 2023 geplant

Die Jury wird laut Schneider in den kommenden Monaten die Bewerberstädte bereisen und dann eine Empfehlung aussprechen. Die Entscheidung ist für Anfang 2023 geplant. Im Anschluss ist ein Architekturwettbewerb vorgesehen.

Mit dem Bau soll 2026 begonnen werden. 2028 soll das Zentrum in Betrieb genommen werden. Die Einrichtung war eine der zentralen Empfehlungen der Kommission "30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit".

Sendung: Antenne Brandenburg, 21.09.2022, 15:40 Uhr

Beitrag von Fred Pilarski

7 Kommentare

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  1. 5.

    Sachlich richtig. Ich habe aber so meine Zweifel, wenn ich im Bericht sehe, wer die Entscheidungen in der Jury treffen soll über die richtige Standortwahl.

  2. 4.

    Schon mitbekommen, dass sich Gesellschaft in einem ständigen Wandel (Transformation) befindet.
    Dies wissenschaftlich zu begleiten ist dringend notwendig, um Fehler zu wiederholen.
    Sie erinnern sich z.B. die Transformation in DEU und Europa von 1988 bis in die Gegenwart lief nicht jederzeit optimal. Die blühenden Landschaften haben lange auf sich warten lassen und viele fühlen sich immer noch abgehängt, vielleicht auch weil sie es sind. Da gibt es also reichlich zu forschen wie man es in Zukunft besser machen und erklären kann.
    Und das so eine Einrichtung nach dem Bau Kosten verursacht dürfte klar sein. Die Wissenschaftler arbeiten nicht für lau und auch der Bund als Träger muss Strom, Wärme und Instandhaltung bezahlen.

  3. 3.

    Über dieses Zentrum mit dem sperrigen Namen wird schon lange diskutiert. Wenn wir denn so etwas brauchen sollten, so muss die Jury berücksichtigen, dass es am Standort Frankfurt/Oder - Eisenhüttenstadt und zudem direkt an der Grenze zu Polen einen größeren Effekt hätte als anderswo. Denn in Eisenhüttenstadt haben wir ein Werk(ssiedlungs)Bauensemble unter Schutz, es wird/wurde Kunst am Bau/Kunst überh. in vorbildl. Weise rekonstruiert u. renoviert. In Leipzig haben wir zwar ein bemerkensw. zeitgeschichtl. DDR-Museum.Trotzdem bleibt ein schaler Geschmack in Bbg,da sich die Verantwortli noch immer nicht so richtig erklären konnten, was konkret zu leisten ist. Wiedervereinigung - und wie weiter? Lehren f. andere? Es steht zu befürchten, dass die Bevölkerung nicht mitziehen kann. Denn FF/O.als schon interess. Stadt an einer Grenze! hat(leider)immer noch sehr viele Baustellen in der Innenstadt. Ob andere Nationen derartiges Interesse haben sollen? Sehr viele Fragen,schwer vermittelbar

  4. 2.

    Nein, sondern wie es zum Herbst 89 gekommen ist. Ich selbst bin im Besitz einer Tonaufzeichnung einer Demo in Erfurt, wenn ich mir diese öffentlich übertragene Kundgebung abhöre und die Gründe warum die Menschen auf die Straße gegangen sind, dann zeigt das das ganze Versagen einer sozialistischen Ideologie wie sie angeblich von der Spitze der DDR vertreten wurde. Ich hoffe Sie erinnern sich auch an den Bericht des Jugendsenders aus Wandlitz und die „luxuriöse“ Ausstattung im Gegensatz z. Platte!

  5. 1.

    Mir erschließt sich ehrlich nicht der Sinn dieses Transformationszentrums nicht. Und jährlich 40 Millionen Euro für die Arbeit nach der Fertigstellung des Zentrums. Für was???? Für mich ist das alles Augenwischerei. Wollen die noch 33 Jahre forschen, warum die Ostdeutschen immer noch deutlich weniger verdienen????

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