Fliegen ohne Kerosin - Wasserstoff-Kleinflugzeug aus Strausberg soll nächstes Jahr fliegen können

Do 24.11.22 | 15:03 Uhr
  7
Flugzeug Wasserstoff Strausberg
Audio: Antenne Brandenburg | 24.11.2022 | Philipp Gerstner | Bild: rbb

Strausberger Ingenieure arbeiten an alternativen Antriebsmöglichkeiten für Flugzeuge und haben ein Viersitzer-Flugzeug entwickelt, das mit Wasserstoff fliegen soll. Noch wird in Strausberg geschraubt, doch 2023 soll der erste Prototyp abheben.

In einer Strausberger Industriehalle ist ein weißer Propeller der einzige Hinweis darauf, dass hier an einem neuen Flugantrieb gearbeitet wird. Alle anderen zu prüfenden Geräte im Raum sehen wie Bauteile eines riesigen Computers aus – verbunden mit orangenen Hochvoltkabeln. Das Herzstück der Testanlage ist die Brennstoffzelle, gut versteckt in einer weißen Kiste. Robert Adam berührt den Propeller sanft. Er kennt sich damit aus.

"Wir schließen Wasserstoff an. Die Brennstoffzelle selbst braucht die Umgebungsluft. Mit der Umgebungsluft und dem Wasserstoff wird Strom erzeugt", sagt der Flugzeugingenieur und Mitbegründer des Strausberger Unternehmens Apus, das an einem Wasserstoffantrieb für Flugzeuge arbeitet. Zwei eigene Kleinflugzeuge werden dafür in Strausberg entwickelt.

Schon in einem Jahr soll Strom aus Wasserstoff die erste Viersitzer-Maschine – zwei Tonnen schwer, acht Meter lang – aufsteigen lassen, sagt Adam. Die Strausberger Flugbauer müssen den Behörden immer wieder Nachweise über die Sicherheit liefern, um am Ende eine Zulassung zu bekommen. 2021 wurde Apus mit dem Brandenburger Innovationspreis ausgezeichnet.

Ein sehr komplexes System

Um die Maschine zu entwicklen, habe man nicht nur den Antrieb, sondern das ganze Flugzeug neu denken müssen. Es gehe dabei um teilweise sehr schwere Komponenten. "Unsere eigentliche Herausforderung ist die Systemkomplexität", so Adam. Man müsse die Brennstoffzelle, den Elektromotor und die Batterie managen, und dabei den Piloten nicht vergessen. "Der muss auch die ganze Zeit wissen, was da abläuft und ob alles im grünen Bereich ist oder nicht." Der gasförmige Wasserstoff werde in den Flügeln des Kleinfliegers gelagert.

Serienreif erst in vier Jahren

Das Team von Ingenieuren hat noch viel zu tun, bevor der Prototyp fliegen kann und später in die Serienproduktion gehen kann. Die Reichweite von 800 Kilometer ist eher für den Privatfliegermarkt gedacht. "Die Idee ist, diese Technologie für den kommerziellen Flugverkehr am Ende auch zu verwenden", sagt Apus-Geschäftsführer Philipp Scheffel. Mittel- und Kurzstrecken sollen "in gar nicht so ferner Zukunft" mit dieser Technologie möglich sein.

Und diese Technologie wird offenbar gebraucht: Laut einer Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt [dlr.de] beträgt der Anteil der globalen Luftfahrt am menschengemachten Klimawandel 3,5 Prozent. Dabei entfallen 1,5 Prozent auf die CO2-Emissionen, der Rest auf Nicht-CO2-Effekte. Wasserstoffflugzeuge könnten dabei helfen, CO2-Emissionen zu verringern.

Bis der Wasserstoffantrieb aus Strausberg serienreif ist, werde es noch vier Jahre dauern, so Geschäftsführer Scheffel. An Flughäfen wäre aber auch eine Tankinfrastruktur für Wasserstoff notwendig, die es bisher nicht gibt.

Sendung: Antenne Brandenburg, 24.11.2022, 14:42 Uhr

Mit Material von Philipp Gerstner

7 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 7.

    Und im nächsten Schritt werden die deutschen und japanischen Automobilbauer ihre Wasserstoffmodelle vorstellen.

  2. 6.

    Durch Formationsflug sparen. Das ist jetzt so richtig intelligent. Da gibt es was: Das Projekt FORMIC. Da treffen sich die Besten in Aachen und Hamburg. Apropos treffen. Die Flieger müssen sich für einen gemeinsamen Weg finden, die bei unterschiedlichen Startpunkten eine möglichst lange Zeit gemeinsam fliegen. Auf der Wirbelschleppe bilden sich weniger Kondensstreifen und man vertreibt gleich die (Erderwärmungs-)Wolken mit.

  3. 5.

    Eine Cesna 172, vergleichbare Reichweite, ebenfalls viersitzig, wiegt halb so viel. Eine umgebaute Tupolev 155 flog auch schon mit Wasserstoff in der SU als Prototyp. Allerdings statt der Sitze vollgestopft mit schwerer Technik, die zum Wasserstoffbetrieb nötig war. Eingestellt wurde die Wasserstoff-Tu zum Ende der Sowjetunion. Genaues ist nicht zu erfahren. Etwa ein Drittel des Fahrgastraumes hätte man der Technik spendieren müssen, schreiben westliche Fachzeitschriften.
    Technisch und auch wirtschaftlich ein interessantes Projekt, die Strausberger Entwicklung.

  4. 4.

    Das klingt vielversprechend.
    Was ist eigentlich aus dem Ansatz geworden sich für Interkontinentalflüge vom Formationsflug der Zugvögel oder den Radsportlern signifikante Einsparungen abzuschauen?

  5. 3.

    Das klingt nach realistischen Ideen der Ingenieure.

    Ich wünsche viel Erfolg, Holm und Rippenbruch!

  6. 2.

    wie war/ist das nochmal mit ökologisch sauberer Wasserstoffproduktion?

  7. 1.

    Satirisch gemeint: Würde es schneller fliegen, wenn man die Festkleber zu Testern macht?

Nächster Artikel