Debatte um Tierschutzplan in Brandenburg - "Wir werden eher gegängelt mit sinnlosen Ratschlägen"

Do 04.01.18 | 06:43 Uhr | Von Dominik Lenz
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Der Bio-Bauer und Brandenburger Bauernbund-Sprecher Reinhard Jung vor dem Kuhstall seines Hofs, 13.12.17 (Quelle: rbb / Lenz).
Audio: Inforadio | 02.01.2018 | Dominik Lenz | Bild: rbb / Lenz

Brandenburgs Tierschutzplan für mehr Tierwohl ist bislang lediglich ein Wünsch-Dir-Was. Das Misstrauen zwischen allen Beteiligten ist noch immer gewaltig. Selbst Biobauer Reinhard Jung aus der Prignitz ist bei dem Thema schnell auf 180. Von Dominik Lenz  

Biobauer Reinhard Jung aus Lennewitz, einem kleinen Ort tief in der Prignitz, hält eigentlich nichts von einem Landestierschutzplan, der den Landwirten das Leben schwer mache mit sinnlosen Ratschlägen: zum Beispiel ob und wie einem Kalb die Hörner abgenommen werden dürfen: "Es wird sehr viel von außen auf die Landwirtschaft geguckt. Alle wissen wie es geht. Aber in Wahrheit wissen wir Bauern am besten, wie man mit den Tieren umgeht."

Kühe im Stall des Bio-Bauern und Brandenburger Bauernbund-Sprechers Reinhard Jung, 13.12.17 (Quelle: rbb / Lenz).
Kühe auf dem Bio-Bauernhof von Reinhard Jung in Brandenburg | Bild: rbb / Lenz

Wenig Unterstützung als Biobauer

Reinhard Jung hält 38 Rinder auf 32 Hektar Land. Vor vier Jahren hat er das Biosiegel beantragt. Seit zwei Jahren darf er seine Tiere als Biorinder verkaufen. Für ihn bedeutet das Mehreinnahmen – auch wenn er seine Tiere, wie er sagt, schon immer artgerecht hält. Als Kleinbetrieb und Biobauer fühlt er sich allerdings wenig unterstützt. So übernimmt Brandenburg als einziges Bundesland keinerlei Öko-Kontrollkosten. "Wenn ich das mit anderen Bundesländern vergleiche, werden wir fast gar nicht unterstützt. Wir werden eher gegängelt mit sinnlosen Auflagen, die sich nicht aus der EU-Bioverordnung ergeben."

"Wir sagen manchmal Dinge, die andere nicht hören wollen"

Auch wenn man meinen könnte, das Volksbegehren gegen Massentierhaltung müsste in seinem Sinn als Bio-Bauer sein – bei dem Thema ist er schnell auf 180. "Es nervt, wenn man von Leuten, die keine Ahnung haben, Forderungen vorgesetzt kriegt."

Nun ist Reinhard Jung nicht irgendein Tierhalter. Als Sprecher des Brandenburger Bauernbunds vertritt er wortstark die kleinen und mittleren Betriebe im Land. Es sind vor allem die Tierschützer vom Aktionsbündnis Agrarwende, die das erfolgreiche Volksbegehren gegen Massentierhaltung initiiert haben, die seiner Meinung nach keine Ahnung haben. Axel Kruschat, zum Beispiel, Geschäftsführer des BUND Brandenburg: "Wir sagen manchmal Dinge, die andere nicht hören wollen. Etwa wenn wir über Probleme reden – von Nitratbelastung über Antibiotika bis hin zum Tierschutz –, die Andere in ihrem wirtschaftlichen Handeln beeinflussen und sich zunächst nur als Störfaktoren darstellen."

Reflexartige Widerstände

Vor fünf Jahren bereits wurde das Aktionsbündnis Agrarwende gegründet. Doch die Gräben zwischen Tierschützern und Landwirten sind nach wie vor tief. Viele Bauern hätten sich nach dem Erfog des Volksbegehrens in eine Schmollecke verzogen, meint Michael Wimmer, Sprecher des Aktionsbündnisses Agrarwende: "Die da jetzt rauszuholen, das ist letztlich die Aufgabe, um im gesamten Berufsstand den reflexartigen Widerstand gegen eine Verbesserung im Tierwohl langsam aufzulösen. Das wird sicher noch dauern, aber ich bin zuversichtlich, dass wir den Prozess zumindest angestoßen haben."

Was ihn optimistisch stimmt ist die Tatsache, dass bei der Erarbeitung des Landestierschutzplans immerhin 90 Landwirte, Tierschützer und Wissenschaftler konstruktiv zusammen arbeiten konnten.

Der Bauernbund hat sich ebenfalls bereit erklärt, den Landestierschutzplan zu akzeptieren. Auch wenn sein Sprecher, Biobauer Reinhard Jung ihn für eine unnötige Einmischung in seine Arbeit hält und nicht jede Forderung einfach umsetzbar sei.

Tatsächlich ist der Landestierschutzplan bislang nur eine Aufzählung von 131 Empfehlungen für eine artgerechte Tierhaltung. Was wirklich umgesetzt werden kann, muss nun das Parlament festlegen. Wann genau? So bald wie möglich, verspricht der Agrarminister.

Beitrag von Dominik Lenz

4 Kommentare

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  1. 3.

    Pech gehabt :-( Ist halt "nur" ein kleiner Bauer und kein Betreiber eine Schweinemastanlage für Massentierhaltung. Dieser würde sicher nicht so gegängelt. Brandenburg kann eben nur groß und im Ergebnis dessen Projekte wie BER, Solarstadt, Chipfabrik usw. usf. Zeit der Mark Brandenburg den Rücken zu kehren. Anderswo gibt es bessere Rahmenbedingungen.

  2. 2.

    und um den gegängelten Bäuerchen weiteren Ärger zu ersparen , stellt man den Konsum tierischer Produkte weitestgehend ein.

  3. 1.

    Darin zeigt sich für mich nur wieder das glatte Missverständnis nahezu aller Gesetzgebung: Anstatt dass Gesetze und Vorhaben dazu da wären, HILFSWEISE etwas zu befördern, besteht die Annahme, dass sie bis ins Kleinste hinein etwas bewirken müssten.

    Ökologie als ganzheitliches Verständnis setzt ja von der Idee her immer auf den ganzen Menschen. Das schließt den reinen Homo Oecomicus (den rein wirtschaftlichen Menschen) ebenso aus, wie den Menschen als bloßes Objekt staatlicher Gesetzgebung zu sehen, selbst sogar bei denen noch, die schon die "richtige Richtung" eingeschlagen haben.

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