IHK-Umfrage - Mehrheit der Ostbrandenburger Unternehmen hält Russland-Sanktionen für überzogen

Mo 22.08.22 | 17:58 Uhr
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Hinter vielen Einfamilienhäusern und Plattenbauten ist die Rohölverarbeitung der PCK-Raffinerie GmbH zu sehen. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 22.08.2022 | Michael Lietz | Bild: dpa/Patrick Pleul

Firmen aus Ostbrandenburg sprechen sich für eine Lockerung der gegen Russland verhängten Sanktionen aus. Das hat eine Umfrage der Industrie- und Handeslkammer ergeben. Der Importstopp für russisches Öl wird als besonders hart angesehen.

Die Mehrheit der Ostbrandenburger Unternehmen hält die Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) zufolge für überzogen. 63 Prozent hätten angegeben, die aktuelle Wirtschaftssanktionen seien "deutlich zu hart" oder "zu hart", teilte die IHK Ostbrandenburg nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur am Montag in Schwedt (Uckermark) mit.

Die IHK stütze sich demnach bei der Umfrage auf 1.085 Antworten von Unternehmen. Die Firmen, die von den Sanktionen stärker betroffen seien, hielten sie auch für weniger angemessen, heißt es weiter. "Es waren in allen Branchen die Mehrheiten, die gesagt haben: Wir sind 'stark' oder 'sehr stark betroffen'", sagte der Hauptgeschäftsführer der IHK Ostbrandenburg, Gundolf Schülke, dem rbb. Der Energiebereich und die allgemeinen Preissteigerungen spielten dabei die größte Rolle, so Schülke.

64 Prozent für Lockerungen

Vier von fünf befragten Unternehmen hielten die Sanktionen gegenüber Russland demnach für ungeeignet, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Vor diesem Hintergrund würden 64 Prozent eine Lockerung der Sanktionen fordern. Demgegenüber hätten sich jedoch auch 23 Prozent für eine Verschärfung der Maßnahmen ausgesprochen und weitere 13 Prozent würden sie in ihrem derzeitigen Umfang beibehalten wollen.

"Mit dem Thema Gas und Öl geht man eher davon aus, dass die Sanktionen eigentlich die Wirkung nicht entfalten in Russland, wie man sich das vielleicht ursprünglich erwartet hatte", sagte Schülke. Man verlange deswegen danach, die Sanktionen zu überdenken.

Laut Umfrage ist die Mehrheit der befragten Unternehmen von den Sanktionen gegen Russland stark betroffen. 55 Prozent hätten angegeben, sie litten "stark" oder "existenzbedrohend" unter den Auswirkungen. Dabei gehe es zum Beispiel um gestiegene Einkaufspreise, gestiegene Energiepreise, Beeinträchtigungen im internationalen Zahlungsverkehr oder gestörte Lieferketten. Überdurchschnittlich stark betroffen seien der IHK zufolge die Industrie (71 Prozent), der Bau (70 Prozent), das Gastgewerbe (74 Prozent) und die Logistik (89 Prozent), schreibt die DPA.

69 Prozent für Ausnahme bei Pipeline-Öl

Mit 69 Prozent dränge nach IHK-Ansicht eine deutliche Mehrheit darauf, dass Deutschland eine Ausnahmeregelung für Pipeline-Öl in Anspruch nehmen sollte, um weiter russisches Öl zu beziehen, schreibt die DPA. Der EU-Importstopp für russisches Öl sei demnach ein besonders gravierendes Problem für die Ostbrandenburger Wirtschaft.

Die PCK-Raffinerie in Schwedt wird zum Beispiel bisher über die Druschba-Pipeline mit russischem Öl versorgt. Wegen des geplanten Öl-Embargos sucht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) alternative Ölquellen. Die Raffinerie beliefert einen großen Teil Ostdeutschlands, Berlins und Westpolens.

Die Mehrheit der befragten Unternehmen spricht sich bei der Frage einer langfristigen Versorgungssicherheit laut IHK dafür aus, verstärkt erneuerbare Energien wie Wind, Solar oder Wasserstoff zu nutzen und die Laufzeiten bei Atom- und Kohlekraftwerken zu verlängern, wie die DPA berichtet. Die Unternehmen seien zugleich gegen verstärkte Öl- und Gasimporte aus Ländern wie Katar oder Saudi-Arabien.

Uckermark-Landrätin offen für Nord Stream 2

Die Landrätin der Uckermark, Karina Dörk (CDU), forderte neben Öllieferungen über die Druschba-Pipeline auch, dass noch einmal über eine Inbetriebnahme der Gas-Pipeline Nord Stream 2 nachgedacht werden solle. "Was helfen uns dann die ganzen moralischen Gründe, wenn wir nachher zum Schluß unsere Wirtschaft, unsere Menschen an den Abgrund treiben", sagte Dörk dem rbb.

Einer solchen Einschätzung widersprach Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD): "Man kann an der Stelle für meinen Begriff jedenfalls nicht die eigene wirtschaftliche Situation aufwiegen gegen die Frage eines Krieges, wo Menschen um ihre eigene Selbstbestimmung und ihre Demokratie kämpfen", sagte er in Potsdam. Es sei mit Sicherheit eine sehr belastende Situation, die die Unternehmen und Menschen im Augenblick haben, sagte der Wirtschaftsminister dem rbb. Dennoch sei er darüber enttäuscht, welche Schlussfolgerungen daraus von den Unternehmen gezogen wurden.

Von der IHK hätte er sich zudem eine Einordnung der Umfrage-Ergebnisse gewünscht und "dass sie auch einen Teil dieses Dialoges selber mit übernimmt - zu sagen, dass diese Schlussfolgerungen die falschen sind", so Steinbach weiter.

Sendung: Antenne Brandenburg, 22.08.2022, 16:10 Uhr

Mit Material von Isabel Röder

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51 Kommentare

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  1. 51.

    1918-1919 Ostgalizien, 20. Februar 1922 Mittellitauen/Wilna-Gebiet, 2-11. Oktober 1938 Olsagebiet, 1974 Zypern usw. da gibt es viele interessante Daten mit Annexionen/Besetzungen.
    Was wollen Sie denn mit ihren Daten ausdrücken? Reden Sie doch mal Klartext.

  2. 50.

    Ich habe Sie richtig verstanden, Sie wünschen sich einen Krieg, damit man 'die wahren Schätze des Lebens (Natur, Nahrung, soziale Verbundenheit) schätzen lernen' kann.

    Ich bitte vielmals um Verzeihung, dass ich einem derartigen Blödsinn nicht folgen kann. Ich wünsche Ihnen gute Besserung.

  3. 49.

    Also Sie meinen wenn man nicht mehr die finanziellen Mittel hat um die Fixkosten zu decken es nicht um Existenzen geht? Im übrigen kann man durch Mietschulden auch das Dach übern Kopf verlieren, nicht nur durch Bomben.

  4. 48.

    So lächerlich was Sie schreiben. Darf man Ihrer Logik nach nicht das verteidigen was man sich über Jahre aufgebaut hat auch sind die Sorgen welche die Bürger haben ja alle ungerechtfertigt da wir in DEU keinen Krieg haben. Sie sollten mal Ihre Einstellung überprüfen und der Realität anpassen

  5. 47.

    Moralisch sauber? Katar, Turbine, Getreide? Weiß jemand, was die Gegenleistung für die Schiffe war? Russisches Öl über Drittstaaten einkaufen? Es wird geschoben, das die Heide wackelt. Und ich habe kein Problem, DASS man den Russen Paroli bietet, nur wie man es umsetzt, ist unprofessionell.

  6. 46.

    "Bliebe noch Gran Canaria, aber das wird dann schon von Rentnern überfüllt sein. ;-)" .
    Danke für die Blumen, aber mich können Sie da nicht mitzählen, denn dazu reicht das Geld nach 43 Einzahlungsjahren erst recht nicht. Also mindestens minus 1 Rentner!

    -- Bitte bleiben Sie sachlich. Es ist nicht die Zeit, sich gegenseitig vielleicht nur unbedachte oder auch blöde Worte an den Kopf zu werfen... Aber dass Schwimmbecken auch sommers 'temperiert' - sprich - beheizt werden, das war für mich eine Schließung einer wirklichen Wissenslücke! -- Um diesen Irrsinn abzustellen, brauchte es diese Notlage??? - Ohne Worte.

  7. 45.

    Wenn wir noch lauter u. länger hier tönen,dann wird der 'Soldat des Großen Russlands" alle Schotten dicht machen. Auch wenn ich zieml. betroffen bin, kann man mal die Ar... zus....und durch. Merken wir nicht, dass z.B. auch dieses Forum, wie schlecht es uns geht,(ich finde die Lage nicht rosig!)- die Preise weiter befeuert? Das ist genau so, als Leute in der Corona-Zeit entdeckt haben, sich die Wohnung mit Toilettenpapier vollzustopfen. Dann ging es ans Horten von Sonnenblumen- und Rapsöl. Ich wurde Zeuge, wie es zuging in einem Kaufland in Berlin? Ohne Worte! Jahrelang wurde fröhl. nachgeplappert, dass fossile Rohstoffe endlich sind, dass es Kriege um Öl, um Wasser & and. Ressourcen geben könnte. Jetzt? Hach & nee, den ganzen Tag. Was ist zwischenzeitl. passiert in Sachen Einsparung & Substitution dieser Stoffe? Erst in äußerster! Notlage, las ich, beginnt die Industrie ernsthaft, Prozesse zu optimieren.Und wie war's mit Mutti? Angie lächelte vielsagend. Putin zog die Strippen..

  8. 44.

    " und dann die Bude dicht machen."
    Und das hätte schon mit der Krimbesetzung passieren sollen.
    Die Beschäftigten in den "Buden" hatten eh nichts davon.
    Ein Arbeitsplatz mit einem Kunden - mehr war es nicht.
    Bei einem Soloselbständigen, der nur einen inländischen Kunden hat, gilt das als Scheinselbständigkeit.
    Merken Sie was?

  9. 43.

    Das wurde uns nach 1990 schon eindeutig gezeigt, als unsere Wirtschaft ausverkauft und ruiniert wurde. Vielleicht haben die Einwohner im Osten keine Lust, schon wieder alles zu verlieren.

  10. 41.

    Naja, in der Gegen gibt es sicher noch viele, die die Wende nicht ganz verkraftet haben. Da ist die russische Denke nicht ganz raus zu bekommen. Kann man ja auch niemanden verübeln, das wurde einem ja jahrelang eingetrichtert.

  11. 40.

    das Gerede von ihrer angeblichen Freiheit…. wie Naiv muss man sein um das zu glauben, im Osten glaubt das niemand mehr. Wenn ich hier lese das man bei Kriegstreibern keine Rohstoffe kaufen darf, stellt sich mir die Frage was Herr Habeck denn in Katar macht, wir Amerikanisches Gas und Öl kaufen… wir geben Wirtschaftshilfe nach Indien und die kaufen Russisches Gas. Waffen für die Ukraine tauchen auf dem Schwarzmarkt auf!!!??? Ach ja und keiner redet mehr von den anderen Konflikten auf der Welt….

  12. 39.

    Eigentlich sind doch ihrer Meinung nach alle Bewohner der ehemaligen DDR naiv, politisch ungebildet oder rechtsradikal, stimmt's? Vielleicht sind wir aber auch einfach seit 33 Jahren unseren Politikern gegenüber kritischer und mißtrauischer als vielen "Altbundesbürgern" lieb ist.

  13. 38.

    Lincoln, die ersten Sanktionen wurden schon im Jahre 2014 durch die EU verhängt und von Jahr zu Jahr wurden es mehr, trotzdem belieferte uns Russland weiter mit Gas und Öl . Viele haben davor gewarnt das Putin irgendwann den Spieß umdreht, aber nein unsere Politiker waren schlauer. Vorige Woche im ZDF wurde berichtet das wir Gas nach Frankreich liefern und hier weiß bald keiner mehr wie er/sie es bezahlen soll. Leute aus der Wirtschaft warnen vor massiven Abwanderungen oder Insolvenzen deutscher Unternehmen in den nächsten Jahren. 2 von 3 Haushalten in DE müssen in Zukunft wahrscheinlich ihr ganzes Einkommen nur für den monatliche Unterhaltung ausgeben. Die USA hat im April noch schnell große Mengen Öl von Russland gekauft ,da haben unsere Politiker schon geschriehen das sie die Pippelins zu drehen möchten,dieses Öl kaufen wir jetzt zu hohen Preisen von der USA genau so wie Gas von anderen Ländern. Das was jetzt auf uns zukommt wird unser ganzes Land und nicht nur den Osten betreffen.

  14. 37.

    Wenn ich all dieses Rumgenörgel und Gejammere der Deutschen, die zu vermutlich mehr als 90% nur Wohlstand (Dach überm Kopf und genug zu Essen sowie Bildung) bekommen, höre, wünsche ich uns einen richtigen Krieg, damit alle Mal vom Wohlstand runterkommen und die wahren Schätze des Lebens (Natur, Nahrung, soziale Verbundenheit) schätzen lernen.

  15. 36.


    "Das ist nicht unser und auch nicht mein Krieg.
    Hier geht es nicht um den Preis der Freiheit sondern um unsere Existenz."

    Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

  16. 34.

    Der Wirtschaftskrieg wird nicht einmal ein Pyrussieg. Wer soll denn weiterhin die Ukraine mit Milliarden unterstützen, wenn auch unsere Wirtschaft am Boden liegt ?

  17. 33.

    Und wie lange? Es geht nicht nur um die Heizung. Die Energiekosten schlagen sich auf alles durch. Die Strompreise werden ebenfalls explodieren. Und die Nahrungsmittel werden teurer. Die Inflation zehrt an Ihrem Einkommen. Wie lange wollen Sie das durchziehen? Bereits jetzt haben Menschen keine Rücklagen mehr. Also, wie lange?

  18. 32.

    Es gibt zu denken, wenn jemand u.a. die AfD, die die Demokratie zerstören will und rassistisch agiert, als vernünftig bezeichnet.

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