Neues Verfahren in Adlershof entwickelt - Wie aus Klärschlamm Kraftstoff werden könnte
Die Debatte über den dreckigen Diesel steigert die Verkaufszahlen für Benziner. Der CO2-Bilanz hilft das überhaupt nicht. Eine Alternative könnte Wasserstoff sein. In Berlin wurde dafür nun ein neues Verfahren entwickelt. Von Martin Küper
Wenn aus Abwasser Treibstoff hergestellt wird, entsteht ein Energiekreislauf der ganz besonderen Art - und in Adlershof wird derzeit daran gearbeitet. Mit einem Verfahren, an dessen Ende ein vergleichsweise umweltfreundlicher Kraftstoff entsteht: Wasserstoff.
Dabei, so erklärt Jens Hanke von der Firma Graforce, werde Wasser in einem großen elektrischen Feld in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten - mit einem sogenannten Plasmalyzer. "Dabei reinigt er gleichzeitig das Wasser. Das ist momentan weltweit einmalig." Eingesetzt in Kraftwerken oder als Beimischung für Erdgasfahrzeuge könnten die Schadstoffemissionen deutlich reduziert werden.
In Adlershof passiert das aber mit recht speziellem Wasser: Es kommt aus dem Klärwerksfaulturm. "Aus dem Faulturm kommt Schlamm. Der wird zusammengepresst, und im Presswasser ist sehr viel Ammonium drin." Ammonium wiederum enthalte sehr viel Wasserstoff, erklärt Hanke: "Das ist für uns eine chemische Energie, die wir nehmen, um noch mehr Wasserstoff zu produzieren."
Wasserbetriebe träumen von Betankungskreislauf
Mit diesem Verfahren wird das schmutzige Wasser auch gleich gereinigt. Die Berliner Wasserbetriebe waren sofort interessiert, geht es dabei doch nicht nur um eine kluge Form der Abwasserklärung, sondern auch um die Frage, ob man mit dem "eigenen Saft" die eigene Flotte betanken könnte.
"Wir haben insgesamt schon hundert E-Fahrzeuge", sagt Jörg Simon von den Berliner Wasserbetrieben. Für die großen Lkw mit Dieselantrieb brauche man aber noch Alternativen. "Es wäre sehr gut, wenn wir so eine Art Kreislauf erzeugen und diese Fahrzeuge mit Erdgas oder E-Gas speisen könnten."
Auch Benziner könnten betankt werden
Die Fahrzeuge für den neuen Abwasser-Kraftstoff müssen übrigens nicht neu erfunden werden: Alle Erdgas-Autos sind dafür geeignet und nach entsprechender Umrüstung auch Benziner. Das kostet jeweils einen vierstelligen Aufpreis, heißt es, im Unterhalt jedoch sei die Bilanz positiv.
Offen ist, wo man preislich genau landet, denn der Steueranteil wird von der Politik bestimmt. Audi jedenfalls zählt bereits heute zu den Kooperationspartnern von Jens Hanke. Der Druck auf die Autoindustrie in Sachen Emissionen ist groß. Velleicht ist das genau der richtige Zeitpunkt für eine Idee wie diese aus Adlershof.