IW-Arbeitsmarktexperte Holger Schäfer zieht historische Parallelen - Coronakrise mit klaren Folgen für Berufsanfänger

Mi 03.06.20 | 18:29 Uhr
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IW-Arbeitsmarktexperte Holger Schäfer (Quelle: IW Koeln)
Bild: Presse/IW Koeln

Wer in den kommmenden Monaten eine Ausbildung abschließt, hat es schwer auf dem Arbeitsmarkt. Das prognostiziert der IW-Arbeitsmarktexperte Holger Schäfer. Im historischen Vergleich sei die Pandemie nun einschneidender für den Arbeitsmarkt als die Krise 2009.

Die Coronapandemie wird vor allem für Berufsanfänger zu einer deutlichen Einstiegshürde werden. Wie Holger Schäfer, Arbeitsmarktexperte am Institut der Deutschen Wirtschaft, rbb|24 sagt, ist bereits jetzt sehr deutlich erkennbar, dass die Einstellungszahlen von Berufsanfängern zurückgehen.

Dieser Rückgang betreffe sowohl Akademiker als auch Berufsanfänger nach Abschluss einer Lehre. "Klar wird hier: Wer jetzt und in den kommenden Monaten eine Ausbildung abschließt, hat es schwerer, einen Job zu finden." Ein Vorhersage, welche Bereiche dies genau treffe, sei da aber noch nicht möglich. "Azubis aber haben vielleicht gegenüber Studenten den Vorteil, dass sie oft näher dran sind an ihrem Unternehmen, wo sie später auch arbeiten könnten – das ist eventuell ein Pluspunkt", sagte Schäfer.

Klarer Schub durch die Krise für Digitalisierungsbranche

Der Arbeitsmarktsexperte verwies auf die ebenfalls am Mittwoch vorgestellte Frühjahrsstudie zu den Chancen in den MINT-Berufen [www.iwkoeln.de], die belege, dass sich die Pandemie auch in diesem Bereich mit einer Verknappung des Stellenangebots auswirke. Hier in den Feldern mit Qualifikationen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik gebe es allerdings auch weiterhin einen klaren Abstand zwischen einem großen Bedarf gegenüber einem kleineren Angebot an Einsteigern. "Die IT-Fachkräftelücke besteht dort weiter", sagte Schäfer.

Genauere Prognosen für bestimmte Branchen seien derzeit nur schwer abzulesen, doch sei bereits jetzt deutlich erkennbar, dass durch die Krise die Digitalisierung einen Schub bekommen habe. Die Nachhaltigkeit dieses Schubs hänge aber auch von den weiteren Einschränkungen durch die Pandemie ab.

Anhaltende Folgen für Gast- und Tourismusgewerbe

Sehr anhaltende Folgen allerdings wird die Pandemie voraussichtlich auch weiter im Hotel- und Gastgewerbe haben, so Schäfer. Insbesondere für einen Stadt wie Berlin könnten die Rückgänge der Besucher und Touristen hier nicht so schnell wieder ausgeglichen werden. Und hier sei die Prognose sehr klar: "Es wird zu Schließungen und Entlassungen kommen."

Die Suche nach Parallelen in der nahen oder ferneren Historie zur Coronakrise sei schwer, erklärt Schäfer. "Die Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 war von ihren Ausmaßen deutlich schwächer und lange nicht so breit wie die aktuelle Krise." Damals sei vor allem das verarbeitende Gewerbe betroffen gewesen. "Heute dagegen ist die Palette der kriselnden Branchen breiter und damals war es auch leichter, die Beschäftigungsauswirkungen zu kompensieren als heute." Einen Gesamtzuwachs bei der Beschäftigungslosigkeit habe es damals nicht gegeben. Diesmal sei er allerdings schon deutlich.

1 Kommentar

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  1. 1.

    Wirklich, für diese Meldung braucht ihr einen Experten, also was offensichtlicheres hätte man nicht vorhersagen können.
    Leider werden solche Meldungen von den Angst Bürgern, die uns diese Sachen eingebrockt haben, ignoriert, wie man hier auch an den nicht vorhandenen Kommentaren sieht.

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