"Vertical Indoor Farming" in Brandenburg - Forscher testen Pflanzenanbau ohne Erde, Sonnenlicht und Wasser

Sa 23.07.22 | 08:18 Uhr
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Vertical Indoor Gardening
Video: rbb|24 | 25.07.2022 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Bild: rbb24 Brandenburg Aktuell

Wissenschaftler und ein Unternehmen aus Hennickendorf bei Strausberg testen in Brandenburg die vertikale Pflanzenzucht ohne Sonnenlicht und ohne Regen. Mit der Methode lässt sich sogar Reis in Deutschland anbauen.

Ein Unternehmen aus Hennickendorf bei Strausberg (Landkreis Märkisch-Oderland) will Hallen für den vertikalen Pflanzenanbau bauen. In Paulinenaue im Havelland gibt es bereits Prototypen des sogenannten "Vertical Indoor farming" vom Unternehmen BioEnergieLand in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität.

Im Forschungsort in Paulinenaue werden die einzelnen Paletten mit Pflanzen angestrahlt. Die Paletten sind übereinandergeschichtet. Die futuristisch wirkenden Regale sind damit platzsparend. In dieser Umgebung sollen Schädlinge kaum eine Rolle spielen, was der Einsatz von Pestiziden unnötig machen soll.

90 Prozent weniger Wasserverbrauch

Laut dem Forscher Patrick Krieger ist das Wassermanagement in dem Projekt zukunftsweisend. Die Pflanzen müssen fast gar nicht gegossen werden, sagt Krieger, der mit der Humboldt-Universität an dem Projekt beteiligt ist. Laut Unternehmensangaben soll die Methode etwa 90 Prozent weniger Wasser verbrauchen als der konventionelle Pflanzenbau. Das sei in Zeiten von Wassermangel nicht unwichtig.

"Wir sehen kein Wasser auf der Oberfläche, das heißt, die Pflanzen transpirieren. Das Transpirat wird am Ende im Prototyp durch die Klimatisierung aufgefangen und in den Bestand wieder eingespeist", sagte Krieger im rbb. Verloren gehe nur das Wasser, das in der Pflanze gebunden ist, so der Forscher.

Pflanzenbau wie im Fließband

In den speziellen Zuchthallen soll die Beleuchtung auch eine wichtige Rolle spielen. Denn die Besonnung der Pflanzen ist voll regelbar, sagte der Projektleiter, Frank Riesbach, dem rbb. Beleuchtet wird mit stromsparenden LED-Lampen. Für die Züchtung werde auch keine Erde benötigt, nur bunte kompostierbare Substrate.

"Wir sind die ersten weltweit, die die Pflanzen wie im Fließband von vorne nach hinten in drei Sektionen fahren lassen: vorne kommen die Jungpflanzen rauf, hinten wird geerntet – tagtäglich“, so der Projektleiter weiter. Das System sei nachhaltiger als der Anbau in Gewächshäusern, die im Sommer zu heiß werden.

Pflanzenbau wie im Fließband

Getestet wurde bisher der Anbau von etwa vierzig Pflanzensorten, unter anderen Weizen, Gerste und Kartoffeln. Nun sei der Reis dran. "Eine Pflanze die eigentlich bei uns nicht wächst", sagte der Projektleiter Riesbach. "Da wir aber den Lichtzyklus selber einstellen können, ist das möglich, auch in unseren Breiten weltweit Reis zu produzieren". Es gehe auch darum, lange Transportwege und damit CO2 zu sparen.

Bisher handelt es sich aber nur Pilotprojekte: In Paulinenaue im Havelland wird erstmal geforscht. Hier sollen demnächst weitere Pflanzensorten auf Nährlösungen und nur unter künstlichem Licht aufgezogen werden. Aktuell wird in dem Ort die erste Halle gebaut, Ende des Jahres soll es dann dort mit dem Pflanzenbau losgehen.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 22.07.2022, 19:30 Uhr

19 Kommentare

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  1. 19.

    Wieder so eine halbe Totgeburt. Warum wird nicht erst berichtet wenn nachweisbar Ergebnisse vorliegen und wir Bürger / Testbürger das Zeug getestet haben und Qualität und Geschmack für gut oder besser befunden haben. Ihr müsst es sehr nötig haben uns die Absichten schon fast als Perspektive zu verkaufen. Sind wir schon zurück ins SED-Zeitalter ? Das Land ist schon durch Corona und Gasproblem schockiert.

  2. 18.

    Schmeckt ziemlich gut. Die Pflanzen bekommen exakt was sie brauchen. Weil man Schädlinge einfacher draußen lassen kann braucht es keine Pestizide. Gute Sache eigentlich, nur ein bisschen zu teuer um Dinge wie Weizen oder Kartoffeln anzubauen.

  3. 17.

    Die landwirtschaftliche Nutzfläche (der Welt) ist endlich, dass Wachstum der Menschheit (erstmal) nicht.
    Somit könnte dieser Ansatz eine Möglichkeit bieten, die wachsende Anzahl an hungrigen Mäulern zu stopfen.

  4. 16.

    So stelle ich mir die Vorbereitung auf eine Zeit hinsichtlich Klimaprobleme "
    Genau. Mag doch die Welt den Bach runtergehen, so lange mein Salat inne Halle wächst ist alles ok.

  5. 15.

    Das kann unmöglich schmecken. Bäh.

  6. 14.

    Zudem stellt sich die Frage, muss bei Hydrokultur nicht eine Osmoseanlage verwendet werden? Wie wird da Wasser gespart? Meines Wissens lassen sich dort auch nur mineralische Düngermittel verwenden.
    Ausserdem versuche ich mir gerade vorzustellen, wieviele Hallen gebaut werden müssten, um die riesigen Reisfelder Asiens zu ersetzen.

  7. 13.

    Die Sonne muss auch gar nicht vollständig ersetzt werden. Über LED kann man ziemlich exakt und effizient die Wellenlängen einstellen, die für die Photosynthese notwendig sind und alles andere weglassen.
    Kürzlich hab ich was über Agrophotovoltaik gelesen. Gibt wohl durchscheinende PV-Module bei denen die Erträge unter den Modulen größer als bei vollem Sonnenlicht sind. Irgendwo im roten aber noch sichtbaren Bereich mögen viele Pflanzen wohl recht gern.
    Das dürfte auch in unseren Breiten ganzjährig interessant sein, da man jederzeit frische Ware liefern kann. Wenn man möchte sogar Kohl im Sommer oder Kartoffeln im Winter. Braucht also weniger im Kühlhaus einlagern und Produktion vor Ort ohne weite Transporte. Das spart dadurch reichlich Energie und somit auch CO2.

  8. 12.

    Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen. Und eine Katastrophe verhindern oder deren Folgen minimieren ist immer noch sinnvoller, als sich nur auf die (dann schlimmsten) Folgen vorzubereiten.

  9. 11.

    Naja, für unsere Breiten doch eher nur im Winter ratsam. Jeder, der sich mit Pflanzenanbau unter Kunstlicht und Outdoor auskennt, weiss das die Sonne niemals so leicht ersetzt werden kann. Ich bezweifle das die CO2 Emissionen geringer sind. Die Lampe muss produziert werden und verbraucht nicht soo wenig Strom im Verhältniss zum Ertrag. Wäre ja irgendwie absurd Solarenergie zu nutzen, um Lampen zum Leuchten zu bringen, die dann Pflanzen zum wachsen bringen.
    Aber forscht ruhig weiter! Für dunklere Zone oder Weltraum sicher nützlich!

  10. 10.

    Ein guter Ansatz ist schon - irgendwie. Auf den Nährwert, natürlich auch auf den Geschmack, bin ich ebenso gespannt wie auf die Art und die Ergebnisse einer möglichen Schädlingsbekämpfung. Bis zur Marktreife wird es sicher noch "etwas" dauern und Überzeugungsarbeit wird dann vor allem für den Kopf geleistet werden müssen.
    Mir ist beim Lesen des Artikels dieser Uralt-SciFi-Film Silent Running (Lautlos im Weltall) eingefallen.

  11. 9.

    Ich glaube an soetwas erst wenn das erste Kilo Gemüse oder die erste Tüte Reis im Supermarkt im Regal liegt.
    Solange sind das in meinen Augen Fantasiegebilde.

  12. 7.

    Ich glaube, soweit sind Sie noch nicht. Die Selbstdarstellung ist - natürlich - extrem positiv: https://www.bioenergieland.com/de/klimakammer-2/ klar, sie wollen ja ihr Produkt verkaufen. Auch zum Flächenertrag, den Matthias hier richtigerweise ins Spiel bringt, habe ich nichts gefunden, auch nicht auf der Seite der Humboldt-Innovation, über welche die HU wohl solche Projekte unterstützt: https://humboldt-innovation.de/de. Wenn das läuft, wäre es imho eine Supersache. @Georg: zumindest was Pestizide betrifft, steht es auf deren Webseite, sie wollen ohne auskommen.

    Grüße
    Navan

  13. 6.

    Ohne Erde kein Geschmack. Das kennt man von Holland-Tomaten. Vielleicht eine Möglichkeit, 20 Mrd. Erdbewohner zu ernähren, aber ein Genuß wird das nicht.

  14. 5.

    So stelle ich mir die Vorbereitung auf eine Zeit hinsichtlich Klimaprobleme vor und nicht auf der Straße rumrennen oder -kleben und nur Forderungen stellen.

  15. 4.

    @rbb Bitte noch mal nachtragen wie der Flächenertrag aussieht oder erhofft wird. Sonst kann man sich schlecht vorstellen welchen Marktanteil man damit erreichen kann.
    Reis und Getreide braucht im Freien ja auch einiges an Fläche was in der Halle auch übereinander nicht leicht vorstellbar ist.

  16. 3.

    "Ohne Wasser", wie in der Überschrift verheißen, stimmt dann ja einfach nicht.
    Und über den Stromverbrauch für das Licht (sowie für "bunte Substrate") liest man auch nichts Konkretes.
    Ich bin auf jeden Fall dafür, aber etwas genauere Informationen dürften es schon sein, um das Ganze beurteilen zu können - statt nur zu schreiben "stromsparende LED-Lampen".
    Auch Leuchtdioden sind zuerst einmal stromverbrauchende Lampen...

  17. 2.

    Eine tolle Sache. Gerade in Bezug auf kurze Transportwege. Es erhöht sogar die Angebotsvielfalt, weil unabhängig von Jahreszeiten produziert werden kann. Genutzt wird (wurde?) ein solches Verfahren schon in der Antarktis, zur Versorgung der Niemeyer-Station. Vor Jahren gabs auch einen Test untertage. Aber die Erdbeeren waren total geschmackslos. Das war nicht zufriedenstellend.
    Auch wenn es wieder Proteste gibt, weil es nicht "naturgemäß" ist. Was an heutiger Landwirtschaft ist naturgemäß. Da dürfte nichts wachsen, wenn es kein Wasser gibt, oder die Schädlinge sich ihren Teil holen.

  18. 1.

    Hochinteressant! Gibt es schon erste Abschätzungen zu Gestehungskosten? Pestizide und Düngereinsatz?

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