Tag der offenen Tür in Grünheide - Neues Tesla-Werk zieht Tausende Besucher an

"Jahrmarkt" bei Tesla in Grünheide: Tausende Menschen sind am Samstag beim Tag der offenen Tür in die "Giga-Factory" gekommen. Auch Tesla-Chef Musk trat auf und hatte wieder vollmundige Versprechen dabei. Nicht alle waren von der Party begeistert.
Wenige Wochen vor dem erwarteten Produktionsstart hat der US-Elektroautobauer Tesla am Samstag sein erstes europäisches Werk der Öffentlichkeit präsentiert. Vor der Autofabrik in Grünheide bei Berlin (Oder-Spree) tummelten sich nachmittags auf dem "Country Fair" Tausende Menschen auf einer Art Volksfestplatz mit Riesenrad und Würstchenbuden.
Tesla geht auf Wasserdebatte ein
Den ganzen Tag über wurden Führungen über das Tesla-Gelände angeboten. Besucher konnten das Innere der im Bau befindlichen Fabrik mit seinen Fertigungslinien besichtigen und das Model Y probefahren. Bei dem Rundgang ging Tesla speziell auf die Diskussion um den Wasserverbauch der Fabrik ein.
Mit einem ausgestellten Wassertank betonte das Unternehmen, dass bei der Produktion eines Autos im Schnitt 2,2 Kubikmeter Wasser eingesetzt werden sollten. Angesichts der maximalen Menge von 1,45 Millionen Kubimeter Wasser, die Tesla im Jahr maximal verbrauchen darf, und dem angepeilten Produktionsvolumen von bis zu einer halben Million E-Autos jährlich erscheint das realistisch. Zusätzlich verkündete Tesla, andere Hersteller verbrauchten für ein Auto mindestens drei Kubikmeter Wasser. Verifizieren ließ sich das zunächst nicht.

Musk kündigt Massenproduktion für nächstes Jahr an
Am frühen Abend kam der Tesla-Chef Elon Musk auf die Bühne. Nach anfänglichen technischen Schwierigkeiten beantwortete er Fragen die Zuschauer zuvor per Twitter an Tesla geschickt hatten. Musk bekräftigte erneut, dass seine Firma im November oder Dezember dieses Jahres die ersten Autos in Grünheide bauen will.
Der Multimilliardär betonte aber auch, dass die eigentliche Herausforderung nun darin bestehe, große Stückzahlen herzustellen. Er kündigte an, das Brandenburger Werk solle Ende des kommenden Jahres bis zu 10.000 Autos pro Jahr herstellen. Dann solle auch die Batteriefabrik, die bisher im Gegensatz zum Autowerk nochnicht annähernd fertig gebaut ist, hohe Stückzahlen an Batterien fertigen. Bis dahin kämen die Batterien für die Grünheider Produktion aus China, so Musk. Musk sagte außerdem, dass Solarpanele auf dem Dach und eventuell auch neben der Fabrik installiert werden sollten. Ziel sei, dass die Fabrik nur mit erneuerbaren Energien arbeite. Experten halten dieses Ziel frühestens 2030 für realistisch.
Musk verteidigte sein Projekt gegen Bedenken, dass die Produktion zu viel Wasser aus der Region abzweige. "Unsere Fabrik verbraucht sehr wenig Wasser", behauptete er. Teslas Mission sei ein möglichst schneller Übergang zu erneuerbaren Energien und Klimaschutz. Zugleich warb er um qualifizierte Mitarbeiter aus ganz Europa. "Ich mache mir ein bisschen Sorgen, dass wir nicht in der Lage sein werden, genug Leute einzustellen", sagte Musk.
Alexander Riederer, ein ausgewählter Teslamitarbeiter, der mit Musk auf der Bühne stand, kündigte außerdem an, dass Tesla bis Ende des Jahres bis zu 300 Hektar Mischwald anpflanzen wolle - als Ersatz für die 170 Hektar Kiefernwald, die für die Fabrik gefällt wurden.
3G-Regel und Ausnahmegenehmigungen
Tesla hatte sich für den Tag der offenen Tür gleich zwei Ausnahmegenehmigungen beim zuständigen Landkreis Oder-Spree besorgt, um den "Country Fair" auf dem Baustellengelände, das in einem Trinkwasserschutzgebiet liegt, veranstalten zu können. Zudem wurden von der Behörde 9.000 Besucher genehmigt. Eigentlich wären laut Corona-Verordnung nur maximal 5.000 erlaubt.
Auf dem Areal direkt am östlichen Berliner Ring galt die 3G-Regelung, sprich - Erwachsene mussten Impf- oder Genesungsbescheinigungen vorlegen. Bei Führungen in Innenräumen mussten die Besucher Masken tragen. Spontan im Tesla-Werk vorbeikommen ging nicht: Zutritt bekamen nur Personen, die sich vorher online registriert hatten.
"Es ist ein Traum"
Bei vielen Besuchern kam die Veranstaltung gut an. "Die ganze Produktion ist beeindruckend. Das ist wirklich faszinierend, wieviele Roboter und Ideen und wieviel Gehirn dahinterstecken", sagte etwa Kornelia Kretschmar aus Grünheide, die mit ihrer Familie das Tesla-Werk besuchte. "Wir haben Gutscheine für die Kinder zum Essen und Spielen bekommen. Es ist ein Traum." Auch Kretschmars Ehemann zeigte angetan und hofft nach eigener Aussage auf gute Jobs für seine Kinder und Enkelkinder bei Tesla.

Gegendemonstration am Tesla-Werkstor
Aber es gab auch andere Stimmen: Vor der Fabrik standen rund 20 Kritiker von einer lokalen Bürgerinitiative. "Wasser und Wald nicht für private Profite", stand auf einem Plakat, das an einem Zaun befestigt wurde. Die Kritiker fürchten ihren Worten zufolge, dass die Region durch Teslas Wasserverbrauch austrocknet. Außerdem sorgten sie sich, dass bei Unfällen im Werk giftige Chemikalien ins Grundwasser gelangen, das nur wenige Kilometer entfernt zu Trinkwasser verarbeitet wird. "Wir wollen nochmal auf die ganzen Probleme aufmerksam machen. Wir steuern mit Tesla auf eine Umweltkatastrophe mit dem Schwerpunkt Wasser zu", sagte der Sprecher Steffen Schorcht dem rbb.
Manu Hoyer, Mitglied der Bürgerinitiative, kritisierte, für die 814 Kritiker an der Fabrik habe man mit Verweis auf die Corona-Lage keinen Ort für eine öffentliche Erörterung gefunden und deswegen eine Online-Konsultation ausgerufen. "Und hier dürfen sich 9.000 Leute treffen. Das hat nichts mehr mit einer Demokratie und Bürgerbeteiligung zu tun", sagte Hoyer.

Tesla will noch in diesem Jahr mit der Produktion starten
Der erste Abschnitt der 300 Hektar großen Industrieanlage ist praktisch fertig. Die abschließende Genehmigung durch das Land Brandenburg steht aber noch aus. Tesla baut bisher ausschließlich mithilfe mehrerer vorzeitiger Zulassungen.
Musk hatte die Fabrik Ende 2019 angekündigt. Dort sollen künftig etwa 12.000 Mitarbeiter rund 500.000 Elektroautos im Jahr bauen. Noch dieses Jahr will Musk eigenen Angaben zufolge die Produktion starten. Neben dem Autowerk entsteht eine Batteriefabrik. Kritiker bemängeln, dass der Industriebau teils im Wasserschutzgebiet entsteht. Sie befürchten Umweltgefahren. Hunderte Einwendungen auch zum geplanten Bau einer Batteriefabrik werden noch erörtert. Bis Mitte Oktober können Verbände und Einzelpersonen weitere Einwände einreichen, dann wird geprüft. Die örtliche Bürgerinitiative gegen das Projekt rechnet jedoch mit einer Genehmigung noch vor Jahresende.
Eines der wichtigsten Industrieprojekte
Das Autowerk vor den Toren Berlins gilt als eines der wichtigsten Industrieprojekte in Ostdeutschland. Die Errichtungskosten veranschlagte Musk ursprünglich auf 1,1 Milliarden Euro, erklärte aber zwischenzeitlich, das Budget werde überschritten. Für die Batteriefabrik steht Tesla öffentliche Förderung in Aussicht, die nach Medienberichten ebenfalls 1,1 Milliarden Euro betragen könnte. Insgesamt soll nach Unternehmensangaben eine "mittlere einstellige Milliardensumme" investiert werden. Spekulationen über vier bis fünf Milliarden Euro seien nicht falsch, hieß es am Samstag. Genauere Informationen gab es nicht.
Sendung: Brandenburg Aktuell, 07.10.2021, 19:30 Uhr
Mit Material von Philip Barnstorf
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