Kommentar | Fabrik-Eröffnung in Grünheide - Das Beispiel Tesla - auch für den Bund

Etwas mehr als zwei Jahre nach der ersten Ankündigung startet am Dienstag in dem ersten europäischen Tesla-Werk die Produktion - in Oder-Spree in Brandenburg. Das könnte neue Maßstäbe setzen - auch für den Bund, kommentiert Andreas Oppermann
Zwei Jahre und vier Monate. So lange, oder besser: so kurz hat es gedauert - von Elon Musks Ankündigung, in Brandenburg eine Elektroautofabrik bauen zu wollen, bis zum Produktionsbeginn. Zwar sollte es eigentlich schon im vergangenen Sommer losgehen, dennoch hat die inzwischen fast sprichwörtliche Tesla-Geschwindigkeit Maßstäbe gesetzt.
Drei Faktoren entscheidend
Tesla und das Land Brandenburg haben gezeigt, dass es in Deutschland möglich ist, sehr schnell selbst größte Investitionsprojekte umzusetzen. Dafür waren drei Faktoren besonders wichtig:
Erstens ist Elon Musk voll ins unternehmerische Risiko gegangen. Bis zur Genehmigung vor zwei Wochen baute er nur mit Vorabgenehmigungen. Wäre das Projekt wegen des Grundwasserschutzes oder anderer Gründe doch noch gescheitert, hätte alles zurückgebaut werden müssen – auf eigene Kosten.
Zweitens waren sich Politik und Verwaltungsspitzen einig, dass die Grünheider Fabrik auf der Prioritätenliste auf Platz eins bleibt, bis sie fertig ist.
Und drittens hat das Land eine Task Force eingerichtet, die regelmäßig alle betroffenen Verwaltungen, Verwaltungsebenen und Tesla an einen Tisch holte. Potenzielle Probleme konnten so zügig erkannt und nach Lösungen gesucht werden. Außerdem arbeiteten die Verwaltungen parallel und nicht hintereinander die Genehmigung ab.
Vorbild für den Bund
Mit all dem ist die von Tesla als Gigafactory bezeichnete Fabrik in Deutschland eine Ausnahme, auf die sich ein Blick lohnt, vor allem für die Bundesregierung. Sie will Investitionen massiv beschleunigen - 56 Mal taucht das Wort im Koalitionsvertrag auf.
Brandenburg stieß auch an Grenzen, die der Bund beseitigen sollte: Aktuell ist modernes Projektdenken und zu viel Mitdenken der Beamten nicht erlaubt. Jedes Bundesland muss selbst Spezialwissen für jedes Detail aufbauen. Besser wäre es, es gäbe Spezialisten, die für alle Bundesländer arbeiten dürfen. Und natürlich fehlen digitale Abläufe und ausreichend Menschen in den Verwaltungen.
Also alles für die Wirtschaft? Nein! Die Umweltverbände müssen einen festen Platz im Verfahren behalten. In Grünheide haben ihre Einsprüche und Anregungen zu einer massiven Senkung des Wasserverbrauchs geführt. Ihr gesetzlicher Auftrag, die Belange von Natur und Umwelt zu vertreten, ist für die Akzeptanz genauso unerlässlich wie die Beteiligung der Öffentlichkeit. Angesichts der vielen und auch großen Investitionen in Erneuerbare Energien, Klimaschutz, neue Häfen für verflüssigtes Erdgas - um nur einiges zu nennen - darf ein beschleunigtes Planungsrecht die Belange von Umwelt und Anwohnern nicht opfern.
Chancen erkennen
Und noch etwas kann die Politik nicht regeln, das können nur die deutschen und internationalen Unternehmen: Sie müssen die Chancen erkennen und ins unternehmerische Risiko gehen. Elon Musk hat allen gezeigt, dass es damit auch in Deutschland sehr schnell gehen kann.
Sendung: Antenne Brandenburg, Antenne am Nachmittag, 22.03.2022, 14:40 Uhr
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