Probleme mit steigendem Sulfat-Anteil - Frankfurt fürchtet Trinkwasser-Probleme durch Cottbuser Ostsee

Fr 12.04.19 | 16:17 Uhr | Von Fred Pilarski
  9
Der Ostsee nahe Cottbus vor Beginn der Flutung am 12.04.2019 (Bild: rbb/Mirja Fiedler)
Video: Brandenburg Aktuell | 12.04.20.19 |Andreas Rausch | Bild: rbb/Mirja Fiedler

Während die Lausitz den Beginn der Flutung des ehemaligen Tagebaus Cottbus Nord feiert, wachsen in Frankfurt (Oder) die Sorgen: Könnte der neue Ostsee die Sulfatbelastung des Frankfurter Trinkwassers verschärfen?

Der Ostsee nahe Cottbus vor Beginn der Flutung am 12.04.2019 (Bild: rbb/Mirja Fiedler)
Durch dieses Flutungsrohr kommt das Spreewasser für den zukünftigen Ostsee. | Bild: rbb/Mirja Fiedler

Seit Freitagmittag ist es offiziell: Der Cottbuser Ostsee kann geflutet werden. Das Landesbergbauamt hat den Planfestellungsbescheid dafür erlassen. Am Freitagabend steigt dann auch die große Flutungsparty im ehemaligen Tagebau Cottbus Nord. In Frankfurt (Oder) hält sich die Begeisterung allerdings in Grenzen. Der städtische Wasserversorger erwägt sogar, rechtliche Schritte gegen die Flutung einzuleiten.

Sulfate lassen sich nicht wegfiltern

Obwohl Frankfurt (Oder) gar nicht an der Spree liegt, kommt das Trinkwasser der Stadt nach Angaben des Versorgers, der Frankfurter Wasser- und Abwassergesellschaft (FWA), zu 75 Prozent aus der Spree.

Die entscheidende Rolle spielt dabei das Wasserwerk in Briesen, das Frankfurt gehört. Dort wird Spreewasser in große Becken gepumpt, versickert und wird dabei gereinigt.  Das Trinkwasser ist also ein Mix aus Grundwasser und Spreewasser. In den letzten Jahren aber ist das Spreewasser immer stärker belastet, durch den Bergbau, aber auch durch die Flutung von Tagebauen: Zum einen mit Eisen - das kann man herausfiltern. Schwieriger sind die Sulfate, also Schwefelsäuresalze. Diese lassen sich nicht so einfach trennen, sondern nur verdünnen. Sulfate können bei zu hoher Konzentration Durchfallerkrankungen auslösen.

Inzwischen liegen die Sulfatkonzentrationen schon bis zu einem Drittel über dem Grenzwert. Mit der Flutung in Cottbus erwarten Frankfurts Wasserwerker einen noch größeren Anstieg. Deshalb wird das Spreewasser umso stärker mit Grundwasser aus den Trinkwassereinzugsgebieten verdünnt.

Der Ostsee nahe Cottbus vor Beginn der Flutung am 12.04.2019 (Bild: rbb/Mirja Fiedler)
Das hier vorhandene Wasser ist das Ergebnis einer ersten Testflutung des ehemaligen Tagebaus. | Bild: rbb/Mirja Fiedler

Zehn Millionen Euro Investitionen - vorsorglich

Das Problem ist, dass man in Briesen nicht unendlich Trinkwasser zur Verdünnung der Spree fördern kann, die Quellen würden sich irgendwann erschöpfen. Deshalb will Frankfurt jetzt ein altes Wasserwerk in Müllrose sanieren. Dort kann und darf noch weiteres Trinkwasser gefördert werden. Allerdings müssen das Werk und die entsprechenden Leitungen erstmal saniert bzw. neu verlegt werden. Zehn Millionen Euro soll das kosten. Und die Frankfurter würden diese natürlich gerne an die Verursacher weiterreichen - und nicht an die Verbraucher.

Landamt für Bergbau hält dagegen sinkende Sulfatwerte für möglich

Der Planfeststellungsbeschluss kommt allerdings zu einem anderen Ergebnis. Demnach könnte die Sulfatbelastung in der Spree durch den See sogar sinken.

Derzeit werde das Wasser rund um den Tagebau abgepumpt und mit Grundwasser verdünnt, bevor es in die Spree geleitet wird. Dadurch würden die Grenzwerte in Frankfurt eingehalten. Parallel zur Flutung wird die Absenkung des Grundwassers eingestellt. Laut Modellen des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) könnte die Sulfatbelastung dann sogar sinken. Die Werte würden darüberhinaus regelmäßig kontrolliert.

Hat die Spree überhaupt genug Wasser?

Den Grünen in Brandenburg warfen am Freitag überdies die Frage auf, ob das Wasser der Spree überhaupt reichen wird: "Seit einiger Zeit liegt der tägliche Durchfluss der Spree bei Cottbus lediglich bei etwa acht Kubikmeter pro Sekunde. Normal wären etwa zwölf Kubikmeter pro Sekunde", teite die bergbaupolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion Heide Schinowsky mit.

"Ich bin sehr skeptisch, ob ausreichend Wasser für eine ab jetzt kontinuierliche Flutung des Ostsees vorhanden ist." Klimaforscher erwarten, dass die Niederschläge bei einem fortschreitenden Klimawandel in der Region Berlin-Brandenburg zwar insgesamt zunehmen - die Menge im Sommer jedoch sinkt.

Der Umweltverband Grüne Liga kritisierte, dass der knapp 600 Seiten starke Planfeststellungsbeschluss erst am Freitag, unmittelbar vor der Flutung veröffentlicht wurde.

Beitrag von Fred Pilarski

9 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 9.

    Dann pumpen wir einfach wieder etwas Wasser mit Braunkohlestrom zurück!

  2. 8.

    Es geht nicht um das Wohl des Volkes, sondern um Profit = Kosten egal, es kann immer noch (nach oben) nachgebessert werden.
    Notfalls, mit zwielichtigen Gebühren an Bürgerinnen & Bürger

  3. 6.

    Die politisch gewollten Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Bergbauämter haben lange Tradition (vgl. dazu die "Zwischenlagerung" von radioaktivem Müll aus den AKWs). Für die Energieerzeugung wird unnötigerweise weiterhin Raubbau an der Natur betrieben. Die zerstörte Natur und Folgekosten werden nachfolgenden Generationen hinterlassen. Während aktuell bereits die Sanierung von nitratbelastetem Grundwasser ansteht; kommen mehr Sulfatbelastungen in Gewässern hinzu. "Der BUND befürchtet, dass es nach dem Ende des Tagebaus durch wieder ansteigendes Grundwasser zu weiteren Sulfat- und Eisenockereinträgen in die Spree kommt. Dieses Problem hatte es bereits bei anderen Tagebauen gegeben, die Spree verfärbte sich daraufhin vielerorts braun. Nach Angaben der Naturschützer würden allein durch den Tagebau Welzow-Süd jährlich knapp 66 Millionen Kubikmeter Grundwasser in die Spree abgeleitet." https://www.rbb24.de/studiocottbus/wirtschaft/2019/04/klage-greenpeace-bund-tagebau-welzow-sued.html

  4. 5.

    Klimawandel Klimaschutz ja ist nicht verkehrt
    was aber machen wir z.B. mit dem gebrauchten Trinkwasser reinigen(?)und in Spree/Havel einleiten und dann den Salzgehalt der Nordsee zu verringern.
    Es sollte die Chance haben hier bei uns als Grundwasser in die Tiefe zu gelangen und auch wieder zu Tage zu treten.
    Brandenburgs Landwirtschaft braucht auch Bewässerung mittels Melioration(?) muss teilweise aktiviert werden. Es darf kein Tropfen (TrinkWasser) der Region verloren gehen.

  5. 4.

    Und was passiert wenn es wieder so wird wie voriges Jahr,so das die Spree zu wenig Wasser hat.

  6. 3.

    Das Landesbergamt hat im Auftrag der Landesregierung immer pro Kohle agiert. Zum dank hat Woidke Herrn Freitag (Ehem. Chef von Landesbergamt) dann nach Potsdam geholt.
    Die echten Probleme kommen erst noch, weitere vier riesige Kohlelöcher warten darauf geflutet zu werden, und das bei zunehmender Wasserknappheit. Der "billige" Kohlestrom wird noch sehr teuer werden. Hoffentlich quittiert das der Bürger im Herbst.

  7. 2.

    Dieser Artikel sollte Sie auf keinen Fall davon abhalten, nach Frankfurt zu ziehen. Das Trinkwasser aus der Leitung ist in Deutschland immer von guter Qualität, auf jeden Fall gesundheitlich unbedenklich. Und was die Kosten der Sanierung und Ertüchtigung angehen, die hier angegeben werden, dürfte sich das nicht signifikant auf Ihre Jahreswasserrechnung auswirken.

  8. 1.

    Ich hatte überlegt nach Frankfurt Oder zu ziehen. Aber das werde ich nun auf jeden Fall nicht tun.

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren