Pfandverpackungen - Take away zum Zurückbringen

Sa 22.02.20 | 08:11 Uhr | Von Franziska Ritter
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Kühltheke Biocompany (Quelle: rbb/Franziska Ritter)
Bild: rbb/Franziska Ritter

Wer Essen im Restaurant oder von der Theke mitnehmen will, kommt an Einweggeschirr aus Plastik, Pappe oder Styropor nicht vorbei. Bislang. Franziska Ritter hat Mehrweglösungen entdeckt, die den Müllbergen ein Ende setzen sollen.

Ob Linsencurry oder veganes Chili: In der Biocompany-Filiale in der Rudi-Dutschke-Straße in Berlin können Kunden seit Anfang des Jahres zu Essen aus der umweltfreundlichen Mehrwegschale greifen. Die Supermarktkette ist eines von sieben Unternehmen, das drei Monate lang ein Pfandsystem für Take-away-Essen testet. Das Prinzip ist einfach: Wer sich für die Mehrwegschale entscheidet, zahlt 10 Euro Pfand. Bringt er sie in die Filiale zurück, bekommt er das Geld wieder. Die Biocompany möchte Kunden damit die Möglichkeit geben Verpackungsmaterial einzusparen, heißt es vom Unternehmen.

Hinter dem Pfandsystem – Rebowl heißt es – steht ein Startup aus München, das ab Sommer bundesweit eine Mehrweglösung für Take-away-Verpackungen einführen will. Laut Zahlen der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung, die im Auftrag des NABU die Abfälle der Deutschen untersucht hat, landen pro Jahr rund 280.000 Tonnen an Einweggeschirr im Müll. Der größte Teil davon entsteht durch Menüschalen, Nudelboxen und Pizzakartons. Dem will Rebowl etwas entgegensetzen.

Zu schön, um Pfand zu sein

Neben Berlin wird das Pfandsystem derzeit in Köln und München getestet. Cafés, Kantinen und eine Tankstelle machen beim Testlauf mit. „Die Erfahrungswerte sind sehr gut“, erklärt Iris Vilsmaier aus dem Rebowl-Team. „Wir hatten erst Angst, dass die Kunden nicht dazu bereit sind den Pfandbetrag zu zahlen. Dem ist aber nicht so“, sagt sie. Im Gegenteil: Offenbar kommt die petrolfarbene Mehrwegschale so gut an, dass viele Kunden sie nicht ins Geschäft zurückbringen.

Rebowl nutzt für seinen Testlauf Plastikschüsseln eines niederländischen Herstellers, die aus Polypropylen bestehen. Vorteil der Gefäße: Sie sind spülmaschinenfest und hitzebeständig. Nimmt man den Deckel ab, kann man sie in die Mikrowelle stellen. Mit dem Messer darin schneiden, sollte man allerdings nicht, denn die Schüsseln sind nicht kratzfest, wie sich gezeigt hat. „Wir stecken noch in der Recherche nach einem passenden Material“, erklärt Iris Vilsmaier. Es soll 300 Umläufe aushalten und sich recyceln lassen.

Tausendmal aus einem Becher trinken

Die Münchner haben bereits ein Pfandsystem für Coffee-to-Go-Becher aufgebaut, das vom Prinzip genauso funktioniert: Statt seinen Kaffee im Einweggefäß mitzunehmen, zahlt der Kunde einen Euro für das wiederverwendbare Pendant aus Plastik. Bringt er den Becher in ein teilnehmendes Geschäft zurück, kriegt er das Geld wieder.

Die Mehrweglösung von Recup, so der Name des Unternehmens, kann nach Angaben der Macher ungefähr 1.000 Mal benutzt werden. Der Becher besteht aus BPA-freiem Plastik und wird allein in der Hauptstadt bei 370 teilnehmenden Cafés, Bäckereien und Kantinen ausgegeben. Die Biocompany etwa hat in diesem Jahr alle Einwegbecher dafür aus ihren Filialen verbannt.

Firmengründer Mustafa Demirtas (Quelle: rbb/Franziska Ritter)
Eco Brotbox - Gründer Mustafa DemirtanBild: rbb/Franziska Ritter

Mehrweg aus Edelstahl

Die Münchener sind nicht die einzigen, die etwas gegen die Müllberge an Take-away-Müll unternehmen wollen. Auch die Eco Brotbox GmbH aus Berlin hat einen Mehrwegbehälter für Essen entworfen, der aus Edelstahl besteht und ohne Plastik auskommt. Viele Kunden hätten gesundheitliche Bedenken gegen Plastikbehälter, sagt Mustafa Demirtas, der das Unternehmen gegründet hat.

Verglichen mit Kunststoff verschlingt die Produktion von Edelstahl viel Energie, doch der Firmenchef betont: „Wir haben die CO2-Bilanz extern berechnen lassen und herausgefunden, dass unser Gefäß ungefähr fünf Mal zirkulieren muss, damit es die gleiche Ökobilanz aufweist wie ein Plastikbehälter. Ab dann steht man besser da.“ Die Edelstahlgefäße sind robust und lassen sich stapeln, benötigen dadurch wenig Platz.

Im Frühjahr geht Tiffin Loop an den Start

Die Kreuzberger haben vor fünf Jahren einen Pilotversuch in Berlin gestartet und ihre Essensbehälter in Restaurants und Kantinen getestet. Die Edelstahlgefäße kamen gut an, doch dass sich Kunden für das Angebot registrieren mussten, erwies sich als hinderlich. Statt einer Leihgebühr wollen Mustafa Demirtas und seine Mitarbeiter deshalb künftig ein Pfand von zehn Euro verlangen. Gastronomen, die ihren Kunden das Mehrwegsystem anbieten wollen, müssen eine monatliche Servicegebühr zahlen.

Tiffin Loop – so der Name des Berliner Mehrwegsystems – soll nach Angaben von Eco Brotbox keine Profite erwirtschaften. Bislang haben die Macher ihr Projekt über Fördermittel und per Crowdfunding finanziert. Im Frühjahr wollen sie mit 5.000 fabrikneuen Edelstahlbehältern und verändertem Konzept in Berlin, Köln und Hamburg an den Start gehen.

Sendung:  Inforadio, 22.02.2020, 7:35 Uhr

Beitrag von Franziska Ritter

16 Kommentare

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  1. 16.

    Super! Ich kann es gar bciht abwarten! Recup funktioniert ja auch schon super. Wer dafür zu faul ist- dem kann man wohl nicht helfen- sehr schade. Entweder ist die Umwelt einem wichtig oder eben nicht. Nachhaltigkeit ist eben nicht immer bequem.

  2. 14.

    Im Büro zu haben? Macht sich bei mobilem Arbeiten auch so klasse....Da gibt es keine Schränke für Geschirr. Auch keine Teeküche, Kühlschrank etc... Take Away oder Bistro sind die Varianten für zwischendurch. Es sind doch meistens Kleinigkeiten, da lohnt sich das Hin und Her mit Pfandgeschirr nicht wirklich. Take Away hat ja einen Sinn. Das macht man nicht aus Bequemlichkeit sondern mangels Alternative.

  3. 13.

    Ich habe aus beruflichen Gründen lange Zeit von To Go leben müssen, wenn man im Mehrschichtsystem arbeitet ist es einfach so. Da ist man froh überhaupt mal Zeit für eine Mahlzeit zu haben.

  4. 12.

    Im Grunde genommen ist To-Go schuld. Die Käufer von To-Go-Fressen sind schuld am Müll.
    Kann man sich nicht irgendwo hinsetzen und essen? Kantine, Mensa, Gaststätte, Imbissbude?
    Der niederländische Hersteller der Behälter hat hundert pro seine Produktionsfirma in China & Co. Man kann einfach nur noch staunen, welche Steigerungen die Hipster sich aus den Fingern saugen und als ökologisch anpreisen.
    Dann lieber Wegwerfgeschirr, welches gut für die Fernwärme verbrannt wird... hat wenigstens einen Nutzen.

  5. 11.

    10,00 € Pfand ist ganz schön happig. Dann nochmal wegbringen. Keine so gute Idee.

  6. 10.

    Na ich hoffe mal, die ausgebenden Geschäfte putzen die Dinger ordentlich. Wenn die nach einigen Tagen zurückgegeben werden, dann dürften sie schon ziemlich eklig innen aussehen. Oder wird noch erwarten, dass man das reinigt? Ich bleibe dann mal lieber bei Einweg.

  7. 9.

    Kommt immer darauf an, ob man seine eigene Mülltonne bezahlen muss und begrenzt Platz hat.
    Viele Häuserbesitzer entsorgen aus Geiz und frecherweise ihre Flaschen und den Hausmüll sogar auf Arbeit um Geld zu sparen.
    Ich bin in der glücklichen Lage unendlich viel Müll in die Tonne zu entsorgen. Und damit bin gesetzlich durch.
    Für meinen Abfall gibt es verschiedene Mülltonnen, und spare Wasser, da ich weniger abwaschen tue.
    Und zeigen Sie mir einen Geschirrspüler, wo man vernünftig und hygienisch Trinkflaschen reinigt. Ihre Trinkflasche möchte ich nicht unter die Lupe nehmen. Außerdem kann es jeder machen wie er will. Ihre Disziplinorgien ziehen eben bei den meisten nicht, da es nur unötiger Aktionismus ist. Mir ist das zuviel.

  8. 8.

    Konterkariert den Sinn von Take away völlig. Es geht ja darum, dass man etwas mitnimmt, statt es vor Ort zu essen. Ursprünglich mal für Reisende im weitesten Sinne gedacht. Pfand für Nahrungsbehälter werde ich jedenfalls nicht mitmachen.

  9. 7.

    10€ Pfand finde ich echt zu viel. 2€ wäre in Ordnung. Ansonsten finde ich die Idee nicht schlecht.

  10. 6.

    Was spricht dagegen die Schüsseln im Büro zu haben bis man wieder was holt? Wird bei uns im Büro schon gemacht. Franziska Ritter ist ja nicht die erste die drauf gekommen ist Mehrwegverpackungen zu nehmen.

  11. 5.

    Klingt gut. Wenn ich ToGo kaufe, muss aber sichergestellt sein, dass ich an Tanke Konzern A erworbene Verpackung im Geschäft Konzern B wieder los werde. Desgleichen gilt für die Supermärkte. Ich kaufe in den verschiedensten Märkten ein und würde eine Kundenbindung auf Grundlage der pfandpflichtigen Verpackung nicht akzeptieren. Somit stellt sich die Frage nach einer bundeseinheitlichen Regelung. Bin gespannt, ob es einen großen Wurf gibt. Wahrscheinlich eher nicht.

  12. 4.

    Trage ich nicht. Meist hab ich nicht mal eine Tasche dabei. Und Ihre Beleidigungen (faul) sparen Sie sich bitte. Meinen Kommentar haben Sie ja nicht mal ansatzweise verinnerlicht.

  13. 3.

    Sie sind einfach zu faul ! Jeden Tag sehe ich Schülerinnen und Schüler, die in den seitlichen Rucksacknetzen 1-2 Flaschen mit Getränken mit sich führen. Jeden Schultag. Kaufen Sie sich eine Edelstahlthermoskanne; da ist sogar oben ein Trinkbecher drauf. Deospray und andere Kinkerlitzchen schleppen Sie doch jeden Tag mit sich rum ? !

  14. 2.

    Für mich nichts. Wenn ich To Go mache, dann eben deswegen, weil ich irgendwo unterwegs bin und meist nicht wieder dorthin zurückkehre. Und da will ich das leere Zeug nicht mit mir herumtragen. Oder im Büro Auch untauglich; da lagere ich die Schüsseln bestimmt nicht bis ich mal wieder was hole. Dann lieber Einwegzeug entwickeln, was weniger Aufwand in der Produktion bedingt. Für zuhause brauche ich so etwas eh nicht. Für mich jedenfalls keine Lösung.

  15. 1.

    Wenn "die petrolfarbene Mehrwegschale so gut ankommt, dass viele Kunden sie nicht ins Geschäft zurückbringen ...",
    dann macht das mit der Mehrweglösung auch keinen Sinn, Tupperschüsseln und andere Plastikbehälter kann ich auch woanders kaufen.

    Und was mache ich, wenn ich nur einmal was bestelle?
    Wie kommt mein Mehrwegbehälter dann zurück zum Lieferdienst?

    Wäre es nicht am ökologischsten, auf Lieferdienste komplett zu verzichten und frisch, regional, bio und fair bezahlt selber zu kochen?

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