Testlauf aus Polen - PCK-Raffinerie Schwedt erhält erste Öllieferung aus Danzig

Mi 09.11.22 | 16:43 Uhr
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Archiv: Der PCK-Eingang. (Foto: Annette Riedl/dpa)
Audio: rbb24 Inforadio | 09.11.2022 | Fred Pilarski | Bild: Annette Riedl/dpa

In gut anderthalb Monaten tritt das Öl-Embargo gegen Russland in Kraft. Die PCK-Raffinerie in Schwedt ist jetzt schon auf dem Weg zu Alternativen. Erstmals kam am Mittwoch über Danzig Rohöl. Doch es wird wohl nur bei einem Testlauf bleiben.

Die PCK-Raffinerie in Schwedt (Uckermark) hat erstmals Rohöl über den Hafen im polnischen Danzig erhalten. Das hat das Bundeswirtschaftsministerium am Mittwoch dem rbb mitgeteilt.

Das Schiff mit dem norwegischen Rohöl wurde demnach im Hafen Danzig entladen. Das Öl gelangte dann über die polnische Stichleitung "Pomeranian" zu der in Polen liegenden Druschba-Pipeline und weiter nach Deutschland, hieß es. Über die Menge machte das Bundeswirtschaftsministerium keine Angaben. Das unterliege dem Betriebsgeheimnis, hieß es.

Probleme mit der Verarbeitung des aus Norwegen stammenden Rohöls gebe es allem Anschein nach nicht, da noch russisches Rohöl in Schwedt ankomme und das mit dem norwegischen vermischt werde. Die Schwedter Anlage ist noch auf die russische Beschaffenheit ausgerichtet. Später müsse aber technisch in Schwedt noch einmal nachjustiert werden, wenn es kein russisches Rohöl mehr gebe, hieß es.

Kellner: "Wichtiger Schritt für die Versorgungssicherheit"

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sagte rbb24 Brandenburg aktuell am Mittwoch, es handele sich bei der Rohöllieferung über Danzig um eine "Versuchsreihe". Es müsse nun geprüft werden, ob das Rohöl in der Anlage weiterverarbeitet werden kann. Beim Thema Versorgungssicherheit sei man noch nicht.

Dagegen sprach der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Michael Kellner (Bündnis 90/Die Grünen), von einem "wichtigen Schritt für die Versorgungssicherheit von Schwedt." Lieferungen über Danzig seien möglich, allerdings müssten die Mengen noch erhöht werden. Dazu stehe die Bundesregierung im engen Austausch mit der polnischen Regierung.

PCK in Schwedt ist damit die zweite Raffinerie in Deutschland, die sich über den Hafen in Danzig beliefern lässt. Die Raffinerie in Leuna bezieht bereits mehr als die Hälfte ihres Rohöls über Danzig. Aktuell wird für Schwedt nach weiteren Alternativlösungen gesucht, da ab dem kommenden Jahr dort kein russisches Öl mehr verarbeitet werden soll.

Lieferung war nur Testlauf

Nach rbb-Informationen ist diese Lieferung von Danzig nach Schwedt als Testlauf gedacht, der die Funktionalität prüfen soll. Denn neben der technischen gibt es noch eine politische Dimension: Polen hat bislang die Belieferung über Danzig verweigert, weil mit Rosneft noch ein russischer Gesellschafter im PCK sitzt. Dabei spielte es für das Nachbarland offenbar keine Rolle, dass inzwischen eine treuhänderische Verwaltung vom Bund eingesetzt wurde und der russische Staatskonzern praktisch nichts mehr zu sagen hat. Inzwischen scheint es in der polnischen Regierung Kräfte zu geben, die etwas pragmatischer auf die Situation schauen.

Allerdings geht die Brandenburger Landesregierung nicht davon aus, dass die aus Danzig kommenden Rohöllieferungen zur Raffinerie in Schwedt von Dauer sein werden. "Ich weiß nicht, ob das eine dauerhafte Geschichte ist", sagte Wirtschaftsstaatssekretär Hendrik Fischer im zuständigen Landtagsausschuss am Mittwochnachmittag. "Es ist schon länger in der Diskussion gewesen, dass man diese zweite Linie testen will. Aber jeder weiß natürlich auch, dass das die gleiche Leitung ist, über die auch Leuna versorgt wird." Fischer wies darauf hin, dass sein Ministerium mehrfach betont habe, "dass wir uns nicht ganz sicher sind, ob da am Ende noch genügend - ich sage mal in Anführungsstrichen - Platz in der Leitung ist."

Linke verwirft Plan mit Danzig

Der Landtagsabgeordnete Sebastian Walter (Linke) verwarf entsprechende Ideen während der Ausschusssitzung gleich komplett: "Das Problem mit der Danzig-Linie oder mit der Danzig-Pipeline ist ja, dass Leuna darüber versorgt wird, und die Kapazitäten nicht da sind - die Kapazitäten auch nicht im Hafen da sind."

Ähnlich verhalte es sich mit dem Rostocker Hafen. "Da kommen weitere Probleme auf uns zu: Die planen jetzt die Vertiefung und den Ausbau des Hafens. Und für diese Zeit gibt es im Moment noch keine Lösung, wo die eigentlich anlegen sollen." Walter meinte damit die Öllieferungen aus Übersee - etwa Norwegen - die an den Häfen eingespeist werden. Diese neuen Versorgungswege sollen die bisherigen Lieferungen aus Russland zumindest zum Teil ersetzen. Zum Jahreswechsel 2023 hat die Bundesregierung einen Öl-Importstopp aus Russland beschlossen. Hintergrund ist der Überfall Russlands auf die Ukraine.

Rostock soll Schwedt ab Januar zu 50 Prozent beliefern

Die Raffinerie in Schwedt versorgt große Teile des Nordostens Deutschlands mit Treibstoff. Es geht seit Monaten um die Frage, wie eine zu geringe Auslastung von Januar an verhindert werden kann. Ab Anfang 2023 will Deutschland auf russisches Öl verzichten. Vor allem für die PCK-Raffinerie mit rund 1.200 Beschäftigten ist das ein Problem, da die Anlage bislang vor allem über die Druschba-Pipeline mit russischem Öl beliefert wird. Neben Lieferungen von Tankeröl aus dem Hafen Rostock waren seit einiger Zeit schon weitere Mengen via Polen im Gespräch. Auch sei der Bau einer zweiten Pipeline in den Rostocker Ölhafen im Gespräch.

Sendung: Antenne Brandenburg, 9. November 2022, 12.05 Uhr

42 Kommentare

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  1. 42.

    Zusätzlich kommen nun noch auf Verbraucherseite geschickte Einkäufer bei der Industrie/Gewerbe/Landwirtschaft ins Spiel. Die warten nicht bis es schwieriger wird und hoffen auf externe Hilfe.
    Nein die ändern ihre Beschaffungs- und Bevorratungsstrategie.
    Diesel oder Benzin auf dem Betriebsgelände zu bevorraten, ist kein Hexenwerk, hatte früher quasi jede LPG und VEB und ist auch heute keine Raketentechnik.

  2. 41.

    Beim ersten Teil der Aussage reden wir nicht von glauben. Besitzer, Betreiber des Piers, der Leitung und der Raffinerie ist die PCK und wenn die selbst sagt, dass sie somit 50% sicher hat, warum sollte man als Außenstehender zweifeln? Warum sollte PCK sich überschätzen? Eher wird etwas gemauert, um von außen mehr Unterstützung zu bekommen.
    Klassische deutsche Erfolgsgeschichte, 120% der ausgelegten Leistung aus einer Anlage rausholen. Da sind Leute tätig, die um ihre Arbeit kämpfen also Lösungen finden und nicht Probleme suchen.
    Bei Danzig sind sicher Zweifel angebracht, weil es verschiedene Interessenkonflikte gibt.
    Für das PCK kann die Nummer wirtschaftlich hart werden. Aber für uns Verbraucher sehe ich dem hinreichend gelassen entgegen, nicht nur weil ich großteils elektrisch fahre und in diesem Jahr meinen Mineralölbedarf mehr als halbiert habe.
    Täglich sehe ich mehr davon auf den Straßen, denen ölbasierte Kraftstoffe mehr oder weniger egal sein dürften.

  3. 40.

    Doch Sie denken sich die Zahlen aus.

    2019 steht im Geschäftsbericht der Rosneft Deutschland GmbH 75% Auslastung!!!!

    RBB bitte übernehmen Sie! Warum darf der Herr wild Falschinformationen verteilen?

    70-80% sind normale gute Zahlen für ne Raffinerie in DE.

    Rosneft könnte gewisse Produktionseinbußen bei PCK sogar durch bessere Auslastung in den anderen beiden Raffinerien etwas ausgleichen Konzernintern.

  4. 39.

    Niemand mit (von russischen Einfluss) unabhängigem Sachverstand geht wirklich von einer massiven Mangellage an Benzin, Diesel oder Kerosin aus, wenn PCK mit 50% läuft.

    Wenn Polen nicht will fällt Ostpolen als Verbraucher schonmal weg. Meckpom kann man auch küstennah mit Produkten direkt beliefern, Sachsen bekommt eh teilweise aus Leuna, zur Not noch aus Bayern.

    Deutschland hat eh Überkapazitäten was Raffinerien angeht, und das wird perspektivisch erheblich schlimmer.

    Ich bin froh, hier kein Rosneft Benzin zu tanken!

  5. 38.

    Ok, gehen wir mal kurz davon aus, dass man es irgendwie schafft Schwedt über die Havariepipeline aus Rostock mit 6 Millionen Tonnen Rohöl dauerhaft zu versorgen, woran ich persönlich aus mehreren Gründen nicht glaube und dann kommt das 3-4 Millionen Tonnen Märchen aus Danzig?

  6. 37.

    Der Betreiber und Besitzer sagt 50% sind sicher über Rostock. Sie als rbb Forenexperte sagen alter Schrott. Wem soll man nun glauben?

    Was ich persönlich glaube, was da geht, spielt gar keine Rolle. Wenn ich es aus eigener Information wüsste, wäre es was anderes. Aber woher soll ich das wissen, wenn schon die erste Schiffslieferung über Danzig streng geheim sein soll. Der Kahn stand laut MOZ seit 9.10 in Danzig.
    Fallen Sie nicht immer wieder auf Panikrufe aus der Wirtschaft rein.
    Klappern gehört zum Handwerk, insbesondere in der Energiewirtschaft und erst recht in der Kraftstoffbranche.
    „Alles knapp und kurz vor dem Zusammenbruch, wir brauchen dringend Geld und Unterstützung. Die hohen Preise reichen einfach nicht aus.“
    Wenn Polen sich von Lieferungen aus dem PCK verabschieden sollte, bleibt nicht viel mehr Bedarf als die 50% aus Rostock. Und wenn das PCK das nicht kann, wird genau das passieren.
    Der deutsche Markt hat ebenfalls reichlich Schrumpfungspotenziale.

  7. 36.

    „ Sue gehörten ja auch zu den Experten, die behaupteten nur russisches Öl könne in Schwedt verarbeitet werden.“

    Ja, wann hab ich das so behauptet??

    „ Klar immer auf praktisch Volllast, nix anderes wäre permanent ü90 %.“

    Was der Bundesanzeiger ist und wozu der da ist, wissen sie?
    Ich denke mir die Geschäftszahlen im Gegensatz zu ihnen nicht selbst aus. Fakt ist, das PCK hatte alle Geschäftsjahre eine gerundete 90%ige Auslastung nie unterschrittene, auch nicht 2019!!

    Auf was wollen sie denn hinaus? Das Deutschland durch Gottes Hand in 2023 regenerativ ist?? Ich bin jedenfalls kein Fantast und behaupte, dass sich unser Primärbedarf an Erdöl über Rostock und Danzig decken lässt.
    @Albert hat schon Recht. Die Saudis machen das Geschäft ihres Lebens. Das billige Russenöl kauft jetzt Saudi Aramco für den Eigenbedarf und verhökert den Polen und allen anderen Boykottierern ihr eigenes Öl jetzt umso teurer.

  8. 35.

    Das hatten wir doch schon. Natürlich hat Putin vor der Invasion die Abhängigkeiten maximiert um uns zu erpressen. Aber die pipelinegeführten NS-Trassen speisten soviel Gas, dass Lastschwankungen, analog zum Stromnetz völlig egal waren.
    Klar nun sind die solche Pipeline-Zeiten vorbei und nun benötigt man wieder Speicher, weil die Zufuhr einerseits nur noch diskontinuierlich erfolgt und die Abnahme zudem schwankt.

  9. 34.

    Klar immer auf praktisch Volllast, nix anderes wäre permanent ü90 %. Aber Sue gehörten ja auch zu den Experten, die behaupteten nur russisches Öl könne in Schwedt verarbeitet werden.

    Natürlich auch 2019 während der Havarie und erst Recht 2020/21 als es viel weniger Benzin/Diesel/Kerosin brauchte.

    Nur mal so als Randbemerkung, westdeutsche Raffinerie funktionieren schon immer ohne russisches Pipelineöl, hatte denen auch nicht geschadet, man ist eben flexibler.

  10. 33.

    Tja, warum warum im Sommer 2021 die Speicher der Gasprom leer, die anderer Betreiber aber normal bis gut gefüllt?

  11. 32.

    Ist ja lächerlich, natürlich gingen die Corona-Jahre nicht spurlos am PCK, wie an jeder anderen Raffinerie, vorbei. Dazu empfehle ich mal die Tabelle im Bundesanzeiger:

    https://www.bundesanzeiger.de/pub/de/suchergebnis?8

    Der Link wird wahrscheinlich nicht direkt funktionieren, wegen der Captcharei. Einfach als Suchbegriff PCK eingeben und los gehts. Die Auslastung lag immer mind. bei ca. 90%.
    Übrigens liegt der Rohölhunger des PCK bei 12-12,2 Millionen Tonnen Rohöl, nur mal als Randbemerkung und deckt 11% des deutschen Gesamthungers nach erdölverarbeitenden Sekundärstoffen.

  12. 31.

    Der Seekanal in Rostock sollte diese Jahr auf 16 Meter ausgebaggert werden. Aber die grüne unfähige Regierung hat wie so vieles die Auftragsvergabe verschlafen. Sie kaufen lieber überteuertes LNG und Fracking und Saudi-öl ein, die dann billiges russ. Öl ankaufen um ihres teuer zu verkaufen. Dtl. ein Irrenhaus!

  13. 30.

    Man Rostock ist eine alte Havariepipeline aus DDR-Zeiten und was glauben sie was nun dort zudem nur durch das Rohr passt. Deswegen wollen die auch die Viskosität des Öls künstlich erhöhen. Rostock ist im Übrigen auch nicht für stetigen Tankerverkehr ausgelegt.

  14. 29.

    Offensichtlich habe ich überlesen das Rostock explodiert ist oder nicht mehr funktioniert.
    Bislang war ja immer von 50% sicherer Auslastung durch Zulieferung über Rostock die Rede und Danzig nur als Lückenfüller nach oben. Von Vollversorgung über Danzig fürs PCK hat meines Wissens nach noch nie jemand gesprochen.
    Wenn der westpolnische Benzin- und Dieselmarkt vom PCK getrennt werden könnte oder im polnischen Interesse liegen könnte, wie ja hier mehrfach angedeutet wurde, wäre der Markt fürs PCK deutlich kleiner und somit logischerweise der Ölbedarf kleiner.
    Mir persönlich egal. Ich fahr elektrisch.

  15. 28.

    Bezüglich Auslastung.

    2020 war kein gutes Jahr für PCK. Einige mögen sich erinnern warum.

    Normalauslastung PCK sind rund 80%. Über 90% geht kaum technisch.

    Alles zwischen 70-80% ist wirtschaftlich darstellbar, ABER PCK bekommt ja umfassende Hilfen, plus Kurzarbeitergeld was es immer gibt. Da geht PCK mit 50% oder 60% Auslastung unter.

    Aber Untergansszenarien sind ja beliebt, komischerweise verdrängen 80% den wahrscheinlich kommenden umfassenden "Untergang" der Biosphäre...Hauptsache mit dem SUV zum Bäcker....

  16. 27.

    Übrigens wittern die Saudis bereits das große Öl-Tanker Geschäft als Ersatz für Russland und Aramco steigt schon mal zu 30% in die Lotos-Raffinerie in Danzig ein. Die Saudis wollen damit die Hälfte der polnischen Erdölversorgung übernehmen.

  17. 25.

    Es geht um Kapazitäten. Die Drushba-Trasse wird ja weiterhin physikalisch für den Öltransport benutzt. Nur der neue Einspeisepunkt ist jetzt ausschließlich Danzig.
    Sie müssten also in Danzig die Kapazitäten haben, um die polnischen Raffinerien (Danzig und Plock) und die ostdeutschen Raffinerien Leuna und (nun auch noch) Schwedt unabhängig und stetig mit Erdöl zu versorgen.
    Diese Kapazitäten besitzt Danzig überhaupt nicht und darum geht ja der gesamte Eiertanz.

  18. 24.

    Ach was. Und die von Ihnen genannten sind auch die Saboteure der Gasleitung und haben obendrein die Gasturbine versteckt? Oder wer brauchte die dringender?

  19. 23.

    "Hab wohl irgendwie verpasst, dass PCK da einen Insolvenzantrag gestellt hatte." Könnten Sie das mal bitte vertiefen?

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