Rohrdommelweg in Berlin-Britz - Da steht ein Ei in der Flur

Di 11.08.20 | 12:09 Uhr
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Ein Ei am Wegesrand in Berlin-Neukölln (Quelle: rbb/Sebastian Schneider)
Bild: rbb/Sebastian Schneider

Einmal kräftig in einen bauchigen Tonkrug pusten. So in etwa lässt sich der Ruf männlicher Rohrdommeln beschreiben. Des dumpfen, monotonen Tons wegen wird der Vogel auch gern zum Rindvieh gemacht. Als Riedochse, Wasserochse, Mooskuh kennt der Volksmund das Tier. Der Nabu spricht vom Moorochsen [mecklenburg-vorpommern.nabu.de]. Der olle Goethe fand den Vogelruf offenbar so schön melodisch und schaurig, dass er mit ihm den Besuch von Faust und Mephisto auf dem Blocksberg untermalte.

Der Vogel, etwas größer als ein Haushuhn, mit fleckigem grau-braunem Gefieder, grünen Staksbeinen und einem pfeilspitzen Schnabel fühlt sich besonders in feuchten Röhricht- oder Schilffeldern wohl. Also Orten, die in Deutschland seit Hunderten von Jahren trockengelegt, bewirtschaftetet oder zugebaut werden. In Berlin sollen heute noch etwa 20 Exemplare leben, in Brandenburg sind es einige mehr.

Eine Rohrdommel streift bei Münster (Nordrhein-Westfalen) durch matschige Rieselfelder (Quelle: Imagebroker/Horst Jegen)
Bild: Imagebroker/Horst Jegen

Immerhin wird dem Vogel in Berlin mit einem kleinen Weg gedacht. Am Sportbad Britz vorbei schlängelt sich der Rohrdommelweg zum Eingang einer Kleingartenkolonie. Gut zu erkennen durch ein Ei; so groß, dass ein Bär seinen Winterschlaf drinnen halten könnte. 2018 hat das Grünflächenamt Neukölln das Ei austellen lassen, um an die Rohrdommel und andere Vögel zu erinnern, denen die Wege im Kiez ihre Namen verdanken.

"Land Art" seien das Ei und die nestartige Benjeshecke. Zukünftig soll das Nest noch weiter durch Schnittgut von der Baumpflege aufgefüllt werden. Rund herum soll eine Wilblumenwiese ausgesät werden, heißt es. Der Rohrdommel wäre das wieder-naturierte Kleinod wahrscheinlich dennoch noch zu trocken.

Aber vielleicht setzen sich ja ein paar Vogelfreunde mit einem bauchigen Tonkrug vor das Ei. Mit kurzen, kräftigen, dumpfen Pustern und geschlossenen Augen kann man sich den Moorochsen zumindest vorstellen.

3 Kommentare

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  1. 3.

    Icke bin am Donnerstag in Lankwitz und werd mal nen Abstecher nach Britz machen und mir dit Ei ankiecken. Icke glaube zu wissen, das an den Hinweistafeln an der Bucher Moorlinse auch was von Rohrdommeln steht! Icke kieck nachher mal nach.
    Ansonsten ist es eine tolle Idee und hoffentlich wird es nicht verschandelt von irgendwelchen Leuten welche unbedingt ihre Hundemarke in Form von Graffiti anbringen müssen!

  2. 2.

    Vielen Dank für den Artikel.

    Für die meisten Leser mag er irrelevant erscheinen, aber wir haben uns wirklich letztens gefragt, was es mit dem übergroßen Ei und dem Nest auf sich hat. Eine Tafel oder Erklärung konnten wir vor Ort nicht finden und so ist es der Zufall (in Form dieses Artikels), der uns jetzt eine Antwort liefert. :0D

  3. 1.

    Ein hübsches Symbol... Schade, dass Grünanlagen in Berlin insgesamt oft nur Symbolcharakter haben. Einerseits wegen der Rücksichtslosigkeit der Benutzer - aber auch wegen der anhaltenden Kahlschlagmentalität vieler Grünpfleger. Schon seit 2016 gibt es ein 'Handbuch Gute Pflege', das mindestens in der kommunalen Grünpflege die Belange von Menschen und Natur unter einen Hut bringen will. Sowohl die senatliche Website als auch die vielfach kahle Realität lassen jedoch vermuten, dass die Umsetzung bisher nicht über bereits 2018 begonnene Pilotprojekte hinausgekommen ist. "Mit ersten Ergebnissen [...] ist voraussichtlich ab Ende 2019 zu rechnen." heisst es noch im August 2020 auf der offiziellen Website; siehe https://www.berlin.de/senuvk/umwelt/stadtgruen/pflege_unterhaltung/de/hgp/index.shtml bzw dort verlinkte Unterseite 'Pilotprojekte'. - Ist es also mal wieder die berüchtigte Tranigkeit der Berliner Verwaltung, die gute Ansätze schlicht verdorren lässt?

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