Rück-Verstaatlichung - Kammergericht will im Streit um Berliner Stromnetz entscheiden

Do 24.09.20 | 08:23 Uhr
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Strommast, Spandauer Damm (Quelle: dpa/Bildagentur-online/Schöning)
Audio: Inforadio | 24.09.2020 | Christoph Reinhardt | Bild: dpa/Bildagentur-online/Schöning

Seit Jahren will der Senat das Berliner Stromnetz wieder verstaatlichen, doch der bisherige Betreiber Vattenfall wehrte sich bislang erfolgreich dagegen. In letzter Instanz haben die Richter am Kammergericht das Wort. Am Donnerstag könnten sie entscheiden.

Im jahrelangen Bemühen um eine Verstaatlichung des Berliner Stromnetzes könnte an diesem Donnerstag eine Entscheidung fallen. Der Berliner Senat will gerichtlich durchsetzen, dass er die Konzession für den Netzbetrieb an ein Landesunternehmen vergeben darf.

Landgericht entschied pro Vattenfall

Dagegen hatte der bisherige Betreiber, die Vattenfall-Tochter Stromnetz Berlin, geklagt und vor dem Landgericht Recht bekommen. Die Richter bemängelten in ihrem Urteil, das Land habe nicht ausreichend dargelegt, dass es als künftiger Netzbetreiber überhaupt technisch und personell dazu in der Lage sei.

Das wollte das Land nicht hinnehmen, nun liegt der Fall beim Kammergericht als letzter Instanz in dem Verfahren. Ob es seine Entscheidung noch am Donnerstag verkündet, ist offen. Solange kein neuer Betreiber feststeht, darf Vattenfall das Netz weiterbetreiben und die Erlöse von zuletzt rund 100 Millionen Euro im Jahr behalten.

Senat will Privatisierungen rückgängig machen

Berlin hatte seine Anteile am Strom-Versorgungsunternehmen Bewag 1997 abgegeben, Vattenfall übernahm 2001 die Mehrheit. Die Konzession der Stromnetz Berlin GmbH ist formell 2014 ausgelaufen. Nach einem langwierigen Ausschreibungsverfahren bekam der landeseigene Betrieb Berlin Energie im vergangenen Jahr den Zuschlag für 20 Jahre.

Der Berliner Senat arbeitet seit Jahren daran, Privatisierungen der vergangenen Jahrzehnte rückgängig zu machen. Die Wasserbetriebe wurden zurückgekauft, auch Wohnungen werden erworben. Gegen die Verstaatlichung des Gasnetzes klagte der bisherige Betreiber Gasag, im Februar wurde eine neue Bieterrunde gestartet.

Sendung: Inforadio, 24.09.2020, 07.40 Uhr

9 Kommentare

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  1. 9.

    Der SENAT VON BERLIN ist die durch das ABGEORDNETENHAUS VON BERLIN gewählte Regierung des LAND BERLIN . Fragen sie ruhig auch mal das Internet.
    Beispiel für Pivatisierung siehe Ausschreibung über den Betrieb der Berliner S-Bahn.
    - Blos gut daß die Deutsche Bahn eine in rund 1000 Gesellschaften und Betriebe zerschlagene Aktiengesellschaft im Besitz der Bundesrepublik Deutschland ist, deren Privatisierung durch vorschnelle privatwirtschaftliche Angagement in mehreren Wintern, Frühlingen, Sommern und Herbsten grandios ad absurdum geführt wurde.

  2. 8.

    Dass Privatisierung ein Weg in die falsche Richtung (aus Sicht der Bürger) ist, sollte schon länger bekannt sein. Seit Corona und dem allgegenwärtigem Ruf nach staatlicher (nicht privater!) Hilfe, müsste das jedem, aber auch wirklich jedem klar sein.

    Sollte es zu einem aus Sicht der Stadt Berlin negativem Urteil kommen, sollte man sich als Bürger Berlins ausnahmsweise auch gerne einmal in Lokalpatriotismus üben und seinen Stromanbieter zu jemanden anderen als Vattenfall wechseln.

  3. 7.

    Was ist eigentlich der Unterschied zwischen "Verstaatlichung" und "Rekommunalisierung"?

  4. 6.

    Der Verkauf der BEWAG wurde seinerzeit von der Finanzsenatorin Fugmann-Hesig verantwortet, schon damals war klar,dass hier Tafelsilber verschleudert wurde. Heute soll das Ganze weitestgehend rückgängig gemacht werden!! Kurzsichtige, unverantwortliche Politik!

  5. 5.

    "Es war und ist doch der Senat Berlins der jede Möglichkeit der Privatisierung vorantreibt."

    Hätten Sie dafür Beispiele? Und wer ist DER Senat? Der wird doch alle 5 Jahre durch Wahlen in der Regel durch neue Parteien und Politiker besetzt.

  6. 4.

    Also ich bin für Verstaatlichung; dann gehen in Berlin wenigstens endlich alle Lichter aus!

  7. 3.

    Bitte liebe Kammergericht, entscheide für das Wohl von Berlin. Lass die Privaten, die Stromnetze weiter betreiben. Die staatlichen Stellen, sind nicht geeignet. Die haben überhaupt nicht das Personal dafür. Gerade der Berliner Senat bestätigt es fast jeden Tag, dass sie dazu nicht in der Lage ist. Bürgerämtern, Zulassungsstellen usw. geben ein Beispiel, dass sie nicht managen können. Auch besteht die Befürchtung, dass eine Parteibonzen, nur ein gudotierten Posten haben möchten.

  8. 2.

    Es war und ist doch der Senat Berlins der jede Möglichkeit der Privatisierung vorantreibt. 1920 hatte der Magistrat Berlins genau die andere Richtung verfolgt, alle und wirklich alle Allgemeinaufgaben in die staatliche Hand zu übernehmen.
    Umso erbärmlicher die heutigen hilflosen Bestrebungen.

  9. 1.

    Und jetzt baden wir die Privat-vor-Staat-Demagogie der Thatcher-Reagan-Kohl-Weigel-Clique aus.
    Was wurde uns nicht alles eingebläut-wir dürfen keine Schulden machen wegen unserer Kinder und so. Und die Privaten machen alles viel günstiger, effektiver, schöner und bunter.
    Ja Pustekuchen, die "Kinder" von damals zahlen heute für die Kurzsichtigkeit der damaligen Politikkaste.
    Aber eins dürfte sicher sein: Die damaligen Profiteure sind auch die von heute.

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