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Audio: rbb|24 | 15.05.2023 | Tony Schönberg | Quelle: rbb

Frank Steffen gewann die Stichwahl

Gewählter Landrat "besorgt" wegen AfD-Ergebnis in Oder-Spree

Der AfD-Kandidat in Oder-Spree ist bei der Stichwahl nur knapp nicht zum bundesweit ersten Landrat seiner Partei gewählt geworden. Der SPD-Kandidat und Gewinner zeigt sich mit dem Ergebnis nicht ganz zufrieden - und seine Partei kritisiert die CDU.

Nach der Landratswahl in Oder-Spree zeigt sich der Wahlsieger Frank Steffen (SPD) nach dem knappen Wahlergebnis nachdenklich: "Das ist natürlich etwas, was mich besorgt macht, dass so viele Menschen bereit sind, bei der AfD ihr Kreuz zu machen", sagte Steffen dem rbb. Steffen hatte sich bei der Stichwahl am Sonntag mit 52,4 Prozent der Stimmen gegen den AfD-Kandidaten Rainer Galla durchgesetzt.

Er zeigte sich trotzdem zufrieden, dass die Mehrheit der Wähler ihm ihr Vertrauen geschenkt haben. Ihm und der SPD sei gelungen, genug Menschen zu mobilisieren, die verhindern wollten, dass Oder-Spree der erste deutsche Landkreis mit einem AfD-Landrat werde, so Steffen. Nun wolle er die Interessen aller Bürger vertreten.

AfD-Kandidat unterliegt in der Stichwahl

SPD-Kandidat Steffen siegt knapp bei Landratswahl in Oder-Spree

Im Landkreis Oder-Spree hat sich SPD-Kandidat Frank Steffen knapp gegen den Amtsbewerber von der AfD, Rainer Galla, durchgesetzt. Steffen kam in der Stichwahl am Sonntag auf 52,4 Prozent der Stimmen.

Bundespolitik habe eine große Rolle gespielt

Vor allem die Briefwähler haben für Steffen votiert, der im ersten Wahlgang noch hinter Galla lag. Erfüllt wurde auch das Quorum, wonach mindestens 15 Prozent aller Wahlberechtigten für den Sieger stimmen müssen. Die Wahlbeteiligung lag bei 38,5 Prozent.

Steffen ist amtierender Bürgermeister von Beeskow und wird voraussichtlich Anfang August ins Landratsamt einziehen und als Bürgermeister zurücktreten.

Im Wahlkampf hätten viele bundespolitische Themen eine große Rolle gespielt. In Teilen der Bevölkerung herrsche eine große Unzufriedenheit mit der Bundespolitik und den mehreren gleichzeitigen Krisen. "Es ist der AfD gelungen, das zu einer Abstimmung zu machen über diese Politik." Als dringendste Aufgaben im Landkreis nannte er Schulneubauten, die Unterbringung von Geflüchteten und einen stabilen Haushalt.

Galla bewertet sein Ergebnis als Erfolg

"Herzlichen Glückwunsch an Herrn Steffen, den Kandidaten der Einheitsfront", sagte der AfD-Kandidat Rainer Galla am Wahlabend. Er sei stolz darauf, viele Wähler mobilisiert zu haben. "Das Ergebnis selbst ist für mich persönlich ein Erfolg. Wenn man so knapp verliert, dann kann man sagen, man hat fast alles richtig gemacht."

Die Menschen in Oder-Spree seien mit der gesamten Bundes-, Landes- und auch Landkreispolitik unzufrieden. Sie hätten dieser Unzufriedenheit nicht nur als Protest, "sondern als dauerhafter Wunsch nach einem Wechsel" Ausdruck gegeben, so der AfD-Kandidat. Seine Partei könne nach dem Ergebnis mit großer Zuversicht in die nächsten Kommunal- und Landtagswahlen gehen.

Die Wahl des Landrates war bundesweit beobachtet worden, denn Galla wurden Chancen eingeräumt, der erste AfD-Landrat in Deutschland zu werden. Galla ist Rechtsanwalt, er lebte bis vor vier Jahren in Bayern und arbeitet in der AfD-Bundestagsfraktion.

Klingbeil: CDU habe mit dem Feuer gespielt

Der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil hat nach der Wahl einen Appell an die CDU gerichtet. Die Christdemokraten spielten mit dem Feuer, sagte Klingbeil im rbb24 Inforadio am Montag. Die CDU müsse darauf achten, dass die Brandmauer gegen Rechts weiter besteht. Der Bundesvorsitzende wirft den Christdemokraten vor, den SPD-Kandidaten nicht unterstützt zu haben. Der Kreisverband der CDU und die Freien Wähler hatten im Vorfeld der Stichwahl keine Wahlempfehlung abgegeben. Sie riefen die Bürger dazu auf, wählen zu gehen.

Woidke: Ging um mehr als nur den Landratsposten

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat angesichts des knappen Wahlausgangs eine klare Haltung der demokratischen Kräfte angemahnt. Woidke sagte dem rbb am Montag, er hätte sich eine breite Front der demokratischen Parteien gewünscht, um zu verhindern, dass Brandenburg insgesamt in ein schlechtes Licht gerückt wird. Es sei um mehr gegangen als nur den Landratsposten. Woidke erwartet ähnliche Herausforderungen bei kommenden Wahlen in Brandenburg. Er sei sich aber sicher, dass das Land diese meistern werde.

Brandenburgs Linke-Chef Walter nannte es "fahrlässig und unverantwortlich", dass CDU und auch Freie Wähler keine Empfehlung für die Wahl abgegeben haben.

"Was ich wirklich sehr fatal finde, ist, dass wir - anders als in Cottbus bei der Oberbürgermeisterwahl vor einigen Monaten - keine gemeinsame Mobilisierung der demokratischen Parteien hatten", sagte der Politikprofessor Gideon Botsch von der Universität Potsdam am Montag. "Der Effekt, einen AfD-Kandidaten zu verhindern, ist in dieser Wahl offensichtlich nicht eingetreten", stellt er fest. "Das hatten wir bei den letzten Wahlen in den ostdeutschen Ländern relativ oft, dass die Menschen mobilisiert wurden, um eine AfD als stärkste Kraft zu verhindern, und das auch getan haben", unterstrich Botsch.

Interview | Amtsinhaber vor der Stichwahl in Oder-Spree

Herr Lindemann, was macht eigentlich ein Landrat?

Demnächst entscheidet sich, ob der Landratsposten in Oder-Spree innerhalb der SPD bleibt oder an die AfD geht. Viele Wähler haben jedoch nur eine vage Vorstellung, welche Aufgaben mit dem Amt einhergehen. Der scheidende Kreis-Chef Lindemann gibt Einblick.

CDU-Chef Redmann räumt Fehler ein

Unterdessen räumt Brandenburgs CDU-Chef Jan Redmann Fehler ein. "Wir alle haben die Stichwahl unterschätzt", sagte Redmann am Montag auf Anfrage. Das Wahlergebnis müsse ein Weckruf sein, betonte er. "Einfach nur Unterhaken gegen die AfD ist zu wenig, um sie klein zu kriegen."

Es gebe eine Entfremdung zwischen der Politik und den Menschen vor Ort, konstatierte Redmann. "Wir müssen dem Frustrationsverstärker AfD ein pragmatisches, positives Angebot entgegenstellen", forderte er. "Es bedarf einer Politik, die Mut macht und Lösungen für die allgegenwärtigen Probleme der Leute anbietet."

Freie-Wähler-Landeschef Péter Vida hatte knapp erklärt, beide Kandidaten - Steffen und Galla - seien für die Freien Wähler aus unterschiedlichen Gründen nicht wählbar gewesen.

Vorgänger Lindemann zeigte sich erleichtert

Der bisherige Landrat von Oder-Spree, Rolf Lindemann (SPD), nahm das Ergebnis zwar mit Erleichterung auf, zeigte sich aber wie Steffen über den knappen Ausgang besorgt. "Es zeigt, dass die bürgerliche Mitte in der Politik Wähler in Größenordnungen nicht mehr erreicht." Lindemann, der in den Ruhestand gehen wird, verteidigte seine Politik in Oder-Spree. So habe beispielsweise der Landkreis aktuell keine Schulden. Seine Partei müsse daran arbeiten, dass Ergebnisse bei der nächsten Wahl besser werden.

Sendung: rbb|24, 15.05.2023, 13:00 Uhr

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