Giga-Pressen bei Tesla - Autos in Grünheider Werk sollen aus einem Guss kommen

In Brandenburg will Tesla bei der Autoproduktion erstmals große Teile der Karosserie in einem Stück gießen. Hierzu sollen Giga-Pressen aus Italien nach Grünheide geliefert werden. Andere Hersteller könnten bald nachziehen. Von Lucia Heisterkamp
Tesla ist dafür bekannt, vieles anders zu machen. Auch bei der Produktion will das Unternehmen neue Wege gehen. Statt die Karosserie eines Autos, wie bei anderen Herstellern üblich, aus vielen Einzelteilen zusammenzusetzen, sollen große Teile bei Tesla künftig aus einem Stück gegossen werden. Mit Hilfe riesiger Aluminium-Gießroboter, die etwa so groß sind wie ein kleines Haus.
"Die sogenannten Giga-Pressen ermöglichen eine völlig neue Art der Herstellung“, sagte Katja Legner vom Automobilverband ADAC. "Wo bislang eine Vielzahl an Bauteilen mithilfe von Fügeverfahren wie Schweißen, Kleben, Schrauben und Nieten zur finalen Karosserie führten, sollen mithilfe der sogenannten Gigapressen zwei, beziehungsweise am Ende nur ein Bauteil entstehen."
In Brandenburg will Tesla noch weiter gehen
Die Druckmaschinen wurden von dem italienischen Hersteller Idra entwickelt, seit Anfang des Jahres stehen zwei davon in der Tesla-Fabrik in Fremont in den USA und drei in China. Sie produzieren dort das hintere Rahmen-Teil des Model Y an einem Stück, das sich beim Vorgängermodel 3 noch aus 70 Einzelteilen zusammensetzt. In Grünheide will Tesla aber noch weiter gehen: Dort sollen laut Unternehmensplänen acht der tonnenschweren Maschinen zum Einsatz kommen und neben dem Heck auch den vorderen Unterboden aus einem Guss fertigen. Das wurde dem rbb aus Tesla-Kreisen bestätigt. Zuerst hatte das Automobilmagazin "Teslamag" darüber berichtet.
"Das ist eine große Innovation, die die Produktionskosten dieser Teile um 40 Prozent senkt", sagte Stefan Bratzel vom Automobil-Forschungsinstitut "Center for Automotive Management" in Bergisch Gladbach (Nordrhein-Westfalen). "Diese Technik soll später auch in anderen Tesla-Fabriken angewendet werden, aber zunächst soll sie in Brandenburg zum Einsatz kommen."
Der Vorteil der Giga-Pressen: Statt vieler kleiner Schweißroboter werden nur noch wenige große Maschinen benötigt. "Die Fahrzeuge können schneller produziert werden, dadurch spart man Kosten und das wirkt sich am Ende auch auf den Fahrzeugpreis aus", so Bratzel weiter.
Andere Hersteller könnten bald nachziehen
Der Automobilexperte ist davon überzeugt, dass auch andere Hersteller bei den großen Druckgussmaschinen bald nachziehen werden. "Die Automobilindustrie ist immer bestrebt, die Komplexität bei der Produktion zu reduzieren und die Zahl der einzelnen Teile möglichst gering zu halten. Denn viele Teile erhöhen den Produktionsaufwand und am Ende auch die Kosten.“
Beim ADAC heißt es auf rbb-Anfrage, man gehe davon aus, "dass andere Hersteller auf diese Technologie setzen werden." Bei Volkswagen wird ein möglicher Einsatz von Großgussbauteilen bereits geprüft, so Konzernsprecher Andreas Hoffbauer. Entscheidungen zum zukünftigen Einsatz würden noch nicht getroffen, denn es gelte zunächst noch zahlreiche Aspekte zu klären, etwa die Frage der Qualitätssicherung und die Integration in bestehende Werke weltweit. Ein Sprecher von Mercedes-Benz erklärte: "Grundsätzlich prüfen wir kontinuierlich neue Technologien für unsere Fahrzeugproduktion und Innovationen in der Gusstechnik. Aktuell verwenden wir bereits große Gussbauteile in den neuesten Fahrzeugplattformen."
Potenzielle Risiken
Nachteile bei den Druckgussmaschinen sieht Stefan Bratzel dann, wenn es zu Produktionsfehlern kommt. "Je größer das Teil ist, desto höher sind natürlich auch die Kosten, wenn beispielsweise eine Presse nicht funktioniert oder die Materialien in irgendeiner Weise schadhaft sind.“ Bei kleinen Teilen müsste die Qualitätssicherung auch dafür sorgen, dass die Einzelteile vernünftig produziert werden, die könnten aber einfacher ausgetauscht werden.
Trotzdem glaubt der Automobilexperte nicht, dass solche Probleme in größerem Umfang bei den Giga-Pressen auftreten werden. Er ist sicher: Die Druckgussmaschinen bald auch in anderen Fabriken stehen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 17.09.2021, 16:40 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 18.09.2021 um 20:57 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.