Europas größte Jobbörse für Geflüchtete - The German Dream

Di 20.02.18 | 22:57 Uhr | Von Tom Garus
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Nedal Ahmad (l.) steht an einem Stand der Reederei Riedel und berät eine Gruppe interessierter Männer (Quelle: rbb/Tom Garus)
Video: Abendschau, 20.02.2018 | Autor: Martin Küper | Bild: rbb/Tom Garus

Endlich eigenes Geld verdienen. Viele Geflüchtete und Migranten wünschen sich nichts sehnlicher, als einen Job zu finden und sich in Deutschland zu integrieren. Wie schwierig das ist und wo es Hoffnung gibt, zeigte sich auf der dafür größten Jobbörse. Von Tom Garus

Zwei Syrer – der eine im Anzug mit Namensschildchen, der andere mit seinen Bewerbungsunterlagen in der Tasche. Der 22-jährige Nedal Ahmad hat einen Ausbildungsplatz in der Berliner Rederei Riedel, sein ein Jahr jüngerer Kumpel Jwan Cheikhmous sucht noch nach einer Ausbildung zum Zahntechniker. Die beiden Freunde sind sich ähnlich, stammen aus derselben syrischen Stadt, Qamischli, im Nordosten des Landes, ihre Familien kennen sich noch aus Syrien. Doch nur Nedal hat es bislang geschafft, Jwan will es noch schaffen: Den Start in ein Leben mit Arbeit in Berlin, auf der Jobbörse für Geflüchtete und Migranten im Neuköllner Estrel.

Die Bundesagentur für Arbeit lädt gemeinsam mit dem Hotel Estrel bereits zum dritten Mal zu Europas wohl größter Jobmesse für Geflüchtete und Migranten. Sie soll den Menschen die Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Somit soll die Gesellschaft langfristig gefördert werden, sagt Bernd Becking, Chef der Arbeitsagentur für Berlin und Brandenburg. "Mit dieser Plattform schaffen wir die Voraussetzung dafür, dass etwa 4.000 Geflüchtete, die wir eingeladen haben, auf 200 Arbeitgeber treffen, die hier über 3.000 Stellen anbieten", sagt Becking.

Die beiden Syrer Nedal Ahamd und Jwan Cheikhmous (Quelle: rbb/Tom Garus)
Bild: rbb/Tom Garus

Die Ingenieurin findet keine Angebote

Das Unternehmen Wall ist dabei, Bayer, die Volkssolidarität und auch Coca Cola. Der Getränkekonzern habe seit Jahren Probleme, seine Ausbildungsstellen zu besetzen. Fachkräfte zur Wartung von Cola-Automaten fehlen, Azubis in der Lebensmitteltechnik und im Lager, berichtet Personalerin Magdalena Engler und hofft auf passenden Nachwuchs: "Wir haben gehört das viele Unternehmen sehr gute Erfahrungen gesammelt haben. Wir haben mitbekommen, dass vergangenes Jahr tatsächlich 200 Stellen besetzt werden konnten, was super ist für einen Tag Ausstellen."

Gekommen ist auch die Türkin Sezin Ucbilek aus Istanbul. Sie ist Chemieingenieurin und etwas enttäuscht von der Jobbörse. Für Akademikerinnen wie sie ist das Angebot nicht groß. Gesucht werden Lokführer, Pflegepersonal, Mechatroniker, Gastronomen, Sicherheitspersonal, Logistikmitarbeiter. Viele Berufe mit "körperlichem" Schwerpunkt, findet eine Gruppe Studierender, doch in diesen Feldern tue sich etwas auf dem deutschen Arbeitsmarkt.

Die Motivation unter den Geflüchteten und Migranten sei hoch, die Abrecherquoten nach Erfahrung von Matthias Olbrich vom Personaldienstleister Tremonia nicht höher, als sonst: "Ich habe lieber ausländische Mitarbeiter, als deutsche Mitarbeiter, weil die wirklich zuverlässig sind", sagt Olbrich. "Die Motivation ist ganz anders. Die Deutschen sehen es häufig entspannt: 'Ich könnte ja auch woanders arbeiten'. Wenn ein ausländischer Arbeitnehmer die Chance bekommt, dann nimmt er die auch wahr."

Tausende Geflüchtete in Berlin in Beschäftigung gebracht

Bis Anfang 2016 dümpelten die Zahlen der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen unter Geflüchteten deutschlandweit um die 100.000. Doch noch im gleichen Jahr gab es einen ersten Sprung nach oben. 2017 dann legte die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Neubeschäftigungen kräftig zu, um knapp 100.000 auf heute 273.000 Beschäftigte aus nichteuropäischen Herkunftsländern. So auch in Berlin, berichtet Arbeitsagentur-Chef Bernd Becking: "Wir haben in den vergangenen zwei Jahren 9.400 Geflüchtete in Beschäftigungen gebracht auf dem Berliner Arbeitsmarkt. Wenn die Menschen beschäftigt sind, können wir sie mit Mitteln der Agentur weiterqualifizieren und sie dann zu Fachkräften machen."

Er sagt aber auch, dass es oft noch bei der Sprache hapere und es hin und wieder Defizite in der Schulbildung bei Geflüchteten und Migranten geben. "Manche Geflüchtete bringen nur vier Grundschuljahre mit. Das ist sehr wenig." Zum Teil müsse ganz von vorn angefangen werden, etwa bei der Alphabetisierung, sagt Becking. "Die Kammern, wie die Handwerkskammer, machen bei den praktischen und theoretischen Prüfungen keine Ausnahmen für Geflüchtete."

Magdalena Engler steht an einem Stand auf der Jobbörse für Geflüchtete und Migranten (Quelle: rbb/Tom Garus)
Bild: rbb/Tom Garus

Manchmal müssen bürokratische Monster bekämpft werden

Davon lässt sich Jwan aus Syrien nicht abschrecken. Mithilfe seines Kumpels Nedal übt er Deutsch. Zahntechniker zu werden, ist sein Ziel. Ein halbjähriges Praktikum habe er bereits in der Türkei absolviert. Sein Asylantrag ist positiv, er darf in Deutschland arbeiten. Allerdings ist das begrenzt auf die kommenden drei Jahre. Denn länger gilt sein Aufenthaltstitel nicht, kritisiert Matthias Olbrich. "Die Leute möchten arbeiten, können aber nicht. Es ist wie ein Teufelskreis: Sie bekommen nur befristete Verträge, weil ihre Arbeitserlaubnis nur befristet ist – länger dürfen die Unternehmen sie gar nicht einstellen, das wäre illegal." Bei den Unternehmen führt das wiederum zu großen Unsicherheiten, weil sie schlicht nicht wissen, wie lange sie mit ihren Arbeitnehmern rechnen können.

Mit solchen bürokratischen Monstern hat auch Personaler Christian Dewald Bekanntschaft gemacht. Als er seinen Schützling Nedal Ahamd in der Reederei Riedel aufbauen wollte, habe es Schwierigkeiten gegeben, Förderanträge und Weiterbildungsmaßnahmen durchzusetzen. "Von Antrag bis Abschluss vergehen teilweise sieben bis acht Monate. Das kollidiert mit den Vorstellungen mancher Bewerber, die denken: 'Morgen habe ich schon den Bentley vor der Tür.' Das ist einfach nicht möglich. Wir müssen das Bewusstsein schaffen, dass nicht alles von jetzt auf gleich geht."

Beitrag von Tom Garus

12 Kommentare

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  1. 12.

    Ich stimme Ihnen ja zu und Sie haben auch recht was unsere Poliker da in der Vergangenheit und zukünftig anrichten. Zu Ihrer Frage nach Unternehmen: Im Dienstleistungssektor werden jetzt vermehrt Ausländische Kräfte mit Deutschkenntnissen eingesetzt. Beispiele? Deutsche Post AG ( Briefzentren ) und all die anderen Billiglohnanbieter PIN AG u.u.u. Viele Deutsche Jugendliche schaffen es nicht einmal durch die Bewerbung für eine Lehre, mangels Schulbildung. Fängt bei Mathe schon an. Und da wollen Sie mir hier Weißmachen, Ausländische Arbeitskräfte hätten keine Böcke? Die sind meistens sogar lernfähiger als die Deutschen. Viele, besonders Kleinunternehmen haben sehr,sehr positive Erfahrungen gemacht und schwören mittlerweile auf solch engagierte Mitarbeiterinnen/ Mitarbeiter. Die Studierenden hier bei uns finden zuerst einmal bloß Praktikantenjobs bei mieser Bezahlung.Wenn überhaupt.

  2. 11.

    273.000 Beschäftigte aus nichteuropäischen Herkunftsländern - da können auch Australier, Kanadier, Neuseeländer, Japaner, Chinesen etc. dabei sein. In den vergangenen zwei Jahren 9.400 Geflüchtete in Beschäftigungen gebracht auf dem Berliner Arbeitsmarkt: Da die Damen und Herren zu dem Zeitpunkt ja noch nicht sooo lange in Deutschland waren, kann es sich ja nicht um anspruchsvolle Tätigkeiten handeln und von den Bewerbern für den Niedriglohnmarkt gibt es schon genug. Und über die Zuverlässigkeit von Geflüchteten habe ich Rückmeldungen in meinem direkten Bekanntenkreis und diese Informationen sind leider sehr negativ. Wieso bilden wir sie nicht aus, den Wiederaufbau ihn ihren Herkunftsländern voranzutreiben und schicken sie dann zurück?

  3. 10.

    Warum wollten bzw wollen denn Deutsche diese Berufe nicht ausüben oder lernen? Erstens wurde Jahrelang von der Politik propagiert das nur Abitur und Studium was bringt oder dar stellen..Und Handwerksberufe eher für Hauptschüler seien....Jetzt fällt allen langsam auf das einfach Gesellschaft nicht nur aus Studierten bestehen kann sondern das es auch Werte schaffende Arbeiter geben muss...

    2: haben sie sich die letzten 15 Jahre mal die Lohnentwicklung und Arbeitsbedingungen (Überstunden ohne Ende....Teils 14 Tage durch arbeiten ohne frei..Stress ohbe Ende) in vielen Handwerksberufen oder der Pflege angeschaut (ich als Koch kann da ein Lied von singen? Es kann doch niemanden verwundern das junge Menschen diese moderne Sklaverei nicht freiwillig mit machen wollen....

    Sie glauben also jetzt allen Ernstes das die Asylanten diese Berufe zu diesen Konditionen gerne ausüben möchten ja? Das widerspricht aber gewaltig den Erfahrungen der letzten 3 Jahre in Deutschland.

  4. 9.

    Ich kann jedem nur empfehlen, in die entsprechenden Länder zu reisen, aus denen die „Geflüchteten“ stammen. Die Schul-, Berufs- und Uni-Ausbildung dort kann man nicht mit der hier in D vergleichen. Nicht mal ansatzweise. Seit 2015 erzählen uns aber IHK, die Medien, BDA, BDI, Politik und andere hochjauchzend, dass da die künftigen Rentenzahler kommen würden. Pustekuchen. Nur mit Milliarden Euros schafft man es, einige wenige in Billig-Lohn-Jobs zu bringen. So gut gemeint solche Messen auch sein mögen, sie sind nur der Tropfen auf den heißen Stein, und vor allem eine Suche nach billigen Arbeitskräften. Der Anteil von Arbeit und Soziales am Bundeshalt beträgt schon heute rund 43 Prozent (2017) – Tendenz steigend. Mehr verträgt unsere Wirtschaft bzw. Gesellschaft nicht.

  5. 8.

    Was schreiben Sie da für einen Unsinn. Kann es auch sein, das sich hinter den Bewerbern auch viele gibt, welche für die Industrie von wichtiger Bedeutung sind. Oder im Pfegebereich.Hier mangelt es von vorne bis hinten.Deutsche wollen solche Jobs nicht tun und in den Handwerksbetrieben sieht es sehr schlimm aus. Also lassen Sie solch rechtes Geschreibe.
    Im übrigen, was hat dieser Bericht mit der Rückführung von Geflüchteten zu tun.In Syrien z.B.wird weiter gekämpft.

  6. 7.

    Da sie im Plural schreiben, könnten sie doch bitte an dieser Stelle einmal 3 unterschiedliche Unternehmen nennen und die Anzahl derer eingestellten Asylanten.....Denn wenn es so wie Sie behaupten mehrere Unternehmen gibt die sehr gute Erfahrungen mit diesen Leuten gemacht haben, hätte man bestimmt schon in vielen Gazetten davon gelesen.....

    Ich lasse mich gerne eines besseren belehren...glaube aber selbst wenn sie glaubhafte Beispiele benennen können, diese nur eine verschwindend geringe Ausnahme sind. Der eher vorherrschende Fall wird wohl eher der sein, den man die Tage zb überall lesen konnte bezüglich des Syrers der 2 Frauen hat ...diverse Kinder und Analphabet ist....Auch auf Arbeiten oder zumindest Deutsch lernen hat er wohl nicht so die Lust.....

  7. 6.

    Hi Steffen. Ich weiß, hier geht es um Geflüchtete Menschen auf Jobsuche. Aber auch unsere lieben Landsleute schmeißen schnell wieder ihren Job hin,weil die Anforderungen an Sie zu hoch sind oder das Arbeitklima, sprich das Team nicht zusagt. Lehrstellenmangel und die Begeisterung bei den Deutschen Jugendlichen hält sich ja sehr in Grenzen.Hier sollte unbedingt ruhig auf die Geflüchteten z.B.zugegangen werden. Es gibt auch schon Unternehmen welche sehr gute Erfahrungen hiermit machen.

  8. 5.

    Mag sein, dass es wieder als Verallgemeinerung abgetan wird, aber mal ganz sachlich gesehen, sogenannte "Intellektuelle" haben wir bei weitem mehr als genug in Deutschland, und dass der Fachkräftemangel in unserem Land nicht durch die Flut von "Arbeitswilligen" aus dem Nahen Osten behoben wird, müsste inzwischen auch der größte Fürsprecher "Merkelscher Asylpolitik" begriffen haben. Um so wichtiger ist es natürlich, in den Medien jede auch noch so unscheinbare Regung unserer "Gäste auf Zeit" in die andere Richtung als großen Erfolg der Integration zu verkaufen. Komisch nur, dass bei der ganzen Diskussion eine geordnete Rückführung einst "Geflüchteter" keine Rolle mehr zu spielen scheint und das, obwohl der anfangs angesprochene "positive Effekt auf den Arbeitsmarkt" ausgeblieben ist und auch die Lage in den Herkunftsländers offensichtlich wieder überschaubar ist.
    Resümee: Das "Traumland" Deutschland wird zusehend zum "Alptraumland", vor allem für uns Deutsche.

  9. 4.

    "Das kollidiert mit den Vorstellungen mancher Bewerber, die denken: 'Morgen habe ich schon den Bentley vor der Tür.' Das ist einfach nicht möglich. Wir müssen das Bewusstsein schaffen, dass nicht alles von jetzt auf gleich geht."

    Die letzten Sätze des Beitrags klingen eher wie Satire;-)
    Dabei soll durch die Zuwanderung Druck auf den Mindestlohn ausgeübt werden.
    Eine angemessene Bezahlung der Angestellten ist doch in deb meisten Branchen nicht gewollt.
    In der "Flüchtlingskrise" würde gerade von den Konzernbossen der größten DAX-konzerne verbreitet, dass viele hoch qualifizierte Akademiker zu uns flüchten würden.
    Bis jetzt sind bei der Post nach meinem letzten Stand 50 Auslieferfahrer angekommen;-)

  10. 3.

    Der Bentley wird wie bei allen „normalen“ deutschen Arbeitnehmern wohl nie vor der Tür stehen. Was erwarten die Migranten wenn sie hier einen Ausbildungsplatz bekommen? Vielleicht sollte das vorher geklärt werden.

  11. 2.

    Ist denn heute schon 1.April? Also aus eigener Erfahrung als Unternehmer kann ich das beim Großteil nicht bestätigen. Ja bestimmt sind die Gutmenschen der Meinung das stimmt was der RBB verbreitet. Es sind meine persönlichen Erfahrungen, das ein großteil nicht arbeiten kann und schon nach kurzer Zeit das Handtuch schmeissen.

  12. 1.

    Von der Reederei Riedel kann ich nur abraten. Als ich vor zwei Jahren dort als Kellner war, waren die Arbeitszeiten gerne mal 12, 13 Stunden am Tag und den Mindestlohn haben die auch nicht gezahlt, sondern nur einen kleinen Prozentsatz des umgesetzen Getränkeausschankes (was dann meist auf unter dem Mindestlohn hinausläuft). Die meisten hören da so schnell es geht wieder auf. Das mag mit den Arbeitsbedingungen bei anderen Reedereien in Berlin ähnlich sein. Das Bootsfahren an sich ist allerdings schön.

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