PCK-Raffinerie bald ohne russisches Öl - Schwedter Bürgermeisterin setzt Hoffnung auf Grüne Energie

Di 18.10.22 | 15:13 Uhr
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Archivbild: Annekathrin Hoppe (SPD), Bürgermeisterin der Stadt Schwedt/Oder, und Jörg Müller, Gründer und Eigentümer der Enertrag SE. (Quelle: dpa/C. Gateau)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 18.10.2022 | Fred Pilarski | Bild: dpa/C. Gateau

Die PCK-Raffinerie und die ganze Region sehen sich einem strukturveränderten Wandel gegenüber. Geht es nach dem Willen der Politik, soll verstärkt auf Grüne Energie gesetzt werden. Annekathrin Hoppe hat dazu bei Firmen die Möglichkeiten ausgelotet.

Der Industriestandort Schwedt (Uckermark) muss sich angesichts des zum Jahreswechsel beginnenden Öl-Embargos gegen Russland neu erfinden. So soll sich die PCK-Raffinerie möglichst schnell und nachhaltig umstrukturieren - wenn es nach dem Willen der Politik geht. Um den Transformationsprozess zu meistern, möchte Schwedts Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe die Unterstützung umliegender Firmen nutzen. Dazu besuchte die SPD-Politikerin in den vergangenen Tagen die Niederlassungen von Verbio und Enertrag.

325 Millionen Euro Fördermittel

Hoppe, noch nicht einmal ein Jahr im Amt der Bürgermeisterin, sieht sich plötzlich in einer riesigen Verantwortung. 325 Millionen Euro Fördermittel des Bundes stehen ihr in den nächsten Jahren zur Verfügung, um den Wandel der PCK zu organisieren. "So würde ich sagen, dass es sich in etwa die Waage hält. Also die Sorge um die Arbeitsplätze hier vor Ort, um den Industriestandort hier vor Ort und die Zuversicht, dass wir aber den Transformationsprozess gut meistern werden", sagt sie im Gespräch mit dem rbb.

Für den Wandel des PCK in Richtung Grüner Energie benötigt sie jedoch Unterstützung. Diese könnte sie sich unter anderem von Verbio vorstellen. Die Bioenergie-Firma ist bereits mit einer Niederlassung auf dem Gelände der Raffinerie vertreten. Rund 400 Mitarbeiter stellen dort Biokraftstoffe und Biomethan her. Dazu werde Stroh und Getreide verarbeitet, das nicht mehr als Lebens- oder Futtermittel genutzt werden könne.

Schon jetzt könne das Unternehmen im Notfall die Wärmeversorgung von und für Schwedt sichern, sagt der Produktionschef und künftige Geschäftsführer der Verbio GmbH Schwedt, Sebastian Henne. Bislang sorgt dafür noch die PCK. Doch in spätestens zehn Wochen wird der Raffinerie buchstäblich der Hahn zugedreht. Eine Ersatzversorgung ist bislang noch nicht komplett gesichert. "Wir haben jetzt alle Möglichkeiten, das für Schwedt Beste daraus zu machen", sagt Henne während des Besuchs der Bürgermeisterin. Er freue sich, bei diesem Wandel dabei sein zu können.

Wasserstoff aus Windenergie

30 Kilometer weiter in Prenzlau findet Hoppe einen weiteren potenziellen Unterstützer für den Wandel. Die Firma Enertrag betreibt in der Kreisstadt ein Demonstrationskraftwerk für Wasserstoff, der aus Windenergie gewonnen wird – sprich Grüne Energie. Der Wasserstoff könnte künftig Ausgangspunkt für neue Flugzeugtreibstoffe sein oder über die Eugal Gasleitung verteilt werden, wie es von dem Unternehmen heißt.

Firmenchef Jörg Müller könnte sich auch größere Anlagen vorstellen: "Das müsste man sich jetzt in der ersten Ausbaustufe für Schwedt ungefähr 70-mal so groß vorstellen", sagt Müller, als er beim Vorort-Termin von Hoppe vor einem Wasserstofftank steht. Die Bürgermeisterin interessiert sich dafür, inwiefern ein solcher Ausbau durch Fördermittel beschleunigt werden könnte. Da gibt sich Müller realistisch: "Also aus 30 Jahren Umbauphase kann man vielleicht zehn machen, aber viel mehr geht nicht."

Hoppe will Team im Rathaus verstärken

Annekathrin Hoppe ist dennoch etwas zuversichtlicher als noch vor ein paar Wochen, dass der Übergang gelingt. "Ich glaube schon, dass wir mit diesen beiden Technologien, dass wir den Transformationsprozess hier in der Region hinbekommen", sagt die Bürgermeisterin nach ihrer Firmentour.

Um die Verfahren beschleunigen und die ihr zur Verfügung stehenden Fördermittel gezielt abrufen zu können, möchte Hoppe ihr Team im Rathaus personell verstärken.

Sendung: Antenne Brandenburg, 18.10.2022, 14:40 Uhr

Mit Material von Fred Pilarski und Riccardo Wittig

8 Kommentare

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  1. 8.

    Entschuldigen Sie vielmals, den Weltmarktführer aus Erkner habe ich total vergessen; ich dachte eher an das PCK, an Bayer oder BASF. Doch die kann man mit der Firma aus Wenn Er nicht vergleichen. Im übrigen sind gefüllte Gasspeicher eine Chimäre: dieses Gas wird auf dem Markt zu Marktpreisen verkauft. So funktioniert halt Marktwirtschaft.

  2. 7.

    In Erkner werden bereits heute Kunststoffe aus Holz hergestellt. Erdgas braucht die Petrochemie auch, um daraus Wasserstoff für die Hydrocracker herzustellen.

    Dass Deutschland seinen Energiehunger ohne wasserstoff-Importe decken könnte, ist das Scheinargument so manch fossiler. So mancher hat dabei auch nicht verstanden, dass in der Bundesrepublik nicht der Staat die Verträge zur Lieferung von Rohstoffen etc. abschließt, sondern private Firmen. Die Politik bereitet nur den Weg. Übrigens sind die Gasspeicher zu 96% gefüllt, was so manchen Kremlin sicherlich ärgern dürfte.

  3. 6.

    Markus Söder (CSU) hatte gegenüber der Welt auch mit Rücktritt gedroht, wenn es keinen schnellen Atomausstieg geben würde.

  4. 5.

    Wieso hat das mit den Triebwerken niemand der UdSSR erklärt, die eine TU-154 umgebaut und mit Wasserstoff betrieben hatten? Warum hatten die H2-Pipeline-Betrieber in mitteldeutschen Chemiedreieck keine Ahnung gehabt, dass man Wasserstoff nicht in Pipelines transportieren kann? Fragen über Fragen

  5. 4.

    Ich habe die Gunst des Wetters, eine tatsächl. funkt Zugverbindung genutzt, um mir mal den "Ort des Geschehens" anzusehen. Das Dilemma fängt ja damit an, dass man mit dem Zug zwar knapp 20 Min.(alle Halts incl.)bis Angermünde kommt, aber nur ein! Gleis liegt! Ich erwähne es, aber das ist seit mindestens 30 Jahren bekannt, dass das so nicht gehen kann!Das Prinzip, dass die Belebung über die Schiene kam, hat Bbgs "Hüter" wohl nicht interessiert? Warum in Sachen Schiene so wenig passiert, dass muss mal zum wirkl.Verständnis für alle erläutert werden, zumal der Kulturzug nach Sczeczin nun als "Bus" rollen muss. Es sind vergebene Potentiale! Die Stadt müht sich mit Erfolg, das Wohnen angenehm zu gestalten, es gibt sehr schöne u. viele Parkanlagen in der Stadt. An der Brücke die zur Oderquerung ein unentwegter Macher, der den Tagesgästen die schöne An- und Aussicht an diesem Strahletag "versüßte". Frau Hoppe scheint der nächste zu sein! Schwedt - Frauenpower, das ist historisch belegt!

  6. 3.

    Dem Herrn Habeck werden in der WELT gerade die Ohren gewaschen. Der Filosof wollte mit der Idee der Wärmepumpe das Heizen revolutionieren. Ein Innungs-Obermeister erzählt WELT, wie sinnvoll die neuen Habeck Vorgaben sind. Und warum die Politik die Gesetze der Physik nicht außer Kraft setzen kann. Im Ergebnis der Betrachtung, der Einsatz einer Wärmepumpe ist für das Gros der Bestandsbauten unwirtschaftlich. Habeck kündigte an, bis 2024 müssten es 500.000 jährlich sein. Selbst wenn das Unterfangen als solches sinnvoll wäre, es gibt gar nicht die Möglichkeit, kapazitätsmässig diese Zahlen zu realisieren. Desweiteren, wie nun eine neue Umfrage der Deutschen Energie-Agentur (Dena) unter Energieberatern zeigt, Das größte Problem ist der bauliche Zustand vieler Häuser. Über 70 Prozent der befragten Berater gaben an, sie schätzen, dass regelmäßig bis sehr häufig Wärmepumpen aufgrund des baulichen Zustands nicht in Frage kommen.

  7. 2.

    In der dürftigen Argumentation der derzeitigen Bundespolitiker geht es immer nur um Öl und Gas als Brennstoffe. Mit keinem Wort gehen sie darauf ein, daß die petrolchemische Industrie weiterhin und dringend auf diese beiden Rohstoffe angewiesen ist. Wasserstoff als "Allheilmittel" ist bislang indiskutabel. Auch da ist die BRD auf Importe angewiesen. Der Kanada-Besuch des Kanzler brachte nicht mehr als Visionen und Absichtserklärungen. Herr Habeck hat ohnehin keine Lösungen parat.

  8. 1.

    Kein Land der Welt sichert seine grundlastfähige Energieversorgung über Wind- Und Sonnenenergie. Die Idee, aus Wind- und Sonnenstrom Wasserstoff zu erzeugen, ist großtechnisch völlig ungeklärt. Der Ersatz von Gas durch Wasserstoff erfordert Tausende von Kilometern neuer, viel dickerer Hochdruckrohre. Lord Martin Callanan, ehemals Energieminister in GB, bezeichnet die Pläne, Gas durch Wasserstoff zu ersetzen, freimütig als „so gut wie unmöglich“.
    Ein wasserstoffbetriebener Transport nicht unmöglich, er wird nur durch die Realität behindert. Verflüssigter Wasserstoff mag so leicht sein wie Benzin oder Kerosin, aber um ihn bei -257°C zu halten, sind wesentlich schwerere Geräte erforderlich. Bei der Umstellung eines zweimotorigen Turboprop-Flugzeugs von Kerosin auf Wasserstoff erhöht sich das Gewicht des Triebwerks von zwei Tonnen auf 13 Tonnen,

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